Toptorjäger |31.01.2022|10:00

Vorbild Falcao: Islami heiß auf die Kanone

Vildan Islami: "Um ganz oben zu bleiben, werde ich wohl weiterhin so gut treffen müssen wie bisher."[Foto: Lukas Laun/1. FC Viktoria 07 Kelsterbach]

Wenn Vildan Islami auf die Torjägerkanone für alle angesprochen wird, dann leuchten direkt die Augen des 26 Jahre alten Nordmazedoniers. "Diese sehr gute Aktion motiviert mich noch mehr", lobt der Stürmer des 1. FC Viktoria 07 Kelsterbach aus der hessischen Kreisliga A Maintaunus die Initiative des Fachmagazins kicker, von FUSSBALL.DE und Volkswagen, die gemeinsam dafür sorgen, dass im deutschen Amateurfußball erstmals bis hinunter in die 11. Liga in jeder Spielklassenebene der erfolgreichste Torschütze der laufenden Saison 2021/2022 mit der traditionsreichen Trophäe ausgezeichnet wird.

Zur Winterpause darf sich Islami gute Chancen ausrechnen, am Saisonende die Torjägerkanone für die 9. Liga in Empfang nehmen zu dürfen. Mit 38 Treffern nach den ersten 19 Saisonspielen , also exakt zwei Toren im Schnitt pro Spiel, ist der Viktoria-Stürmer aktuell bundesweit die Nummer eins. Der Vorsprung auf den zweitplatzierten Dominic Meyer vom SV Losaurach aus der fränkischen Kreisklasse in Bayern beträgt allerdings nur ein Tor.

"Um ganz oben bleiben zu können, werde ich wohl auch bis zum Saisonende weiterhin so gut treffen müssen wie bisher", sagt Vildan Islami im Gespräch mit FUSSBALL.DE - und fügt gleich hinzu: "Das ist definitiv auch mein Ziel, für das ich hart arbeite: Allerdings nicht in erster Linie, um Torschützenkönig zu werden, sondern um der Mannschaft zu helfen." Nach zwei corona-bedingten Saisonabbrüchen soll im dritten Anlauf der Aufstieg in die Kreisoberliga gelingen. Als Spitzenreiter und bei acht Punkten Vorsprung auf Rang drei stehen die Chancen gut.

Verein im Internet gefunden

"Das Team hat mich super aufgenommen, auch sportlich läuft es ausgezeichnet. Inzwischen ist die Viktoria wie eine Familie für mich"

Seit fast drei Jahren lebt Islami im Frankfurter Raum, hatte damals seine Familie in Nordmazedonien verlassen, um in Deutschland Arbeit zu suchen - und einen Fußballverein. In seiner Heimat hatte es der talentierte Angreifer sogar bis in die 2. Liga geschafft, war dort für KF Gostivar am Ball. "Wir haben zwar schon unter professionellen Bedingungen trainiert, aber die Gehälter sind dort nicht so, dass man allein vom Fußball leben kann", sagt er.

Beruflich fasste Vildan Islami in seiner neuen Heimat schnell Fuß, fand zunächst eine Arbeitsstelle in Offenbach und wechselte später nach Kelsterbach, nur wenige Kilometer vom Frankfurter Flughafen entfernt. Dort ist er jetzt im Elektromaschinenbau beschäftigt.

"Zu Beginn war es schwierig für mich, denn ich kannte niemanden in Deutschland", erklärt er. Bei der Suche nach einem Klub war er deshalb auch auf das Internet angewiesen. "Ich hatte gesehen, dass es in Kelsterbach einen großen Sportplatz gibt. Deshalb habe ich bei Google den entsprechenden Verein gesucht und die Viktoria gefunden", verrät der Stürmer.

Als sich Vildan Islami beim Neuntligisten vorstellte, war Trainer Ahmet Demiroglou schnell von den Qualitäten des überraschenden Zugangs überzeugt und baute ihn in sein Team ein. Diese Entscheidung sollte sich als Glücksfall für die Viktoria herausstellen.

Dass in den ersten beiden Spielzeiten "nur" 15 Tore in zehn Partien für den neuen Angreifer heraussprangen, lag zunächst an beruflichen Gründen und dann vor allem an der Corona-Pandemie. Die monatelange Zwangspause zerrte speziell an Islamis Nerven. "Dass wir so lange nicht trainieren und spielen konnten, war schlimm. Umso glücklicher war ich, dass wir im Sommer wieder vergleichsweise normal in die Saison gestartet sind", formuliert er.

Sechs Doppelpacks und 15 Vorlagen

In den ersten drei Saisonspielen, unter anderem gegen den Aufstiegskonkurrenten SC Eschborn (2:3), ging Vildan Islami noch zweimal leer aus. Doch es folgte eine eindrucksvolle Serie. In den folgenden 15 Partien tauchte sein Name nur einmal nicht unter den Torschützen auf. Besondere Höhepunkte waren ein Fünferpack beim 11:0 gegen Schlusslicht SV 09 Flörsheim sowie der 4:2-Auswärtserfolg bei der SG Bad Soden II, bei dem Islami alle vier Tore gelangen.

Insgesamt markierte er dreimal vier Treffer in einem Spiel, schaffte zwei Hattricks und schnürte gleich sechs Doppelpacks. Dennoch ist Vildan Islami, der auch noch beachtliche 15 Torvorlagen gab, keineswegs der "Alleinunterhalter" in der Offensive der Viktoria, die zusammen auf beeindruckende 106 Tore kommt und damit durchschnittlich 5,57 Treffer pro Partie erzielt. Auch Ricardo Schuhmann war mit bislang 22 Saisontoren im Schnitt häufiger als einmal pro Partie erfolgreich.

So soll es nach der Winterpause möglichst weitergehen, um im Frühjahr den Sprung in die Kreisoberliga zu schaffen. Dafür trainiert Vildan Islami schon eine Woche vor dem regulären Trainingsbeginn bei der Viktoria längst wieder intensiv. "Nach zehn, zwölf Tagen Pause über die Feiertage habe ich schon zu Beginn des Jahres wieder mit Läufen und individuellen Trainingsübungen angefangen", beschreibt der Torjäger: "Ich will schon richtig fit in die Vorbereitung starten."

Die zweite Halbserie will er schließlich auch nutzen, um nach Möglichkeit weitere Eigenwerbung zu betreiben. "Ich würde mir schon wünschen, noch einmal höherklassig zu spielen, wenn alles passt", bekennt er. Auf der anderen Seite weiß er aber auch, was er an seinem Verein hat: "Das Team hat mich super aufgenommen, auch sportlich läuft es ausgezeichnet. Inzwischen ist die Viktoria wie eine Familie für mich."

Das ist Vildan Islami auch deshalb besonders wichtig, weil er von seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester, die nach wie vor in der Heimat wohnen, rund 1800 Kilometer entfernt ist und sie bislang allenfalls im Urlaub besuchen konnte. "Wir haben aber fast täglich Kontakt", stellt er klar. "Zum Glück ist das heutzutage dank der technischen Möglichkeiten kein Problem mehr." Obwohl er die Familie vermisst, kann sich Vildan Islami inzwischen aber auch gut vorstellen, dauerhaft in seiner hessischen Wahlheimat zu bleiben: "Deutschland bietet in fast jeglicher Hinsicht mehr Sicherheit als Nordmazedonien."

Ausgeprägter Torriecher

Wenn er auf seine sportlichen Stärken angesprochen wird, nennt Vildan Islami neben seiner Schnelligkeit vor allem - logisch - seinen Torriecher. "Ich weiß oft schon vorher, wohin der Ball kommt", beschreibt er. Dazu kann er mit beiden Füßen abschließen, gerne auch mal aus der Distanz: "Wenn ich eine Chance sehe, ziehe ich aus allen Lagen sofort ab." Mit seiner Körpergröße von 1,75 Metern besitzt er zwar kein "Gardemaß", dennoch stehen auch einige Kopfballtore zu Buche.

Obwohl er die beiden besten Bundesligastürmer Robert Lewandowski und Erling Haaland ebenfalls sehr bewundert, nennt Vildan Islami den kolumbianischen Topangreifer Radamel Falcao vom spanischen Erstligisten Rayo Vallecano als sein Vorbild. "Besonders während seiner Zeit bei Atletico Madrid zwischen 2011 und 2013 hat er mir einfach am besten gefallen. Er ist ein kompletter Stürmer. Außerdem ähnelt meine Spielweise am ehesten seinem Stil", meint Islami.

Auch im hohen Fußballeralter von inzwischen 35 Jahren hat Falcao, mit 1,77 Metern ebenfalls kein "Riese", in dieser Saison bei zwölf Einsätzen in LaLiga für Vallecano bislang immerhin fünf Treffer erzielt. Insgesamt kommt der 97-malige Nationalspieler Kolumbiens in Spaniens höchster Spielklasse auf starke 57 Tore in 80 Spielen. Von einer Trefferquote wie Vildan Islami kann allerdings auch er nur träumen.