Hebisch: Fünf Regionalligen, vier Aufstiege
Macht bei Aschaffenburg die "Sammlung" komplett: Nicolas Hebisch (M.).[Foto: Nikolas Verhoefen/Viktoria Aschaffenburg]
Angreifer Nicolas Hebisch wechselte zu Viktoria Aschaffenburg in die Regionalliga Bayern - und stand damit ab sofort schon in allen fünf Regionalligen unter Vertrag. Ebenfalls bemerkenswert: Bereits viermal stieg Hebisch in die 3. Liga auf. Folgt jetzt der fünfte Streich? Wir sprechen mit dem 31-Jährigen über seine Reise durch alle Regionalligen Deutschlands.
FUSSBALL.DE: Mit dem Wechsel nach Aschaffenburg haben Sie die "5" vollgemacht - Sie waren jetzt schon in allen Regionalligen aktiv. Das muss Ihnen erst einmal einer nachmachen, Herr Hebisch!
Nicolas Hebisch: Das stimmt. Mein Ziel war das zwar nie - aber diesen "Erfolg" nehme ich gerne mit. Ich würde behaupten, dass das noch nicht allzu viele Spieler geschafft haben. Vielleicht sogar vor mir noch niemand - die fünfgleisige Regionalliga gibt es schließlich erst seit 2012.
Wie kam es dazu, dass Sie deutschlandweit viertklassig gespielt haben?
"Und wer weiß? Vielleicht wird es ja wirklich etwas mit dem fünften Aufstieg in die 3. Liga"
Hebisch: Das hatte viele verschiedene Gründe. Neben Verletzungen und familiären Hintergründen haben auch die Personalentscheidungen und Kaderpläne der Vereine häufig eine Rolle gespielt. Es gab hin und wieder Umbrüche und Trainerwechsel, die dazu geführt haben, dass ich gegangen bin. Generell stelle ich aber einfach mal die These auf, dass man als Stürmer ohnehin öfter den Klub wechselt als beispielsweise ein Verteidiger. Du wirst vor allem an Toren gemessen und gerätst dadurch schneller auf das Abstellgleis, wenn es nicht läuft. Mich würde brennend interessieren, ob das auch wirklich so ist. Gegebenenfalls wäre das mal ein Thema für die Hausarbeit eines Sportstudenten. (lacht)
Was war jetzt der Grund für den Schritt nach Aschaffenburg in die Regionalliga Bayern, die zuvor noch auf Ihrer Liste fehlte?
Hebisch: Meine Freundin kommt ursprünglich aus der Nähe von Würzburg, das lediglich 80 Kilometer von Aschaffenburg entfernt liegt. Da wir im August Nachwuchs erwarten und uns auf einen Jungen freuen, wollten wir in die Nähe ihrer Familie ziehen.
Unseren herzlichen Glückwunsch dazu! Viele Regionalligaspieler arbeiten oder studieren neben dem Fußball. Bei Ihnen stellen wir uns das mit den häufigen Umzügen schwierig vor.
Hebisch: Ich studiere Medien- und Kommunikationsmanagement an einer Fernhochschule in Baden-Württemberg und bin deshalb räumlich und zeitlich sehr flexibel. Es gibt nur wenige Präsenzphasen. Ich kann Klausuren und Hausarbeiten schreiben, wann es mir am besten passt. Dort studieren viele Sportler - unter anderem auch Nationalspieler Robin Gosens.
Für Ihre Freundin waren die zahlreichen Ortswechsel sicher anstrengend.
Hebisch: Tatsächlich war es gar nicht so stressig, wie man vielleicht denkt. Zu Beginn unserer Partnerschaft im Jahr 2014 haben wir eine Fernbeziehung geführt. Meine Freundin war zu dieser Zeit noch professionelle Tennisspielerin und hatte ihren Lebensmittelpunkt in München, ich stand beim 1. FC Magdeburg unter Vertrag. Durch ihre eigene Profikarriere hatte sie in den folgenden Jahren auch ein besseres Verständnis dafür, dass es mich häufig in andere Städte zog. Erst mit meinem Wechsel zu Viktoria Köln im Sommer 2018 sind wir dann zusammengezogen. Meine Freundin hatte ihre Tenniskarriere mittlerweile verletzungsbedingt beendet und absolvierte ein Praktikum in Düsseldorf. Zuletzt hat sie in einer Kommunikationsagentur gearbeitet und konnte dort von verschiedenen Standorten aus tätig sein. Jetzt geht sie vorerst in Elternzeit.
Als Sie Ihre Regionalliga-Reise damals beim SV Babelsberg 03 in der Regionalliga Nordost begannen: Wie sahen Ihre Ziele im Fußball aus?
Hebisch: Ich wollte immer mindestens in der 2. Bundesliga spielen. Und ich war zwischenzeitlich auch sehr nah dran. Als ich mit Babelsberg in der 3. Liga am Ball war, kam es beinahe zu einem Wechsel zum Zweitliga-Aufsteiger Dynamo Dresden. Schlussendlich scheiterte der Transfer aber doch noch - bis heute habe ich dafür keinen klaren Grund. (lacht) Jetzt bin ich 31 und spiele erneut in der Regionalliga. Vermutlich wird mein Traum von der 2. Bundesliga nicht mehr in Erfüllung gehen. Aber mal sehen: Vorbei ist meine Karriere ja noch nicht.
Statt Profi in der 2. Bundesliga zu sein, reisten Sie quer durch Deutschland in der 4. Liga. Beeindruckend ist auch, dass Sie gleich viermal in die 3. Liga aufgestiegen sind. Das ist doch ein großartiger Erfolg, würden wir meinen!
Hebisch: Absolut, darauf bin ich auch stolz. Klammern wir mal meine Zeit bei Viktoria Köln aus, in der ich wegen eines Kreuzbandrisses tatsächlich zu keinem einzigen Einsatz kam, hatte ich - denke ich - auch immer meinen Teil zu den Aufstiegen beigetragen. Bei jeder Station in der 4. Liga war es mein Ziel, oben mitzumischen. Und das hat auch immer funktioniert. Zu den vier Aufstiegen kamen ja auch noch drei Niederlagen in der Relegation. Sieben Aufstiege wären noch einmal eine ganz andere Hausnummer gewesen.
Damit hätten Sie sich vermutlich für alle Zeiten einen Eintrag in die Geschichtsbücher gesichert. Gibt es einen Aufstieg, an den Sie sich am liebsten zurückerinnern?
Hebisch: Der Aufstieg mit dem 1. FC Magdeburg in der Saison 2014/2015 war schon etwas Besonderes. Wir haben eine extrem starke Saison gespielt und ich konnte in den Aufstiegsspielen gegen Kickers Offenbach auch ein Tor erzielen. Insgesamt hatte der Verein lange auf die Rückkehr in den Profifußball gewartet. Entsprechend groß fiel anschließend auch die Party aus. (lacht)
In Aschaffenburg spielen Sie jetzt erneut für einen ambitionierten Viertligisten, der zuletzt die Meisterschaft in Bayern und damit den möglichen Aufstieg in die 3. Liga nur knapp verpasst hatte. Folgt also bald Ihr fünfter Streich?
Hebisch: Das wäre Wahnsinn. Allerdings ist die Konkurrenz riesig. Neben dem 1. FC Schweinfurt 05 spielen auch die beiden Drittliga-Absteiger SpVgg Unterhaching und FC Bayern München U 23 wieder in der Regionalliga Bayern. Wir sind daher auf keinen Fall in der Position, aufsteigen zu müssen. Aber wir wollen dennoch oben ein Wörtchen mitreden.
Endet in Bayern denn Ihre Regionalliga-Reise?
Hebisch: Möglich - aber das möchte ich jetzt noch nicht entscheiden. Ich habe erst einmal für zwei Jahre mit Option auf eine weitere Saison unterschrieben. Danach bin ich 33 oder 34 Jahre alt und muss schauen, wie fit ich noch bin. Vielleicht kehre ich zum Ende meiner Laufbahn auch in meine Heimat Berlin zurück. Die Regionalligisten dort kann man ja längst nicht mehr an einer Hand abzählen. Aber das ist noch weit weg. Erst einmal freue ich mich auf die Zeit in Aschaffenburg. Und wer weiß? Vielleicht wird es ja wirklich etwas mit dem fünften Aufstieg in die 3. Liga.