Feders Fair Play: Hilfe statt Jubel
Marius Feder (2.v.l.) jubelt nach seinem Treffer nicht - er kümmert sich stattdessen um seinen verletzten Mitspieler.[Foto: Henrik Hagemann]
Mit 21 Treffern in 15 Saisonspielen ist der A-Jugendliche Marius Feder vom BV Germania Wolfenbüttel Führender in der Torschützenliste der Landesliga Braunschweig. Am vergangenen Wochenende sorgte der 17-jährige Offensivakteur mit einer tollen Fair-Play-Aktion für landesweite Anerkennung. Über sein couragiertes Handeln und seine Trainer B-Lizenz spricht Feder im FUSSBALL.DE-Interview.
FUSSBALL.DE: Am vergangenen Wochenende standen Sie beim 5:1 im A-Jugendspiel Ihres BV Germania Wolfenbüttel gegen den SSV Vorsfelde im Mittelpunkt. Was war passiert?
Marius Feder: Es wurde ein langer Ball auf mich gespielt. Ich war vor dem Verteidiger und bin einfach auf's Tor gelaufen. Aber dann hatte ich mich gewundert, warum er plötzlich anfing zu schreien. In dem Moment hatte ich gerade das 2:1 geschossen. Danach habe ich mich umgedreht und wollte erst jubeln. Als ich aber sah, dass mein Gegenspieler auf dem Boden lag, lief ich sofort zu ihm hin. Er hatte laut geschrien, hielt sich das Bein und meinte sofort, dass er sich etwas gerissen habe im Oberschenkel. Man hatte beim Laufen einen Knall gehört.
FUSSBALL.DE: Welche Gedanken gingen Ihnen durch den Kopf, als Sie das Tor geschossen haben und beim Umdrehen Ihren Gegenspieler verletzungsbedingt auf dem Boden liegen sahen?
"Manchmal sind Eltern oder Trainer übermotiviert."
Feder: Er tat mir natürlich leid. Ich weiß nicht, ob er den Zweikampf sonst normal geführt hätte. Ich hatte dadurch ja auch gar keinen Gegendruck mehr.
FUSSBALL.DE: Was bedeutet für Sie Fair Play?
Feder (überlegt): Uneigennützigkeit. Und dass Spieler in genau solchen Situationen eben nicht mit der Mannschaft jubeln, sondern Rücksicht genommen wird.
FUSSBALL.DE: Ist es vielleicht ein Stück weit typisch für den Amateurfußball, in solchen Szenen so wie Sie zu handeln?
Feder: Ja, schon. Es geht bei uns nicht um sonderlich viel - um kein Geld zum Beispiel. Bei uns steht der Spaß im Vordergrund.
FUSSBALL.DE: Können denn die Erwachsenen noch etwas von Ihrem Handeln lernen?
Feder: Das ist schwierig. Da geht es ja teilweise um mehr - wenn dann noch das ganze Geld mitspielt.
FUSSBALL.DE: Würden Sie Ihr faires Handeln aus dem Spiel gegen Vorsfelde wiederholen?
Feder: Ja, auf jeden Fall.
FUSSBALL.DE: Auch abseits des Platzes haben Sie eine Vorbildfunktion. Trotz Ihrer erst 17 Jahre sind Sie Inhaber der Trainer B-Lizenz des DFB. Was hat es damit auf sich?
Feder: Ich trainiere bei Germania Wolfenbüttel eine E-Jugend als Haupttrainer und bin bei der C-Jugend der „Co“. Neben dem Fußballspielen ist es für mich das zweitgrößte Hobby. Da ich so schnell Spaß daran gefunden hatte, habe ich nach der C- auch die B-Lizenz gemacht.
FUSSBALL.DE: Was war der Auslöser, dass Sie neben der Karriere auf dem Platz auch an der Seitenlinie aktiv sind?
Feder: Ich hatte bis zur C-Jugend nie einen richtigen Trainer. Es haben mich bis dato immer nur Väter gecoacht. Bei meinem jetzigen Trainer Christoph Taute, den ich in der B-Jugend bekommen habe, habe ich die Bedeutung eines richtigen Trainers festgestellt. Vor drei oder vier Jahren war das, da wurde mein Interesse geweckt. Ich will den Jüngeren gerne mein Wissen vermitteln, so dass diese davon profitieren können.
FUSSBALL.DE: Wie wichtig ist Ihnen Fair Play im Jugendbereich?
Feder: Sehr. Im letzten Jahr hatten wir beispielsweise in der F-Jugend die Regelung, dass die Partien ohne Schiedsrichter ausgetragen werden. Das fand ich gut. So wurden die jungen Spieler selbstständiger und sahen ihre Fehler ein. Manchmal sind Eltern oder Trainer in der Situation zu übermotiviert. Da wird dann etwas von Außen hereingerufen, das auf dem Feld nichts zu suchen hat.
FUSSBALL.DE: Wie nimmt man Sie damit im Verein wahr?
Feder: Ich habe das Gefühl, dass ich seitdem einen höheren Stellenwert habe. Ich werde oft gefragt, warum ich mehr als nur die C-Lizenz gemacht habe, und außerdem oft um Rat gebeten. Für viele ist es etwas Besonderes. Ich habe die B-Lizenz mit 16 gemacht. Es hieß, ich sei einer der jüngsten, wenn nicht gar der jüngste Absolvent Deutschlands. Da kamen viele Vereine von außerhalb auf mich zu und haben nach meinen Anreizen gefragt.
FUSSBALL.DE: Ist die Nominierung zu „Wolfenbüttels Sportler der Herzen 2019“ eine Belohnung für Ihre vorbildliche Leistung auf und neben dem Feld?
Feder: Die Nominierung entstand in Vereinskreisen und ehrt mich sehr. Es zeigt, dass man anerkannt und unterstützt wird.
FUSSBALL.DE: Blicken wir abschließend auf Ihre sportliche Saison: Mit 21 Toren in 15 Landesligaspielen führen Sie derzeit die Torjägerliste an. Wie erklären Sie sich Ihren Lauf?
Feder: Das kann ich gar nicht so genau sagen. Es ist bei uns nicht so, wie bei anderen Mannschaften, dass alles über einen Spieler läuft. Im Spiel gegen Vorsfelde habe ich beispielsweise drei Chancen und mache daraus drei Treffer. Momentan bin ich gut drauf, aber manchmal gehört auch ein wenig Glück dazu. Ich würde niemals sagen, dass ich für die Mannschaft unverzichtbar bin, schließlich haben wir auch andere Spieler im Team, die genauso torgefährlich sind.
FUSSBALL.DE: Sind Sie ein eiskalter Torjäger?
Feder (lacht): Eigentlich spiele ich eher auf der Linksaußenposition. Manchmal fange ich aber auch in der Sturmspitze an. Das variiert.