Resat Burunc: Schiedsrichterdebüt mit 48
Resat Burunc: "Mein Sohn meint, ich würde zu kleinlich pfeifen."[Foto: privat]
Am 15. Juli 2022 geht Resat Burunc zum Fußballplatz, wie er es so häufig tut. Er will sich das Spiel seines Sohnes Deniz (19) anschauen, seine Mutter ist auch dabei. In einem Pokalmatch stehen sich der TSV Heiligkreuz und der TSV 1920 Palling gegenüber. Kurz vor Anpfiff ist noch kein Schiedsrichter da, dann fasst sich Resat Burunc ein Herz. Er geht zu den Trainern der beiden Teams und sagt, er könne die Spielleitung übernehmen, falls sie damit einverstanden wären. Vorher hat er schon unter Aufsicht vier Jugendspiele geleitet, nun ist es sein erster Einsatz bei den Herren – und mit 48 Jahren der Beginn seiner Schiedsrichter-Laufbahn. Im FUSSBALL.DE-Interview erklärt der Intensivpfleger, der für den SV Surberg im Kreis Traunstein gemeldet ist, was ihn an der Rolle als Unparteiischer besonders reizt.
FUSSBALL.DE: Herr Burunc, mit 48 Jahren müssen Bundesliga-Schiedsrichter wegen der Altersgrenze in der höchsten deutschen Spielklasse aufhören. Sie hingegen haben gerade erst damit angefangen. Warum nicht früher?
Resat Burunc: Das hat sich vorher einfach nicht ergeben, obwohl Fußball schon immer mein Leben bestimmt hat. Ich bin in Dortmund aufgewachsen, wo ich für Türkspor Dortmund , beim SC Osmanlispor und beim FC Brünninghausen gekickt habe. Dann bin ich im Jahr 2015 nach Bayern gezogen, habe mir immer die Spiele meines Sohnes Deniz und meiner Tochter Yasemin angeschaut und dabei mitbekommen, dass Schiedsrichter gesucht werden.
Und dann haben Sie sich für einen Schiedsrichter-Lehrgang angemeldet?
"Der Schiedsrichter-Obmann hat etwas erstaunt geguckt, als er mein Geburtsdatum gesehen hat"
Burunc: So war es, das ist jetzt zwei Jahre her. Der Schiedsrichter-Obmann im Kreis Traunstein, wo ich inzwischen zu Hause bin, hat etwas erstaunt geguckt, als er mein Geburtsdatum gesehen hat. Und dann musste ich erst einmal an meiner Figur arbeiten. (lacht)
Erzählen Sie bitte!
Burunc: Ich hatte einige Kilos zu viel auf den Rippen und habe nur mit Ach und Krach den Fitnesstest bestanden. Für mich war klar, dass ich mehr Sport machen muss. Seitdem gehe ich regelmäßig ins Fitnessstudio und bin körperlich viel besser drauf.
Wie waren Ihre ersten Erfahrungen auf dem Platz?
Burunc: Überwiegend positiv. Man merkt schon, dass die Spieler einen gewissen Respekt vor einem älteren Schiedsrichter haben. Ich könnte ja locker der Vater von den meisten Spielern sein. Und wenn ich Jugendspiele pfeife, dann ist der Altersunterschied ja noch größer. Zuletzt aber musste ich in einem Herrenspiel härter durchgreifen und schon in der ersten Halbzeit fünf Gelbe Karten zeigen. Dann bin ich in der Halbzeit zu den Trainern gegangen und habe ihnen gesagt, dass ihre Spieler im zweiten Durchgang bitte anders auftreten sollen, um Platzverweise zu vermeiden. Das hat gewirkt! Rummeckern dulde ich nicht, da muss man als Schiedsrichter eine klare Linie fahren.
Pfeifen Sie lieber Jugend- oder Erwachsenenspiele?
Burunc: Ich mache beides gern und pfeife auch bei den Mädchen und Frauen. Im Jugendbereich bis zur Kreisklasse und bei den Senioren bis zur B-Klasse. Inzwischen habe ich 46 Einsätze hinter mir und muss sagen, dass es sehr viel Spaß macht. Mein Ziel ist es, auch bei den Herren in die Kreisklasse aufzusteigen und insgesamt noch häufiger als Schiedsrichter eingesetzt zu werden. Am 6. April findet der nächste Leistungstest statt, da werde ich richtig Gas geben. (lacht)
Wer sind Ihre Vorbilder?
Burunc: Auf internationaler Ebene Pierluigi Collina und Cüneyt Cakir, in der Bundesliga Deniz Aytekin. Das waren beziehungsweise sind Schiedsrichter mit großer Ausstrahlung, von denen ich mir viel abgeschaut habe. Außerdem habe ich mir "Respekt ist alles", das Buch von Deniz Aytekin durchgelesen. Darin kann man auch viel über ihn als Persönlichkeit erfahren.
Auch die besten Unparteiischen können nicht verhindern, dass auf und neben dem Platz viel über ihre Leistungen diskutiert wird. Der VAR soll für mehr Gerechtigkeit im Fußball sorgen. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?
Burunc: Ich bin froh, dass es den VAR in der Bundesliga gibt, weil er aus meiner Sicht den Fußball insgesamt gerechter macht. Das Spiel ist so schnell geworden, dass die Feldschiedsrichter manch strittige Szenen gar nicht mitbekommen beziehungsweise regelkonform bewerten können. Da ist es gut, dass technische Mittel zum Einsatz kommen und der VAR einen Hinweis geben kann, sich eine Situation noch einmal genau anzuschauen.
Und wie beurteilen Ihre eigenen Kinder Ihre Leistungen als Unparteiischer?
Burunc: Meine Tochter, die beim FC Langengeisling spielt und schon einmal in einem Freundschaftsspiel gegen die Frauen des FC Bayern ein Tor erzielt hat, ist sehr zufrieden mit mir. Mein Sohn hingegen meint, ich würde zu kleinlich pfeifen. (lacht)