Irres 5:5 |06.03.2019|14:00

Torwart-Tor in Kreisliga: wie einst Lehmann

Schanze: "Ich konnte einfach nicht tatenlos zusehen, wie wir dieses Spiel verlieren."[Foto: privat]

Es ist der 19. Dezember 1997, als Jens Lehmann Bundesliga-Geschichte schreibt: Im Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 steht es 2:1 für den BVB, die letzte Minute läuft. Schalke hat noch eine Chance, einen Eckball. Torwart Lehmann rennt nach vorne, als gäbe es kein Morgen mehr – und dann köpft er das 2:2. Nach genau 33.234 Bundesliga-Toren durch Feldspieler ist es der erste Treffer eines Torhüters aus dem Spiel heraus.

21 Jahre und zweieinhalb Monate später schießt Kristopher Schanze genau diese Szene durch den Kopf. In der Kreisliga A 2 liefern sich Preußen Sutum und Eintracht Gelsenkirchen am 3. März ein irres Duell. Engin Polat bringt die Gäste in Führung, ehe Sutums-Top-Torjäger Michael Krakala  mit seinem ersten Treffer an diesem Sonntag zum 1:1 ausgleicht. Polat schafft postwendend die erneute Führung für die SG Eintracht, doch Taner Kabuk schafft mit dem Pausenpfiff das 2:2 für Sutum. Nach dem Wechsel geht der offene Schlagabtausch weiter, kurz vor dem Abpfiff steht es 5:4 für die Preußen. Dann rennt Kristopher Schanze nach vorne...

FUSSBALL.DE: Kristopher Schanze, wie haben Sie der Eintracht den Punkt in Sutum gerettet?

Kristopher Schanze: Ich konnte einfach nicht von hinten tatenlos zusehen, wie wir dieses Spiel verlieren. Fünf Minuten vor dem Abpfiff hätte Engin Polat eigentlich schon nach einem langen Abschlag von mir das Tor machen müssen, aber er hat nicht getroffen. Also habe ich das übernommen (lacht).

"Ich musste sofort an Jens Lehmann denken"

In der fünften Minute der Nachspielzeit!

Schanze: Genau! Ich konnte eigentlich nicht mehr, das Spiel hat unheimlich Kraft gekostet, weil der Ascheplatz an der Gesamtschule Berger Feld fast komplett unter Wasser stand. Meine Torwart-Klamotten waren vom Regen total schwer geworden, aber ich habe mich dann nach vorne geschleppt – und was soll ich sagen? Das war eine ganz gute Idee... Ferhat Yaylan schießt die Ecke, ich stehe am langen Pfosten und köpfe den Ball rein. Abpfiff. Danach habe ich sofort an Jens Lehmann und sein Kopfballtor für Schalke im Derby in Dortmund gedacht.

War es das erste Tor in Ihrer Torwart-Karriere?

Schanze: Nein, als ich noch bei Schwarz-Weiß Eppendorf gespielt habe, ging mal ein schöner Weitschuss rein. Ein paar Elfmeter habe ich auch verwandelt, aber aus dem Feld war das Tor jetzt in Sutum mein zweites. Fast hätte ich den Ball noch daneben geköpft, weil ich gar keine Power mehr hätte, aber zum Glück ist das Ding reingegangen.

Das irre Ende einer total verrückten Partie...

Schanze: Wir haben zweimal zurückgelegen und uns das Leben unnötig schwer gemacht. Außerdem haben wir Michael Krakala zu viel Platz gelassen. Bei dem weiß man ja, dass er dann nach Belieben trifft – auch jetzt gegen uns dreimal. Das hat mich schon sehr geärgert, denn wir hatten bis Sonntag insgesamt nur zwölf Gegentore kassiert. Und dann fünf Stück in einem Spiel!

Waren Sie schon immer Torhüter oder früher in der Jugend, wie viele andere Keeper, auch mal Feldspieler?

Schanze: Seit der C-Jugend stehe ich im Tor, vorher habe ich draußen gespielt. Ich war aber recht früh schon sehr groß, heute 2,03 Meter, und dann hat der Trainer gesagt: 'Kris, du gehst ab jetzt ins Tor.' Das war eine gute Entscheidung, ich hatte später in der Jugend auch mal ein Probetraining bei Wattenscheid 09 und dem Wuppertaler SV, aber daraus ist dann nichts geworden.

Und jetzt steigen Sie mit Eintracht Gelsenkirchen in die Bezirksliga auf?

Schanze: Das ist unser Ziel. Wir sind Tabellenführer, haben eine gute Truppe zusammen und in Carlo Allievi einen Top-Trainer, der mich im vorigen Jahr von Eppendorf zur Eintracht geholt hat. Ich fühle mich hier sehr wohl, wir haben dreimal die Woche Training und sogar einen eigenen Torwart-Trainer. Das ist für eine Kreisliga-Mannschaft ja nicht selbstverständlich, aber nur so kann ich mich weiter verbessern.

Und weitere Tore für Ihr Team erzielen?

Schanze: Mal sehen. Lieber ist es mir, dass ich hinten die Null halte und die anderen Jungs vorne die Tore machen.