Kettler: 5000 Spiele und kein Ende in Sicht
Schiri Manfred Kettler: "Solange ich gesund bleibe, werde ich auf jeden Fall weitermachen."[Foto: privat]
Die Kicker des TSV Neuhaus und der DJK Erlangen wussten nicht, dass sie gerade einem historischen Ereignis beiwohnten. In der Partie der Kreisklasse 1 Erlangen-Pegnitzgrund waren es auch nicht sie, sondern der Schiedsrichter, der die Begegnung zu einer besonderen machte. Manfred Kettler feierte nämlich an dem Sonntag ein rundes Jubiläum: Der 64-Jährige leitete bereits sein 5000. Spiel. Mit FUSSBALL.DE spricht der Referee über diese unglaubliche Zahl und besondere Herausforderungen.
FUSSBALL.DE: Herr Kettler, was bedeutet Ihnen diese Zahl: 5000 Spiele als Schiedsrichter?
Manfred Kettler: Einerseits sind mir solche Jubiläen nicht wichtig, im Grunde war das 5000. Spiel als Schiedsrichter eines wie jedes andere. Andererseits ist natürlich klar, dass man nun schon lange dabei ist und dementsprechend älter geworden ist.
Wie kamen Sie zum Fußball und zum Job an der Pfeife?
"Wenn ich auf den Platz gehe, muss Ruhe sein. Dennoch muss immer der Mensch im Vordergrund stehen, das ist das Wichtigste"
Kettler: Ich habe zunächst selbst gespielt, bei Wacker Bamberg . Mit acht Jahren bin ich mit Freunden aus der Nachbarschaft in den Verein eingetreten. Wir waren eine fußballbegeisterte Bande, und auch mein Vater war immer fußballverrückt. 1976 habe ich dann meinen Schiedsrichterschein gemacht, da war ich 18.
Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Spiel?
Kettler: Natürlich, das war ein Spiel der Alten Herren, Wacker Bamberg gegen VfL Jahn Bamberg. Ich habe ja von Anfang an Buch über meine Einsätze geführt, daher wusste ich auch immer, wann ein rundes Jubiläum wie jetzt das 5000. Spiel anstehen würde.
Wie haben Sie sich damals als junger Bursche Respekt gegenüber den gestandenen Männern verschafft?
Kettler: Mit einer klaren Haltung. Ich war zwar vorher nervös, aber als ich die Partie angepfiffen habe, war die Unsicherheit weg und ich habe meine Linie durchgezogen. Dann kam eine Szene, die ich bis heute nicht vergessen habe. Es gab ein Gerangel unter den Spielern, und dann hat mir einer von denen gedroht: "Wenn du mich hinausstellst, gebe ich dir eine Schelle."
Und dann?
Kettler: Habe ich ihm die Rote Karte gezeigt – und er mich nachher trotzdem in Ruhe gelassen. (lacht)
Wie würden Sie sich selbst als Unparteiischer beschreiben?
Kettler: Konsequent, streng! Das kommt nicht bei jedem Spieler gut an, aber meine Meinung ist: Wenn ich auf den Platz gehe, muss Ruhe sein. Meckern gibt es bei mir nicht, das unterbinde ich sofort. Auf der anderen Seite lege ich die Regeln auch mal großzügig aus, wenn es die Situation erfordert.
Zum Beispiel?
Kettler: Ich pfeife ja auch Jugendspiele, da muss man Fingerspitzengefühl zeigen. Wenn ein Kind das andere foult, dann pfeife ich nicht immer kleinlich Freistoß, sondern sage, dass sie sich fair die Hand geben sollen und dann wird einfach weitergespielt. Oder wenn ein Kind mal den Einwurf nicht korrekt ausführt, dann pfeife ich das nicht sofort ab, sondern zeige ihm einfach, wie das richtig geht. Der Mensch steht im Vordergrund, das ist das Wichtigste!
Sie stehen seit nunmehr 46 Jahren als Schiedsrichter auf dem Platz, das heißt, Sie haben bis jetzt im Schnitt über 100 Spiele pro Jahr geleitet. Machen Sie noch die 6000 voll?
Kettler: Solange ich gesund bleibe, werde ich auf jeden Fall weitermachen. Ich habe nach wie vor viel Spaß daran, Schiedsrichter zu sein. Natürlich hat sich der Fußball in dieser Zeit von 1976 bis heute sehr verändert. Dieses ständige Reklamieren, das man heutzutage in der Bundesliga sieht oder bei der WM häufig erlebt hat, ist eine schlechte Angewohnheit. Da fehlt mir die Fairness der Spieler. Und insgesamt wird mir auch zu viel auf den Schiedsrichtern herumgehackt. Wenn ein Stürmer dreimal neben das Tor schießt, dann sagt keiner etwas, aber wehe der Schiri macht mal einen Fehler…
Das ist wohl einer der Gründe, warum sich immer weniger junge Menschen für die Qualifizierungs-Lehrgänge anmelden. Was sagen Sie als Schiedsrichter-Obmann, warum der Job an der Pfeife doch toll ist?
Kettler: Bei dieser Aufgabe lernt man sehr viel über Teamfähigkeit, das ist eine Bereicherung und gibt einem ein gutes Gefühl. Das war auch damals der Grund für mich, die Pfeife in den Mund zu nehmen. Von daher wünsche ich mir, dass wir alten Hasen die jüngere Generation dazu motivieren können, es einmal als Schiedsrichter zu versuchen.