VfB Eichstätt: Hopfenandrehen und Blutplasma
Nutzen ihre Freizeit, um Gutes zu tun: Torhüter Felix Junghan (l.) und Philipp Federl.[Foto: Imago/Collage Fussball.de]
Nicht nur an sich, sondern auch an andere denken: Diese Einstellung zeigen auch die Fußballer des VfB Eichstätt aus der Regionalliga Bayern. Da der Spielbetrieb im Freistaat wegen der Corona-Pandemie voraussichtlich frühestens Anfang September wieder aufgenommen werden kann, nutzen einige Spieler der Oberbayern die zusätzliche Zeit, um Gutes zu tun.
Das freut auch die Verantwortlichen. "Wir können stolz darauf sein, so verantwortungsbewusste Spieler bei uns zu haben", betont VfB-Trainer Markus Mattes im Gespräch mit FUSSBALL.DE . "Wir legen seit Jahren Wert darauf, dass unser Kader aus vernünftigen Charakteren besteht. Daher kommt ihr großes Engagement für uns auch nicht völlig überraschend."
Mittelfeldspieler Federl unterstützt Ex-Teamkollegen
Mittelfeldspieler Philipp Federl hilft lokal. Der 28-Jährige kommt aus Dürnzhausen. Das liegt mitten in der Kulturlandschaft Hallertau - einer Hopfen-Anbaugegend. Da die ausländischen Saisonarbeiter wegen der Corona-Pandemie nicht wie gewohnt nach Deutschland kommen konnten, bat ihn sein Kumpel und Hopfenbauer Dominik Kaindl um Hilfe. Beide hatten einst gemeinsam in der Bezirksliga Oberbayern Nord für den TSV Rohrbach gespielt - unter dem heutigen Eichstätt-Trainer Markus Mattes.
"Die Jungs machen das Beste aus der unfreiwilligen Freizeit und nutzen sie sinnvoll. Es ist immer schön, wenn Menschen nicht nur an sich denken"
Jetzt unterstützt Federl seinen früheren Teamkollegen beim sogenannten Hopfenandrehen. Dabei werden Rankdrähte in aufwendiger Handarbeit in rund acht Metern Höhe an einem Querdraht befestigt und anschließend mit einem sogenannten Stupfeisen im Boden verankert. Sobald vom "Echten Hopfen", der vor allem durch seine Verwendung für das Bierbrauen bekannt ist, aber auch für Medikamente verwendet wird, die neuen Triebe aus dem Boden sprießen, werden diese im Uhrzeigersinn um den Rankdraht gewickelt.
"Das ist ein echter Knochenjob. Respekt an alle, die das jährlich bei jedem Wind und Wetter machen", wird Federl von der Tageszeitung "Donaukurier" zitiert. "Man kann das zumindest relativ schnell lernen, so dass man es mit der Zeit schon hinbekommt."
Anschließend erreichen die Pflanzen bis Ende Juni die Spitze des Drahtes. Dabei wächst der Hopfen teilweise bis zu 30 Zentimeter am Tag und gehört damit nach einigen Bambusarten zu den am schnellsten wachsenden Pflanzen der Welt. Die Ernte beginnt in der Regel Ende August und dauert bis Ende September, manchmal auch bis in den Oktober hinein.
Torhüter Junghan: Spende statt Mannschaftstraining
Statt mehrmals in der Woche zum Mannschaftstraining ist derweil Eichstätts Torhüter Felix Junghan regelmäßig zum Blutplasma-Spendezentrum in München unterwegs. Der 26-Jährige ist über einen Arbeitskollegen auf die Möglichkeit aufmerksam geworden und spendet seit Beginn der Corona-Krise. Plasma macht etwa 55 Prozent des Bluts aus.
Zunächst wird wie bei der Vollblutspende Blut aus der Armvene entnommen. Anders als bei der Vollblutspende werden dann aber bei der Plasmapherese die Blutzellen vom Plasma getrennt und dem Körper wieder zurückgeführt. Die Abnahmesets sind stets neu, nicht wiederaufbereitet. Sie werden nur ein einziges Mal verwendet, wodurch eine Infektion durch die Plasmaabnahme ausgeschlossen ist.
Alle Plasmabestandteile, die bei der Spende entnommen werden, bildet der Körper innerhalb von einigen Stunden bis zu maximal zwei Tagen wieder. Eine erneute Plasmaspende ist oft schon nach einem Mindestabstand von 48 Stunden möglich. Daher ist Plasmaspenden auch in kürzeren Zeitabständen möglich als Blutspenden.
Plasma wird aufgrund seiner besonderen Eigenschaften nicht nur zur Transfusion oder Medikamentenherstellung verwendet, sondern es dient auch als Ausgangsstoff für zahlreiche diagnostische Prüfungen. Die Testkits werden täglich in Deutschland hunderttausendfach benötigt und eingesetzt. Sie helfen, Krankheiten zu erkennen und die richtige Behandlung des Patienten zu gewährleisten.
Trainer Mattes hofft auf längerfristige "Sensibilisierung"
"Das ist eine gute Sache", freut sich Markus Mattes über das Engagement seiner Spieler. "Die Jungs machen das Beste aus der unfreiwilligen Freizeit und nutzen sie sinnvoll. Es ist immer schön, wenn Menschen nicht nur an sich denken."
So sind während der Corona-Pandemie auch außerhalb des Fußballs viele freiwillige Helfer unterwegs, um vor allem Menschen aus der Risikogruppe zu unterstützen."Es wäre wünschenswert, wenn die Gesellschaft auch nach der Corona-Pandemie für ihr Umfeld so sensibilisiert bleibt. Ob die Krise einen längerfristigen Effekt haben wird, muss man abwarten. Es ist aber zu hoffen."
Für den VfB Eichstätt, der in der Regionalliga Bayern Rang sechs belegt, steht in den nächsten Tagen die Rückkehr auf den Fußballplatz an. Die erste Einheit in Kleingruppen und mit dem Hygieneabstand von mindestens 1,5 Metern ist für den 3. Juni geplant. Bislang hatten sich die Spieler individuell fit gehalten und sich zweimal in der Woche über das Internet zu einem Cybertraining mit Stabilitätsübungen verabredet.
"Die Vorgaben, die wir zu erfüllen haben, sind ganz klar formuliert", so Mattes, der bereits seit Januar 2015 beim VfB Eichstätt an der Seitenlinie steht. Auf dem Fußballplatz dürfen maximal 20 Personen gleichzeitig sein, jeweils zehn davon in einer Spielhälfte. Inklusive der Trainer darf eine Gruppe höchstens aus fünf Personen bestehen. "Dass wir wieder in Kleingruppen trainieren dürfen, hat aus sportlicher Sicht noch keine große Bedeutung. Es ist vor allem erfreulich, dass sich die Spieler wieder persönlich sehen werden", so Mattes, der auf weitere Lockerungen in den nächsten Wochen hofft.