Dorfverein rockt|13.12.2018|12:00

Eichstätts Benz: „3. Liga ist utopisch“

Obacht, der Dorfverein kommt: Der VfB Eichstätt sorgt in der Regionalliga Bayern für Furore.[Foto: imago/Collage FUSSBALL.DE]

2017 spielte der VfB Eichstätt noch in der fünftklassigen Bayernliga. Jetzt mischt der kleine Verein aus Oberbayern mit rund 1200 Mitgliedern eine Klasse höher in der Regionalliga Bayern im Titelrennen mit. Punktgleich mit dem großen Titelfavoriten FC Bayern München U 23, der allerdings zwei Spiele weniger absolviert hat, ist der VfB auf Platz zwei in die bis Anfang März dauernde Winterpause gegangen. Der Vorsprung auf die Konkurrenz beträgt bereits neun Zähler. Trotz des sportlichen Höhenfluges betont VfB-Manager Hans Benz, dass die 3. Liga für den Klub aus der 13.500 Einwohner-Gemeinde Eichstätt kein Thema ist. Ein Zulassungsantrag beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) wird nicht gestellt.

Im FUSSBALL.DE -Interview spricht der 59 Jahre alte Manager des VfB Eichstätt mit Mitarbeiter Christian Knoth über die Gründe für den Verzicht auf einen Zulassungsantrag, die sensationelle Saison des VfB, den größten Tag in der Vereinsgeschichte und die Chance, sich als bester Amateurverein Bayerns für den DFB-Pokal zu qualifizieren.

FUSSBALL.DE: Der kleine VfB Eichstätt überwintert in der Regionalliga Bayern überraschend auf Platz zwei, punktgleich mit Spitzenreiter FC Bayern München U 23. Wie ist das zu erklären, Herr Benz?

Hans Benz: Wir haben uns nach unserer starken ersten Regionalliga-Saison, die wir auf Platz sieben beendet haben, auf eine noch schwierigere zweite Spielzeit eingestellt und uns im Sommer punktuell verstärkt. Die Zugänge sind alle gut eingeschlagen. Neben Ex-Bundesligaprofi Markus Steinhöfer, der unser Team mit seiner Klasse enorm aufwertet, hat sich beispielsweise auch Mittelfeldspieler Marcel Schelle zu einem Leistungsträger entwickelt. Das war nach seiner langwierigen Verletzung in der zurückliegenden Saison beim SV Seligenporten nicht unbedingt zu erwarten. Nach dem missglückten Start in die Saison mit dem 1:5 im Eröffnungsspiel gegen die U 23 des FC Bayern München konnten wir uns schnell stabilisieren und eine Serie starten. Wir haben uns bisher als hervorragende Einheit präsentiert und es uns redlich verdient, so weit oben zu stehen. Dennoch müssen wir die Kirche im Dorf lassen. Es ist schon so, dass wir auch davon profitieren, dass ambitionierte Mannschaften wie der 1. FC Schweinfurt und der SV Wacker Burghausen längere Schwächephasen hatten.

"Entweder wir gehen gnadenlos unter oder wir gewinnen das Spiel"

Einige Wochen rangierte Eichstätt sogar an der Spitze, beim FC Bayern gab es sogar einen 3:0-Auswärtserfolg. Der größte Tag in der bisherigen Vereinsgeschichte?

Benz: Das kann man so sagen. Unser Trainer Markus Mattes sagte vor der Partie: Entweder wir gehen gnadenlos unter oder wir gewinnen das Spiel. Letzteres ist dann eingetreten, weil unsere Jungs eine Wahnsinnsleistung gezeigt haben mit einer Laufbereitschaft, die bundesligareif war. Es war ein perfekter Tag für unseren Verein, den wir absolut genossen haben.

Warum verzichtet der Verein auf einen Zulassungsantrag für die 3. Liga?

Benz: Die infrastrukturellen und finanziellen Voraussetzungen fehlen komplett. Wir haben ein viel zu kleines Stadion, eine unzureichende Parkplatzsituation und deutlich zu wenig Budget, um den Spielbetrieb auf Profitum umzustellen. Außerdem müssten wir einen Trainer hauptamtlich einstellen und langfristig wäre auch ein Nachwuchsleistungszentrum ein Thema. Die 3. Liga ist eine ganz andere Welt, die für uns momentan utopisch ist. Ich denke ohnehin, dass sich Bayern München am Ende durchsetzen wird. Der FCB hat noch zwei Nachholspiele in der Hinterhand und beste Chancen auf den Titel.

Wann wäre es für einen „Dorfverein“ wie Eichstätt realistisch, sich mit Profifußball zu beschäftigen?

Benz: Darauf kann ich keine konkrete Antwort geben. Ein solches Unterfangen müsste man lange vorher planen und es wären auch weitere größere Sponsoren notwendig, die den Verein unterstützen. Ich sage zwar niemals nie, aber aktuell ist die 3. Liga nun einmal überhaupt kein Thema. Man darf nicht vergessen, dass der Aufstieg in die Regionalliga für uns schon eine Mammutaufgabe war. Wir hätten 2016 schon die Chance gehabt aufzusteigen, verzichteten aber aus finanziellen Gründen darauf. Ein Jahr später wurden wir Meister in der Bayernliga und trauten uns den Schritt in die 4. Liga zu. Das haben wir zwar nicht bereut. Aber um die wachsenden Aufgaben zu bewältigen, ist tagtäglich viel Fleiß notwendig - auch von vielen Ehrenamtlichen, denen wir zu großem Dank verpflichtet sind.

Wie groß ist dennoch der Anreiz, Meister zu werden und damit rein sportlich den großen Favoriten FC Bayern München hinter sich zu lassen?

Benz: Wir genießen es, die ambitionierten Teams zu ärgern, fühlen uns längst nicht mehr wie ein Underdog und wollen oben bleiben. Gemeinsam mit dem FC Bayern sind wir der Gejagte und jeder Gegner ist hochmotiviert, wenn es gegen den VfB Eichstätt geht.

Die Chancen, als bester Amateurverein der Bayern-Staffel den DFB-Pokal zu erreichen, sind groß. Ist es nun das konkrete Ziel, sich erstmals in der Vereinsgeschichte für den DFB-Pokal zu qualifizieren?

Benz: Wir haben uns eine hervorragende Ausgangslage erarbeitet und sehen es als Herausforderung an, Schweinfurt, Burghausen und Co. hinter uns zu lassen. Klar ist, dass es in unserer Hand liegt, ob wir uns erstmals für den DFB-Pokal qualifizieren. Es wäre der nächste Meilenstein in unserer Vereinsgeschichte.

Jetzt mal Hand aufs Herz: Wir unterhalten uns in Verbindung mit dem VfB Eichstätt über die 3. Liga und den DFB-Pokal - dabei spielt der kleine Klub erst die zweite Saison in der 4. Liga. Hätten Sie gedacht, dass der VfB Eichstätt einmal so viel Aufmerksamkeit erhält?

Benz: Um ehrlich zu sein, nein. Bei meinem Amtsantritt 2014 war das Ziel, den VfB Eichstätt langfristig in der Bayernliga zu etablieren. Jetzt spielen wir in der 4. Liga um die Meisterschaft mit. Das ist schon fast ein Märchen und war nicht ansatzweise vorherzusehen. Es fühlt sich wie ein Traum an, aus dem man nicht aufwachen möchte.