Ein voller Erfolg: Bolzplatzliga F43+
Bolzplatzromantik: das Spielfeld mit Tartanboden im Frankfurter Galluspark.[Foto: Jonas Bargmann]
Kunstrasen, Sand, Asphaltplätze und Tartanböden – Kinder und Jugendliche, die an der Bolzplatzliga F43+ in Frankfurt am Main teilnehmen, haben schon auf fast jedem möglichen Untergrund gespielt. Seit 2013 richtet der Sportkreis Frankfurt e.V. eine Freizeitliga extra für die jüngere Generation im Alter von neun bis 18 Jahren aus. Der Saisonhöhepunkt ist der Austragungsort der finalen Partien: die Commerzbank-Arena des Bundesligisten Eintracht Frankfurt.
Entstanden ist das Projekt im Stadtteil Gallus. Einst ein Arbeiter- und Industrieviertel im Zentrum der Stadt, entwickelte sich der Bezirk mittlerweile zu einem modernen Geschäfts- und Wohnviertel. Der Galluspark inmitten der unzähligen schicken Neubau-Wohnungsblöcke hat beinahe schon Kultstatus – und ist zugleich Ursprung der Bolzplatz-Stadtmeisterschaft. "Die Idee entstand 2012. Vorher wurde auf diesem Fußballplatz zweimal die Woche trainiert, außerdem wurden Turniere ausgetragen. Wir sind auch zu anderen Wettkämpfen gefahren, aber die Kinder und Jugendlichen wollten gegen neue Gegner spielen", sagt Projektinitiator Denis Bambusek vom Sportkreis Frankfurt e.V. im Interview mit FUSSBALL.DE. "Und dann wollten wir eine Liga, die von April bis Oktober geht – solange das Wetter schön ist."
Startschuss für siebte Saison gefallen
Vor Kurzem fiel der Startschuss für die siebte Saison. 39 Mannschaften aus 16 Stadtteilen nehmen, in verschiedene Altersgruppen aufgeteilt, an der Meisterschaft teil. Nach der Gruppenphase werden die jeweiligen Meister in Play-off-Paarungen ermittelt. "Das Schöne an dieser Liga ist, dass die Teams aus verschiedenen Vierteln kommen, andere Menschen kennenlernen und sich austauschen", erklärt Bambusek.
"Es geht nicht darum, die allerbesten Akteure aufzustellen. Wir zeichnen das fairste Team und den besten Gastgeber aus"
Beim damaligen Liga-Auftakt hatte Frankfurt am Main noch 43 Stadtteile. Seither kamen drei weitere dazu. Die Tendenz steigt. "Wir werden nicht alle Stadtteile integrieren können, schließlich ist ‚Flughafen‘ auch einer. In manchen Stadtteilen herrscht auch kein Bedarf, weil die Jungs mit Sportangeboten ausgelastet sind. Das ist hauptsächlich in den ‚vornehmeren‘ Bezirken der Fall", bemerkt Bambusek, der dafür sorgen möchte, dass die Werte Fair Play, Respekt und Toleranz gefördert werden. "Das Projekt kommt gut an, insbesondere bei den jüngeren Spielern. Aber die Liga ist auch bei den fast Volljährigen beliebt."
Gespielt wird auf Sand, Asphaltplätzen, Kunstrasen und Tartanböden – alles, was die Stadt Frankfurt an öffentlichen Plätzen hergibt. Rund 100 Bolzplätze gibt es in der Metropole. Zum Teil fehlen Tornetze, mal sind die Seitenlinien nicht sichtbar. Der Projektleiter schmunzelt: "Manchmal stehen auch Bäume, die aufgrund seltener Lebewesen nicht gefällt werden dürfen, auf dem Spielfeld. Aber das ist eine Extremsituation. Manche Mannschaften nutzen beispielsweise den Baum als Bande."
Bäume gibt es auf der Spielfläche am Galluspark nicht – das Feld auf dem Tartanboden ist ohne Seitenbande, umhüllt von einer kleinen Auslaufzone und klassischen Metallzäunen: Bolzplatz-Romantik pur. Die Frankfurter Bolzplatzliga 43+ ist etwas Besonderes, unterstreicht auch Bambusek. "Kinder- und Jugendliche fördern innerhalb dieser Liga ihre Selbstorganisation, beispielsweise die Verpflegung und die Terminabsprache. Vor allem aber bilden 20 Jugendliche den ‚Liga-Rat‘ – als Schiedsrichter und als Gremium, das die Regeln festlegt."
Zweimal zehn Minuten spielen die Heranwachsenden. "Und immer nur mittwochs. Wir wollen dem Vereinssport nicht in die Quere kommen", so der Initiator. Viele der Kinder und Jugendlichen spielen bereits in einem Verein. So auch Ahmet Özer. Der 17-Jährige gehört zu einer der insgesamt acht Mannschaften, die der Stadtteil Gallus stellt. "Dass man auf anderen Untergründen, beispielsweise wie hier im Gallus auf dem Tartanboden spielt, ist schon etwas Besonderes", meint Özer, der sonst in der A-Jugend beim Frankfurter Fußballverein Sportfreunde 04 in der zweiten Mannschaft kickt. Letztes Jahr wurde er mit seinem Team in der Bolzplatz-Liga noch Letzter – abgehakt. Zum Auftakt trotzte sein Team dem Liga-Neuling SG Jägerallee II einen Zähler (1:1) ab.
Sportliche Erfolge? Nebensache!
Sportliche Erfolge sind bei diesem Projekt aber nebensächlich, wie Bambusek deutlich macht. "Es geht nicht darum, die allerbesten Akteure aufzustellen. Wir wollen faire Spiele haben, schließlich zeichnen wir das fairste Team und den besten Gastgeber aus." Trotzdem sind die Kicker im Alter von neun bis 18 Jahren mit maximalem Ehrgeiz, Eifer und Leidenschaft dabei.
Während Etliche, wie Özer beispielsweise, schon in einem Verein aktiv sind, melden sich einige, auch aufgrund der Bolzplatzliga F43+, bei einem Klub in der Mainstadt an. Für manche ist das Vereinsleben noch eine Unbekannte – sie fangen daher lieber „klein“ an. Aber: Laut Bambusek bleibt nur ein Bruchteil der Spieler ohne Vereinsanmeldung. Einige Schiedsrichter, die die Partien leiten, würden deswegen sogar die Schiedsrichter-Ausbildung absolvieren.
Für Bambusek ist die Frankfurter Bolzplatzliga ein Herzensprojekt. Die Bedeutung des Konzepts stellt der Projektleiter klar: "Wir halten die Bolzplatzkultur am Leben. Das ist sehr wichtig. Die Veränderung, die wir derzeit erleben, können wir wohl nicht aufhalten. Früher konnte ich in irgendeiner Frankfurter Seitenstraße noch auf der Straße kicken. Ich hatte keine Playstation. Die Kids heute müssen in Bewegung bleiben, der Austausch und Umgang müssen weiterhin gefördert werden und der Spaß soll bleiben – nicht nur an der Konsole."
Da ist es fast schon selbsterklärend, dass der Liga-Träger nicht mit Reizen spart. Höhepunkt der Bolzplatzliga F43+ ist der Austragungsort der finalen Begegnungen: Seit vier Jahren werden die Partien auf dem Kunstrasenplatz direkt neben der Commerzbank-Arena, der Heimspielstätte des Bundesligisten Eintracht Frankfurt, ausgespielt. Wie es dazu kam? Die Verantwortlichen der Bolzplatzliga 43 + haben die Stadionmanagement GmbH angesprochen, die die jeweiligen Plätze verwaltet. Dort kann theoretisch jeder anfragen und die Plätze mieten. "Die Jungs dürfen auch die Umkleide der Profis nutzen", sagt Bambusek. "Und es kam auch schon vor, dass SGE-Akteure vorbeigekommen sind, Marco Russ zum Beispiel. Das ist natürlich eine tolle Sache." Und kam zustande, weil die Stiftung Business for Sports e.V. die Bolzplatzliga 43 + unterstützt. Dort im Vorstand sind Philip Holzer und Axel Hellmann tätig. Holzer ist zugleich Mitglied des Aufsichtsrates bei Eintracht Frankfurt, Hellmann ist Vorstandsmitglied der Eintracht Frankfurt Fußball AG. Da sind die Verbindungen eng und die Wege kurz.
Im vergangenen Jahr war sogar ein Besuch Kevin-Prince Boatengs angedacht. Sein Kommen galt als sehr wahrscheinlich, doch der Nationalspieler Ghanas wechselte dann zunächst zum italienischen Erstligisten US Sassuolo, ehe er nur wenige Monate später auf Leihbasis zum glorreichen FC Barcelona transferiert wurde. "Oftmals kommen aber auch Jugendspieler, die den Sprung in den Profibereich geschafft haben, wenn auch nicht bei der Eintracht. Die jüngeren Spieler aus unserer Liga wollen dann mit denen auf Mannschaftsfotos oder Autogramme." Die Bolzplatzliga F43+ ist also ein voller Erfolg – in vielerlei Hinsicht.