Wieder zurück |20.03.2022|19:40

Kürsat Karadag: Comeback nach vier OP's

Nichts verlernt: Kürsat Karadag traf bei seinem Comeback trotz jahrelanger Pause nach schwerer Knieverletzung doppelt.[Foto: Privat/FUSSBALL.DE/Collage FUSSBALL.DE]

Kürsat Karadag sprintete in den Strafraum, kam zum Abschluss und überwand mit einem trockenen Schuss den gegnerischen Torwart. Der Angreifer von Anadolu Türkspor Krefeld II traf zwei Minuten nach seiner Einwechslung – mit seinem ersten Ballkontakt. "Das hat bei mir ein unbeschreibliches Gefühl ausgelöst“, sagt Karadag im Gespräch mit FUSSBALL.DE. Der 23-Jährige erzielte gegen die SG Dülken schließlich noch das Tor zum 7:0-Endstand und jubelte erneut ausgelassen.

Dass ein Einwechselspieler doppelt trifft, ist auf dem ersten Blick nicht außergewöhnlich. Wer aber Karadags Geschichte kennt, kann nachvollziehen, warum er vor wenigen Tagen so emotional reagiert hat. "In meinem Umfeld hat keiner mehr damit gerechnet, dass ich mal wieder ein Fußballspiel bestreiten werde", sagt der gebürtige Neusser. "Auch die Ärzte hatten es nicht mehr für möglich gehalten."

Karadag hatte für verschiedene Teams in der Region gespielt. Zur Saison 2017/2018 rückte er in den Senioren-Kader des BV Union Krefeld auf. Karadag war auf Anhieb Stammspieler, es lief gut für ihn – bis zum 20. März 2018. "Dieses Datum werde ich nie vergessen", sagt der Amateurfußballer. Seine Mannschaft trat gegen den TuS Gellep-Stratum an. In der Schlussphase segelte der Ball aufs leere Tor des Gegners und prallte an die Latte. Karadag stand bereit, um abzustauben. Doch ein Gelleper wollte das Gegentor mit einer waghalsigen Grätsche verhindern. Er traf aber Karadags rechtes Knie. "Ich kann mich an die Details gar nicht mehr erinnern", sagt der Amateurfußballer. "Es hat auf jeden Fall höllisch geschmerzt."

Vorderes Kreuzband entfernt

"Keiner hat mehr damit gerechnet, dass ich mal wieder ein Fußballspiel bestreiten werde"

Im Krankenhaus erhielt Karadag die niederschmetternde Diagnose. Alle Bänder im Knie waren gerissen. Bald folgte die erste von insgesamt vier Operationen. Das vordere Kreuzband musste entfernt und durch eine Plastik ersetzt werden. "Der Arzt hat mir sofort gesagt, dass ich nie wieder Fußball spielen kann", erzählt Karadag. Auch an lange Laufrunden war nicht zu denken. Die folgenden Eingriffe sorgten ebenso wenig für Optimismus. Karadag hatte sich schon damit abgefunden, dass er sein Hobby nicht mehr ausüben wird können. "Das tat schon weh", sagt der Bürokaufmann.

Als die Corona-Pandemie im Jahr 2020 für einen Lockdown in Deutschland sorgte, hatte Karadag viel Zeit, sich Gedanken zu machen. Er fasste den Entschluss, doch an seinem Comeback zu arbeiten. Karadag baute mit Jogging die nötige Fitness auf. Anschließend machte er Übungen mit dem Fußball. "Ich habe keine Schmerzen gespürt und weitergemacht", sagt Karadag.

Muskelkater nach dem Comeback

Er meldete sich schließlich bei Anadolu Türkspor Krefeld an. Sein Ziel war es, Spiele für die zweite Mannschaft in der Kreisliga C2 zu bestreiten. Im März, fast genau vier Jahre nach seiner schweren Verletzung, stand Karadag bei einem Meisterschaftsspiel wieder im Kader. Nach einer halben Stunde wechselte ihn sein Trainer ein. Und dann bewies Karadag sofort, dass er das Toreschießen trotz der langen Pause nicht verlernt hat. Das Knie zeigte anschließend keine Reaktion. "Ich hatte nur ein wenig Muskelkater", sagt Karadag und lacht.

Die lange Schinderei hat sich für ihn gelohnt. "Wenn man an sich glaubt, erreicht man sein Ziel auch", betont Karadag. "Ich würde mir wünschen, dass meine Geschichte für andere Fußballer*innen ein Ansporn ist, es auch wieder zurück auf den Platz zu schaffen."

Für die nächsten Wochen hat er sich ein Ziel gesetzt: Karadag möchte hoch in die Kreisliga B. Aktuell liegt sein Team auf Platz zwei. Die Teilnahme an der Relegation ist weiterhin drin und damit auch der Aufstieg. "Das wäre die Krönung."