Top-Torjäger Khalil Hamma: Vorbild Benzema
Torjäger Hamma: "Ich glaube fest daran, dass wir am Ende ganz oben stehen."[Foto: Winterfotoland, Tura Bremen/privat]
Khalil Hamma von Tura Bremen aus der Landesliga Bremen ist mit 30 Treffern nach nur 16 Spielen bundesweit der erfolgreichste Torschütze in der 6. Liga. Der gebürtige Algerier arbeitet als Streetworker und schnürte zuletzt beim 9:0 gegen die DJK Germania Blumenthal einen Fünferpack. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der 29-Jährige über die Torjägerkanone für alle, Mate-Tee und Karim Benzema.
FUSSBALL.DE: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Bilanz, Herr Hamma?
Khalil Hamma: Ich kann nicht klagen. (lacht) Vor allem möchte ich mich aber bei meinen Mitspielern bedanken. Ohne eine gut funktionierende Mannschaft wäre es für mich nicht möglich, so viele Tore zu erzielen.
Gegen Schlusslicht DJK Germania Blumenthal schnürten Sie zuletzt beim 9:0 einen Fünferpack. Beim 13:1 im Hinspiel waren es noch acht Tore. Lassen Sie etwa nach?
"Ich trinke vor jedem Spiel Mate-Tee. Das bringt mich immer richtig in Schwung"
Hamma: Im Rückspiel wurde ich in Manndeckung genommen. Der gegnerische Trainer wollte nicht, dass ich erneut so viele Tore erziele und hatte mir nach der Partie schmunzelnd gestanden, dass er eigens einen Spieler nur für mich abgestellt hatte. Mein Gegenspieler hatte am eigenen Spiel kaum teilgenommen. Egal wohin ich gelaufen bin: Er stand mir permanent auf den Füßen. Ich muss zugeben, dass mich das ziemlich genervt hat. Dennoch habe ich auch großen Respekt davor, dass sich die DJK trotz ihrer vielen hohen Niederlagen immer fair und respektvoll verhält und die Saison anständig zu Ende spielen wird.
Zu fünf Toren hat es für Sie trotz der Manndeckung gereicht. Wie viele Treffer haben Sie sich für die verbleibenden acht Spiele noch vorgenommen?
Hamma: Auch wenn es sich vielleicht langweilig anhört: Ich habe mir keine Trefferanzahl vorgenommen, sondern schaue wirklich nur von Spiel zu Spiel: Wir wollen unbedingt in die Bremen-Liga aufsteigen. Deshalb zählen am Ende des Tages nur die Punkte, um unser Ziel zu erreichen. Mir ist wichtig, dass wir als Mannschaft gewinnen. Wer die Tore erzielt, ist mir dabei völlig egal.
In der Landesliga Hamburg hat Ihr schärfster Konkurrent Theo Schröder bislang 29 Tore erzielt. Beobachten Sie die Konkurrenz und schielen Sie auch schon auf die Torjägerkanone für alle?
Hamma: Wenn ich ehrlich bin, dann beobachte ich nicht, was meine Konkurrenten machen. Ich schaue nur auf mich und will mit meiner Mannschaft aufsteigen.
Sie können bereits auf Oberliga-Erfahrung zurückgreifen.
Hamma: Das stimmt. Beim SV Grohn stand ich für zwei Spielzeiten unter Vertrag. Wir waren in der Bremen-Liga sogar recht erfolgreich. Aber leider hatte ich mir damals einen Meniskusriss zugezogen, so dass es für mich dort nicht mehr weiterging. Insgesamt acht Monate musste ich pausieren.
Was halten Sie grundsätzlich von der Aktion, die erfolgreichsten Torjäger*innen in jeder Spielkassenebene auszuzeichnen?
Hamma: Eine individuelle Auszeichnung finde ich super, weil es eine Art der Anerkennung für harte Arbeit ist, die man über eine gesamte Spielzeit geleistet hat.
Tura Bremen ist aktuell Tabellendritter, hat sechs Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Tuspo Surheide. Was ist in dieser Spielzeit noch möglich?
Hamma: Wir haben zwei Spiele weniger absolviert als unsere Konkurrenten und deshalb noch alle Chancen im Titelrennen. Wenn wir im Training weiter hart an uns arbeiten, dann glaube ich fest daran, dass wir am Ende ganz oben stehen.
Sie sind nicht nur Torjäger, sondern auch Vizekapitän. Was zeichnet die Mannschaft besonders aus?
Hamma: Wir haben eine Siegermentalität und gehen immer auf den Platz, um zu gewinnen. Das spürt dann auch der jeweilige Gegner. Jeder im Team will Verantwortung übernehmen. Obwohl oder sogar gerade weil wir allein sechs verschiedene Nationalitäten im Team vereinen, halten alle zusammen. Bedanken möchte ich mich auch bei meinem Mitspieler Terence Baah, der sich im Februar schwer verletzt hatte. Er hat mich im Herrenbereich wie ein Bruder aufgenommen und mich in jeder Hinsicht immer unterstützt.
Sie stammen aus der Tura-Jugend, kehrten 2017 zu Ihrem Heimatklub zurück. Warum läuft es für Sie in dieser Spielzeit so gut?
Hamma: Ich habe auch in den vergangenen Jahren immer das eine oder andere Tor erzielt. (lacht) Doch durch meine Erfahrung bin ich jetzt noch abgezockter vor dem Tor. Ich bin sehr ehrgeizig, will immer gewinnen und gehe hochkonzentriert in jedes Spiel.
Worauf führen Sie Ihre Torgefährlichkeit zurück?
Hamma: Ich kann ein Spiel gut lesen, habe ein gutes Gespür, wo der Ball landen könnte. Um am Wochenende möglichst viele Tore zu machen, benötigt man aber nicht nur hartes Training, sondern man muss auch eine gute Einstellung mitbringen. Ich ernähre mich gesund, gehe vor einem Spiel früh schlafen und halte mich auch neben dem Trainingsplatz fit. Ich gehe sehr oft joggen ins Fitnessstudio.
Haben Sie vor den Spielen ein besonderes Ritual?
Hamma: Auf dem Weg zum Sportplatz höre ich Rapmusik aus Frankreich und trinke vor jedem Spiel Mate-Tee, ein koffeinreiches Getränk aus Südamerika. Das bringt mich immer richtig in Schwung. (lacht)
Hauptberuflich sind Sie als Streetworker tätig. Welche Aufgaben haben Sie bei Ihrer täglichen Arbeit zu erledigen?
Hamma: Ich arbeite seit vier Jahren mit zehn- bis zwölfjährigen Kindern aus sozialen Brennpunkten zusammen. Für die Kinder bin ich ein Vorbild, weil sie meine sportliche Karriere verfolgen und immer wissen wollen, wie viele Tore ich am Wochenende erzielt habe. Ich bin Algerier, habe arabische Wurzeln und war zuvor beim Jugendamt als Übersetzer für geflüchtete Familien tätig. Ich bin im Bereich der Familienhilfe und als Schulbegleiter tätig. Ich unterstütze beispielsweise Familien auch bei Arztbesuchen oder Behördengängen. Es ist eine Art der Hilfe zur Selbsthilfe.
Haben Sie auch Vorbilder, an denen Sie sich orientieren?
Hamma: Karim Benzema, der ebenfalls algerische Wurzeln hat, ist mein großes Vorbild. Ich verfolge seine Laufbahn seit mehr als zehn Jahren, habe mich immer an ihm orientiert. Lange Zeit stand er bei Real Madrid im Schatten von Cristiano Ronaldo. Jetzt zeigt er allen, was er draufhat. Karim ist für mich der beste Stürmer der Welt.