Heller: "Den Turnaround schnell schaffen"
Durchmarsch mit Darmstadt, jetzt Mission Klassenverbleib mit Straelen: Marcel Heller.[Foto: imago]
Der langjährige Bundesligaprofi Marcel Heller kickt jetzt in der Regionalliga West und soll dem noch punktlosen Schlusslicht SV Straelen dabei helfen, einen Weg aus der Abstiegszone zu finden. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der 36-Jährige über seine lange Karriere im Profifußball, die herausfordernde Aufgabe in Straelen und seine Pläne für die Zukunft.
FUSSBALL.DE: Mit 36 Jahren haben Sie noch einmal eine neue Herausforderung angenommen und sich dem SV Straelen angeschlossen. Wie kam es dazu, Herr Heller?
Marcel Heller: Ich wohne mittlerweile in der Nähe von Aachen und habe seit der Geburt meiner Tochter im vergangenen Jahr andere Prioritäten. Statt weiter durch die große weite Fußballwelt zu reisen, wollte ich mit meiner Familie sesshaft werden. Da es für mich nach Straelen nur rund 90 Kilometer sind, passt das sehr gut für mich.
War auch das Karriereende eine Option?
"Fußball ist nicht nur meine Leidenschaft, sondern mein Leben"
Heller: Auf keinen Fall. Ich war während meiner Karriere nur ein einziges Mal schwerer verletzt und habe immer alles dafür getan, dass ich länger Fußball spielen kann als andere. Damit meine ich auch, dass ich beispielsweise komplett auf Alkohol und Zigaretten verzichtet und meine Gesundheit immer in den Fokus gerückt habe. Dennoch ist mir natürlich klar, dass es in meinem Alter schwerer geworden ist, einen Klub zu finden. Die Kader der Teams werden kleiner und es wird vermehrt auf junge Spieler gesetzt. Das heißt aber nicht, dass ich mein Ziel nicht weiter klar verfolge. Solange mir mein Körper keine anderen Signale sendet, bin ich davon überzeugt, dass ich noch einige Jahre auf hohem Niveau spielen kann.
Sie hatten eine lange und erfolgreiche Profikarriere, spielten unter anderem 123-mal in der Bundesliga. Wo hatten Sie rückblickend Ihre schönste Zeit?
Heller: Da muss ich nicht lange überlegen - definitiv bei Darmstadt 98. Wir sind damals auf dem direkten Weg von der 3. Liga bis in die Bundesliga aufgestiegen und haben dann auch noch den Klassenverbleib geschafft. Das war wie ein Märchen, das man als Fußballer in seiner gesamten Karriere - wenn überhaupt - nur einmal erlebt. Ich bin sehr glücklich, dass ich Teil dieses einzigartigen Teams sein durfte.
Gab es Karriereentscheidungen, die Sie heute bereuen?
Heller: Grundsätzlich bereue ich nichts. Aber klar: Jeder Fußballer trifft wahrscheinlich Entscheidungen in seiner Karriere, die er im Nachhinein anders getroffen hätte. Das gehört dazu und lässt sich kaum verhindern. Es existiert kaum eine perfekte Laufbahn. Irgendeinen Makel gibt es so gut wie immer.
Nach zuletzt rund sieben Monaten beim FSV Frankfurt in der Regionalliga Südwest kicken Sie jetzt für den SV Straelen, der in der West-Staffel mit acht Niederlagen in die Saison gestartet ist. Wie bewerten Sie den Fehlstart?
Heller: Es ist zwar noch früh in der Saison, aber acht Niederlagen in Folge sind eine eindeutige Bilanz. Wir müssen den Turnaround schnell schaffen. Sonst wird es sehr schwer, den Rückstand auf die Konkurrenz noch aufzuholen. Der erste Schritt ist, endlich ein Erfolgserlebnis einzufahren. Damit kommt auch das Selbstvertrauen zurück. Aktuell ist es viel Kopfsache.
Wie wollen Sie dem SV Straelen helfen, einen Weg aus der Krise zu finden?
Heller: In erster Linie mit meiner Erfahrung aus vielen Jahren im Profibereich. Wir haben ein junges Team, das nach dem Fehlstart extrem verunsichert ist. Ich möchte den Spielern mehr Sicherheit geben und ihnen klarmachen, dass wir genügend Qualität besitzen, um da unten wieder herauszukommen. Jeder einzelne Spieler muss die Blockade im Kopf lösen und wieder an sich glauben. Und vor allem gilt es, sich mehr denn je zusammenzuraufen. Durch diese schwierige Phase gelangen wir nur gemeinsam als Team.
Vorerst spielen Sie bis Saisonende für Straelen. Gibt es schon konkrete Pläne, wie es danach weitergeht?
Heller: Nein, das lasse ich mir noch komplett offen. Ich kann mir - wie gesagt - vorstellen, noch einige Jahre weiter Fußball zu spielen. Das ist dann aber auch abhängig von den Optionen, die sich mir bieten. Möglich ist auch, dass ich in eine andere Rolle im Fußballgeschäft schlüpfe - beispielsweise Teil eines Trainerteams werde. Klar ist, dass ich dem Fußball noch lange erhalten bleiben möchte. Ich spiele, seit ich vier Jahre alt bin. Fußball ist nicht nur meine Leidenschaft, sondern mein Leben.