Profitraum |02.07.2022|13:00

Ukrainische U-Nationalspielerin zu Wolfsburg

Neues Leben in Norddeutschland: U 17-Nationalspielerin Maryna Ptytsyna.[Foto: Marc Duchow]

Maryna Ptytsyna ist Ende März mit ihrer Mutter aus Charkiw nach Deutschland geflüchtet. Derzeit besucht die ukrainische U 17-Nationalspielerin die Gemeinschaftsschule am Hamberg in Burg (Schleswig-Holstein) und nimmt dort an der Ausbildung zum DFB-Junior-Coach teil. Über den Fußball und dank der Unterstützung der Schule hat die 15-Jährige schnell die Integration in Deutschland geschafft. Nun wird sie den nächsten Schritt machen: Ab Juli wird sie für den VfL Wolfsburg spielen.

Maryna Ptytsyna hat eine schwere Zeit hinter sich. Die 15-Jährige musste ihre Heimat verlassen. Von heute auf morgen ist sie mit ihrer Mutter aus der Ukraine geflüchtet und lebt inzwischen seit einigen Wochen im Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat ihr Leben auf den Kopf gestellt. Ein neues Land, neue Freundinnen und Freunde, eine neue Schule, eine neue Sprache – und das alles auf einmal. Wie geht Maryna damit um?

"Ich habe viele freundliche und nette Leute kennengelernt und die Landschaft hier erinnert mich ein wenig an meine Heimat. Das Schulsystem in Deutschland ist allerdings sehr unterschiedlich zum ukrainischen", sagt Maryna. "Ich bin der Familie dankbar, die mir und meiner Mutter Unterkunft gewährt hat."

Dennoch ist es für sie nicht einfach, sich im neuen Leben zurecht zu finden. Ein großer Teil ihrer Familie befindet sich weiterhin im Kriegsgebiet. Wie geht es ihren Angehörigen dort? Sind sie in Sicherheit? Das sind Fragen, die ein 15-jähriges Mädchen logischerweise umtreiben. Aber es gibt zum Glück auch eine wichtige Konstante in ihrem Leben – und das ist der Fußball. Ihr Hobby, ihre Leidenschaft. Vielleicht später mal ihr Beruf? Maryna ist talentiert. In der Ukraine zählt sie zu den besten Spielerinnen ihrer Altersklasse. Mit 15 Jahren ist sie bereits fester Bestandteil der U 17-Nationalmannschaft.

"Ich möchte mit dem Fußball meinen Lebensunterhalt verdienen und damit meinen Traum leben. Mein Ziel ist es, mich mit den Besten zu messen"

Übersetzung ins Englische

"Fußball spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben. Mit sieben Jahren habe ich angefangen. Mittlerweile trainiere ich eigentlich täglich, wobei ich mir einen Tag pro Woche ohne Fußball gönne", erzählt Maryna. Weil ihr der Fußball so wichtig ist, ist sie glücklich darüber, dass sie derzeit die Ausbildung zum DFB-Junior-Coach machen kann. Organisiert wird sie von Marc Duchow, einem Lehrer für Englisch und Geschichte an der Gemeinschaftsschule in Burg, die sie gerade besucht. Und von Nico Schlüter. Er ist Beisitzer im Ausschuss für Qualifizierung beim Schleswig-Holsteinischen Fußballverband (SHFV) und Ausbilder der C-Lizenz im KFV Westküste. Außerdem ist er im Besitz einer DFB-Elite-Jugend-Lizenz.

Sieben Schüler und zwei Schülerinnen machen gerade im Rahmen einer Projektwoche an der Schule den DFB-Junior-Coach - darunter Maryna. Damit sie die Inhalte verstehen kann, übersetzen Duchow und Schlüter sie ins Englische. "Das ist natürlich etwas mehr Arbeit", sagt der Lehrer. "Aber es ist toll zu sehen, wie Maryna so dabei sein kann. Und die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer verbessern ganz nebenbei auch noch etwas ihre Englischkenntnisse."

Der DFB-Junior-Coach soll für fußballbegeisterte Schüler*innen ab 15 Jahren eine Einstiegsmöglichkeit in die lizensierte Trainer*innentätigkeit sein. Die Teilnehmer*innen bekommen in den Maßnahmen an ausgewählten Ausbildungsschulen Inhalte zu den unterschiedlichsten Themen vermittelt. Dabei wird der Fokus auch auf die Persönlichkeitsentwicklung der zukünftigen Trainer*innen gelegt. Die DFB-Junior-Coaches sollen früh die Möglichkeit bekommen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, Trainingserfahrung zu sammeln und Kindern den Spaß am Fußball zu vermitteln. Die Ausbildung findet an der Schule statt und wird von dem jeweils zuständigen Landesverband unterstützt und begleitet. Viel Theorie, aber noch mehr Praxiseinheiten stehen in dieser Zeit auf dem Programm. Und dabei dreht sich alles um den Fußball. Für die Neuntklässler*innen sind es die letzten fünf Tage vor den Sommerferien, die dann in Schleswig-Holstein beginnen.

Traum von der Champions League

"Wir haben bislang immer wieder sehr gute Erfahrungen mit der Ausbildung zum DFB-Junior-Coach gemacht", sagt Duchow. "Von unseren Schülerinnen und Schülern wird das sehr gerne angenommen. Wir würden uns natürlich freuen, wenn wir die eine oder andere Teilnehmerin oder den einen oder anderen Teilnehmer auf diesem Weg an einen Verein vermitteln und ihn so für das Fußballtraining im Nachwuchsbereich begeistern könnten." Maryna ergänzt: "Ich liebe Fußball. Und es schadet sicherlich nicht, sich weiterzubilden und auch mal die Rolle des Coaches kennenzulernen. Das kann ich mir für die Zeit nach der sportlichen Karriere nämlich gut für mich vorstellen."

Zunächst wird Martyna allerdings einen anderen Weg gehen und sich ihren Traum erfüllen. Die U 17-Nationalspielerin der Ukraine hat die Verantwortlichen des VfL Wolfsburg bei einem Probetraining überzeugt und wird dort zur neuen Saison einen festen Platz im Kader der U 17 bekommen. "Ich möchte Profi werden, daher bereite ich mich im Moment konditionell vor, damit mein Start in Wolfsburg gelingt", sagt Maryna. "Der Verein hat sich sehr um mich bemüht und mir unter anderem einen Schulplatz und eine Unterkunft organisiert."

Langfristig hat Maryna eine klare Idee für ihre sportliche Zukunft: "Ich möchte mit dem Fußball meinen Lebensunterhalt verdienen und damit meinen Traum leben. Mein Ziel ist es, mich mit den Besten zu messen. Daher will ich in Zukunft in der Champions League spielen und dort nach Möglichkeit den Titel gewinnen. Und auch in die Nationalmannschaft der Ukraine möchte ich es schaffen. Um das alles zu erreichen, werde ich alles geben."