Tipps: Mentaler Druck im Amateurfußball
Mentaler Druck: Längst nicht nur eine negative Begleiterscheinung im professionellen Sport, sondern auch im Amateurbereich.[Foto: imago]
Immer mehr Profifußballer*innen betonen, wie wichtig es ist, auf seelische Beschwerden zu reagieren. Doch mentaler Druck ist längst nicht nur eine negative Begleiterscheinung im professionellen Sport. Auch Spieler*innen in den Amateurligen können aus unterschiedlichen Beweggründen unter Leistungsdruck stehen. Auch wenn vorliegende Studien zur Prävention und Bewältigung von Druck auf Sportler*innen aus dem Profibereich basieren, lassen sich aus ihnen Schlussfolgerungen für den Amateurfußball ziehen.
Tief durchatmen, sich entspannen und einen kurzen Moment innehalten sind Tipps, die sich sicherlich jede*r Sportler*in vor einem Wettkampf schon einmal ins Bewusstsein gerufen hat. Sie sollen in stressigen Situationen kurzfristig beruhigen und den Puls herunterfahren. Bei Leistungsdruck, der regelmäßig Unwohlsein verursacht, benötigt es jedoch eine tiefere Analyse der Ursachen seelischer Beschwerden und damit verbunden präventive und bewältigende Maßnahmen. Immer mehr Studien beschäftigen sich mit derartigen Lösungsansätzen und testen, welche Möglichkeiten es gibt, um mentalen Druck im Profifußball zu senken. Die Höhe der Spielklasse bestimmt jedoch nicht allein, wie stark mentale Beschwerden empfunden werden. Erwartungshaltungen aus dem Umfeld, Selbstansprüche oder auch die eigene Persönlichkeit können Faktoren für andauernden Leistungsdruck sein und damit genauso im Amateurfußball auftreten.
Wirklichkeitsgetreue Simulationsaufgaben im Training
Auch wenn sich vorhandene Studien primär mit Profifußballer*innen beschäftigen, lassen sich aus ihnen hilfreiche Tipps entnehmen, die sich auch zum Beispiel in der Kreisliga anwenden lassen. Die Studie "The Effects of Coping Interventions on Ability to Perform Under Pressure” (Kent, S., Devonport, T.J., Lane, A.M., Nicholls, W., Friesen, A.P.) aus dem Jahr 2018 überprüfte 23 angewendete Interventionsstudien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, negative Stressoren zu senken. Sogenannte "Coping-Strategien" helfen dabei, unter Stress Selbstregulierungsprozesse anzuwenden, um Stress zu verringern und die sportliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Dabei wird zwischen problemorientierten und emotionsorientierten Bewältigungsstrategien unterschieden. Während bei der Problemorientierung ein zielgerichtetes Verhalten ausgeführt oder ein bestimmtes Handeln unterlassen wird, soll bei der Emotionsorientierung, eine emotionale Erregung gesenkt werden.
In Workshops zu kognitivem Verhalten können Stressreaktionen bewusst hervorgerufen werden, um die Fußballer*innen auf mögliche kritische Situationen im Spiel vorzubereiten. Zum Beispiel bekommt der/die Spieler*in nur einen Versuch, um einen bestimmten Ball zu spielen. Wichtig ist hierbei, dass die Leistungsaufgabe wirklichkeitsgetreu ist, unter Druck stattfindet und einen Ansporn für eine gute Leistung vorhanden ist. In Simulationsaufgaben unter Zeitdruck kann außerdem trainiert werden, weniger über anstehende Aufgaben zu grübeln und Routinen für den Spieltag zu entwickeln. Es wird ebenfalls als zielwirkend angesehen, positive Selbstgespräche zu führen und die Aufmerksamkeit immer auf die jeweils kommende Spielsituation und nicht auf sich anschließende Eventualitäten zu richten.
Highlight-Videos für mehr Selbstsicherheit
Die Studie "A pre-match video self-modeling intervention in elite youth football” (Middlemas, S., & Harwood, C., 2020) beschäftigte sich mit der Wirksamkeit von persönlichen Highlight-Videos. Indem sich Spieler*innen ihre eigenen "Best of"-Videos mit erfolgreichen Spielsituationen zusammenschnitten, konnten sie ihr Selbstvertrauen stärken und damit sicherer werden. Als "gedankliches Aufwärmen" könnten Highlight-Videos neben der vorangehenden Videoanalyse über die Spielidee des Gegners unmittelbar vor dem Spiel angesehen und damit negative emotionale Befindlichkeiten abgeschwächt werden. Wichtig sei hierbei, dass die Auswahl der Videos außerhalb von Trainer*in-Bewertungen stattfände. Grundsätzlich sei es bei Feedback hilfreich, kritische Aspekte mit zeitlicher Verzögerung zum Spiel anzusprechen. Unmittelbar vor oder nach dem Spiel sollte der Fokus auf positiven Ereignissen liegen, um die Selbstwirksamkeit der Spieler*innen und des Teams zu fördern.
Weitere Tipps zum Umgang mit Leistungsdruck lassen sich auf den Akademieseiten des DFB finden.