Inklusion: Erfolgserlebnisse als Schlüssel
Mit vollem Einsatz bei der Sache: Gemeinsames Training von Menschen mit und ohne Handicap.[Foto: DFB]
Eine der größten Stärken des Fußballs ist seine verbindende Kraft. Sowohl Kulturen als auch Menschen aller Schichten finden durch ihn zusammen, wodurch Deutschlands Sportart Nummer eins in seiner ureigenen DNA schon einen inklusiven Charakter hat. Das gemeinsame Training von Menschen mit und ohne Handicap stellt die Trainer*innen vor besondere Herausforderungen. Dass sich diese Bemühungen aber lohnen, zeigt nicht zuletzt der "Sportivationstag" in Osnabrück, bei dem mehr als 800 Kinder und Jugendliche mit und ohne Handicap zusammen Sport trieben.
Spricht man mit Expert*innen im Bereich inklusives Training, fällt immer wieder ein Wort: "Erfolgserlebnisse". Diese für jeden Teilnehmenden zu schaffen, ist die Kernaufgabe für alle Trainer*innen. Und damit dies gelingt, ist vor allem ein weiteres Schlagwort unbedingt notwendig: Differenzierung. Schließlich kann man keinen größeren Fehler machen, als Sportler*innen mit Handicap als eine homogene Masse zu betrachten.
Laut Sebastian Ratzsch, dem Teamleiter Gesellschaftliche Verantwortung und NFV-Inklusionsbeauftragten, sind die körperlichen, spielerischen und intellektuellen Unterschiede immens. Nach dem Prinzip fordern und fördern, gelte es einfache, aber eben nicht zu einfache Übungen so zu gestalten, dass diese für jeden eine Herausforderung darstellen, die zum Schluss in einem Erfolgserlebnis münden. "Durch den so entstandenen Spaß wird bei den Menschen mit Handicap die Selbstwirksamkeit und das Selbstkonzept gestärkt", so Omar Fahmy, Mitglied der NFV-Kommission Vielfalt und Teilhabe. Praktisch funktioniert dies, indem beispielsweise in ein und derselben Spielform unterschiedlich schwere Bälle, unterschiedlich große Entfernungen und Tore verwendet werden.
Motivation und Selbstbewusstsein steigern
"Jeder bringt Fähigkeiten und Fertigkeiten mit und bei jedem wirken Erfolgserlebnisse ähnlich"
Dieses Konzept trifft dabei nicht nur auf den Fußball zu, weiß Jutta Schlochtermeyer, Inklusionsbeauftragte des Behindertensportverbands Niedersachsen und Organisatorin des Sportivationstags: "Jede Übung ist von ihren Parametern flexibel gestaltet. Es geht immer um die methodische Gestaltung der Station". Beim Sportivationstag waren es 15 davon. Menschen mit geistigem Handicap und ohne konnten an diesen ihr Sportabzeichen machen.
Kinder, deren motorische Einschränkungen besonders stark ausgeprägt waren, konnten an den Stationen Bewegungsübungen absolvieren, ohne dass dies von außen sichtbar wurde. "Jeder bringt Fähigkeiten und Fertigkeiten mit und bei jedem wirken Erfolgserlebnisse ähnlich. Sie steigern die Motivation und das Selbstbewusstsein. So schaffen viele mehr als sie jemals für möglich gehalten haben", erläutert Schlochtermeyer.
Dribbel-Parcours am DFB-Mobil
Eine wichtige Rolle kommt dabei der Schulung der Hand-Augen- beziehungsweise Hand-Fuß-Koordination zu. Viele würden sich dann am liebsten bewegen, wenn sie auf etwas zielen. So wie das beim DFB-Mobil, welches zum ersten Mal beim Sportivationstag zu Gast war, eben der Fall ist. So berichtet Jana Reinke, die beim Niedersächsischen Fußballverband ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert, dass rund um das DFB-Mobil dauerhaft rund 20 Kinder dem Ball nachjagten – teils als gemischte Gruppe, teils nur Menschen mit und ohne Handicap.
Zusammen mit ihren beiden Kollegen leitete Reinke die Kinder durch einen Dribble-Parcours, ließ sie aufs Tor schießen oder sich im freien Spiel austoben. Besonders schön war für sie, wie sich ein nahezu blindes Kind freute, als es merkte, wie sehr sich seine Mitspieler über seine Erfolgserlebnisse mitfreuten. Zwei Nachwuchskicker zeigten sogar so großes Geschick, dass sie und ihre Betreuer nun den Weg in einen Amateurverein der Region suchen möchten. Und genau dort soll gelebte Inklusion zwischen Menschen mit und ohne Handicap ohnehin stattfinden.