Rüttenscheid: Kids löchern Nationalspieler
Sebastian Strucksberg: "Die Kinder waren sehr aufgeregt."[Foto: Rüttenscheider SC]
Die Kids passen sich den Ball hin und her, stoppen und dribbeln. Dann noch ein Spielchen gegeneinander, endlich! Es ist ein ganz besonderes Training, dass die neun F-Jugendspieler der DJK Rüttenscheider SC an diesem Mittwochnachmittag absolvieren – und zwar in zweifacher Hinsicht.
Es ist der 10. März, und sie dürfen nach den vorsichtigen Lockerungen vom vorherigen Montag zum ersten Mal wieder seit über vier Monaten auf den Platz. Und als ob das nicht schon für Freude genug sorgen würde, ist auch noch ein Kamerateam vor Ort. Der Sender RTL, TV-Partner des DFB bei den Übertragungen der Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft, schlägt im Walpurgistal auf. Die insgesamt neun Kicker im Alter zwischen acht und elf Jahren dürfen Fragen stellen, die später bei Weltmeister Manuel Neuer und seinen Teamkollegen Antonio Rüdiger , Amin Younes sowie Jonathan Tah landen.
Den Kontakt zum Fernsehen hat Cedric Pelka hergestellt. Der Jung-Schiedsrichter pfeift für den RSC und hat es inzwischen in die Herren-Oberliga sowie in die U-17-Bundesliga geschafft. Da der 25-Jährige als Moderator beim Lokalradio und früherer Volontär beim WDR zudem im Journalismus gut vernetzt ist, zapft er seine Drähte in Richtung RTL an.
Wenn eine Linie überschritten ist
"Die Kids hatten Spaß, auch das Wetter hat mitgespielt, die Eltern waren begeistert und die Reaktionen insgesamt sehr positiv"
Das Thema des Beitrags im Vorfeld des aktuellen WM-Qualifikations-Dreierpacks der DFB-Auswahl ist allerdings ein ernstes: Es ging um Rassismus und wie Diskriminierungen jeglicher Art bekämpft werden können. "Der Fußball muss noch mehr aufklären, damit alle meine Schiedsrichter-Kollegen und -Kolleginnen Rassismus auf dem Platz erkennen. Als weißer Mann zu kapieren, dass jetzt eine Linie überschritten ist, fällt nicht immer leicht", sagt Cedric Pelka und fügt an: "Wir werden vom Schiedsrichterkreis Essen geschult. Das ist schon gut, trotzdem müssen wir noch viel mehr darüber reden und aufklären, damit wirklich alle es checken."
Er weiß, was zu tun ist, wenn auf dem Platz Beleidigungen gegenüber der Herkunft oder der Hautfarbe fallen. Aber wie denkt der Nachwuchs darüber? "Zum Glück haben wir kaum negative Erfahrungen mit rassistischen Äußerungen auf dem Platz machen müssen. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass in unseren Mannschaften nur wenige Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund spielen", verrät Sebastian Strucksberg. "Dennoch ist natürlich klar, dass man auch oder gerade im Fußball alle Beteiligten immer wieder für dieses Thema sensibilisieren muss."
Der Lehramtsstudent trainiert die F-Jugend des Rüttenscheider SC und war bei den Aufnahmen fürs Fernsehen, die am 15. März zum Auftakt der internationalen Wochen gegen Rassismus ausgestrahlt wurden, dabei. "Die Eltern haben die Kinder gut auf das Thema und den Dreh vorbereitet", sagt der 23-Jährige. "Sie waren natürlich sehr aufgeregt, weil sie ja wussten, dass ihre Fragen später Manuel Neuer, Antonio Rüdiger, Amin Younes und Jonathan Tah gezeigt werden würden."
Natürlich haben Kinder aber auch noch andere Dinge im Kopf, wenn sie wissen, dass sich berühmte Nationalspieler mit ihren Fragen auseinandersetzen. "Einige wollten zum Beispiel wissen, ob sie schon als Kind Fußballprofi werden wollten", berichtet Strucksberg.
Fast genauso wichtig wie die Fragen an die Stars ist es aber, an diesem Tag endlich selber wieder Fußball zu spielen! "Zu dem Zeitpunkt durften ja nur die Unter-14-Jährigen schon wieder in größeren Gruppen trainieren", erklärt Maik Henkies. Der Jugendleiter des Rüttenscheider SC freut sich, dass endlich wieder Leben ins Walpurgistal eingekehrt ist – und zwar nicht nur wegen der vielen Spaziergänger, die in Zeiten einer Pandemie gerne die schöne Natur im Essener Süden auskosteten. Nein, auch auf dem Aschenplatz des RSC ist wieder was los. Unter Beachtung der gültigen Coronaregeln rollt hier seit dem 8. März in kleinen Gruppen wieder der Ball.
Hoffnung auf Kunstrasen
Dabei hat der Verein, dessen erste Mannschaft in der Kreisliga B zockt, schwere Zeiten hinter sich. Im September 2018 gab es einen Wechsel in der Klubführung, seitdem steigen die Mitgliederzahlen. Inzwischen sind wieder sechs Mannschaften im offiziellen Spielbetrieb gemeldet, trotz oder vielleicht auch wegen des roten, für harte Kreisklassen-Kicker kultigen, Untergrunds. "Jetzt hoffen wir, dass wir bald einen Kunstrasen bekommen", gibt der erste Vorsitzende Klaus Meißner zu.
Mit dem Beitrag im Fernsehen jedenfalls dürfte der Zulauf beim Rüttenscheider SC nicht aufhören. "Die Kids hatten Spaß, auch das Wetter hat mitgespielt, die Eltern waren begeistert und die Reaktionen insgesamt sehr positiv", sagt Klaus Meißner.
So kann es weitergehen - und das Fernsehen für solche Geschichten gerne wiederkommen. Als RTL das letzte Mal im Walpurgistal gedreht hat, war der Anlass nämlich nicht so schön. Da war vor eineinhalb Jahren eine Party auf dem Sportplatz aus dem Ruder gelaufen und das Vereinsheim nachher eine Baustelle…