Loquard-Kabine: "Kreisliga meets Bundesliga"
Stimmung vor Heimspielen des FC Loquard: "Vielleicht hat die Kabine unterbewusst für ein paar Prozente mehr gesorgt."[Foto: FC Loquard/Collage FUSSBALL.DE]
Die Aluvorhänge zugezogen, Musik erklingt aus den Lautsprechern, ein LED-Band taucht die vorbereiteten Trikots in stimmungsvolles Licht: So sieht es beim FC Loquard in der Mannschaftskabine aus, bevor es in der Staffel 1 der Ostfrieslandliga für die Heimspiele auf den Rasen geht.
Wegen der Corona-Pandemie findet zwar derzeit auch in der achthöchsten Spielklasse kein Trainings- und Spielbetrieb statt. Auf das Ergebnis der Umbauarbeiten im Kabinentrakt ist man in Krummhörn - rund 140 Kilometer westlich von Bremen an der Nordsee gelegen - aber auch ein wenig stolz. "Die Mitspieler haben das zwar bisher nicht direkt ausgesprochen, aber die Stimmung, die vor den Heimspielen aufkommt, ist für das Team das Highlight an unserer neuen Kabine", so Initiator Florian Harberts im Gespräch mit FUSSBALL.DE . Der 23-Jährige organisierte gemeinsam mit seinem vier Jahre jüngeren Bruder Marco und vielen fleißigen Teamkollegen die Renovierung. Dabei sind die Umbauarbeiten größer ausgefallen, als es ursprünglich geplant war.
"Während des ersten Corona-Lockdowns hatten wir wegen der fehlenden Trainingseinheiten und Spiele Langeweile", so Florian Harberts. "Daher war unsere Überlegung, wie wir unserem Verein in dieser Situation helfen können. Zunächst hatten wir nur vor, die Sitzbänke auszutauschen. Dann kamen aber nach und nach immer mehr Ideen zusammen. Egal, wen ich gefragt habe: Jeder war bereit mitzuhelfen. Auch Freunde des Vereins haben uns unter die Arme gegriffen."
Um das Projekt zu finanzieren, steuerten Mitglieder der Mannschaft sowie der Vorstand insgesamt 1000 Euro bei. "Dabei blieb das Geld vom Verein sowie der Mannschaftskasse unberührt, die Spenden waren rein privat", verrät Initiator Florian Harberts. Um die Materialien kümmerten sich die Krummhörner Kicker selbst. Auch die Arbeiten wurden in Eigenregie durchgeführt. Firmen wurden nicht beauftragt.
"Vielleicht hat die Kabine unterbewusst für ein paar Prozente mehr gesorgt"
"Mein Bruder und ich sind handwerklich nicht unbegabt, wir haben viel von unserem Vater gelernt", berichtet der ausgebildete Industriekaufmann nicht ohne Stolz. Bruder Marco ist im Maschinenbau tätig. "Allerdings hat man auch gemerkt, dass wir keine Vollprofis sind", so Florian Harberts grinsend. "Wir mussten oft noch mal mehr in den Baumarkt, weil wir noch zusätzliches Material holen mussten."
Beerpong-Spielfeld angelegt
Die vor einigen Jahren verlegten schwarzen Bodenfließen wurden übernommen, die Wände neu gestrichen sowie mit dem Schriftzug "FC Loquard" und Fotos aus Pflichtspielen versehen. Möbel, wie die neuen Sitzgelegenheiten, Regale oder der Trainertisch, wurden selbst angefertigt. Die Tische in der Mitte der Kabine, unter denen in einem Fach auch Fußbälle verstaut werden können, haben noch einen weiteren Kniff. "Wir haben Trinkflaschen-Halterungen eingefräst, die auch zum Beerpong-Spielfeld umfunktioniert werden können. Leider konnten wir ein geplantes Turnier wegen der Corona-Bestimmungen noch nicht umsetzen."
Um Ostern herum kam in der Mannschaft die nächste größere Idee für die Umgestaltung der Mannschaftskabine auf. Für jeden Spieler wurde in Anlehnung an den Spielmodus "Ultimate Team" aus der Fußballsimulation FIFA 21 eine eigene Spielerkarte mit einem Gesamtwert sowie einer Bewertung in den Kategorien Tempo, Schießen, Passen, Dribbling, Abwehr und Kopfball erstellt. In dem Videospiel kann so ein individuelles Team aus realen Fußballprofis zusammengestellt werden. Beim FC Loquard wurden die Karten ausgedruckt, laminiert und auf die Kacheln als Sitzplatzbeschriftung aufgeklebt.
"Wir haben jedem Spieler eine Gesamtwertung von 95 gegeben. Bei den Kategorien haben wir allerdings schon darauf geachtet, dass wir beispielsweise zwischen schnelleren und langsameren Spielern unterscheiden", erklärt Florian Harberts. "Mit der Sanierung und den Karten wollten wir für das Gefühl 'Kreisliga meets Bundesliga' sorgen. Vor allem bei den jungen Spielern kommt das sehr gut an."
Anfang März hatten beim FC Loquard die Renovierungsarbeiten begonnen. Die Freiwilligen waren vor allem abends und an den Wochenenden im Einsatz. Rund einen Monat später waren die Arbeiten abgeschlossen. Bis zum erneuten Lockdown standen mit der neuen Kabine drei Heimspiele an. Dabei blieb der FCL unbesiegt: Zwei Siegen steht ein Unentschieden gegenüber. "Vielleicht hat die Kabine unterbewusst für ein paar Prozente mehr gesorgt", meint Florian Harberts.
Nächstes Projekt: Sportheim modernisieren
Dass der FC Loquard nun eine besondere Mannschaftsumkleide hat, spricht sich herum. "Auf dem Platz geht es heiß zur Sache, vor allem, wenn wir gegen unseren größten Rivalen RSV Visquard antreten", so der FCL-Spielführer. "Außerhalb des Platzes haben wir aber zu allen Ligakonkurrenten ein gutes Verhältnis. Da wurde dann auch schon mal gefragt, ob man sich die umgebaute Heimkabine anschauen darf."
Die nächste mögliche Renovierung haben Florian Harberts und seine Mitspieler bereits im Auge. "Unser Sportheim ist mittlerweile ein wenig in die Jahre gekommen. Vor allem der größere Saal, den wir normalerweise auch für Veranstaltungen vermieten, müsste modernisiert werden. Da wir derzeit wegen der Corona-Verordnungen nur mit zwei Leuten daran arbeiten dürften, haben wir das aber erst einmal aufgeschoben."
Noch nachgeholt werden soll außerdem - sobald es die Situation rund um das Coronavirus zulässt - eine Einweihungsparty für die umgebaute Mannschaftskabine. "Nach den Spielen haben wir in der Umkleide mal ein Bierchen gemeinsam getrunken, mehr allerdings noch nicht", sagt Florian Harberts. Vielleicht hat der FC Loquard ja auch wieder einen Heimsieg zu feiern, wenn der Spielbetrieb im neuen Jahr wieder rollt.