Geheimwaffe schiefer Platz
Vorsitzender Marcel Wagner zum schiefen Platz in Ernsthausen: "Klar kommt da nicht jeder Ball an."[Foto: privat]
Als Trainer ist es manchmal gar nicht so einfach, die Taktik zu finden, mit der sich das gegnerische Team am schwersten tut. Da hat es Luis Viegas, Trainer des TSV Ernsthausen, schon einfacher. Sein Masterplan befindet sich nicht auf der Taktiktafel, sondern hat eine über 50 Jahre alte Tradition. Das Spielfeld des TSV Ernsthausen ist: schief. "Die anderen Mannschaften müssen sich daran erst gewöhnen, da landet schon mal der ein oder andere Ball im Bach oder eine Ecke im Seitenaus", erzählt Marcel Wagner, 2. Vorsitzender des TSV Ernsthausen.
So beträgt die Länge des Spielfelds auf der einen Seite 100 Meter, auf der anderen nur 90 Meter. Es entsteht ein Spielfeld ohne rechte Winkel, dafür mit einer langen und einer kurzen Seite.
Doch dabei bleibt es nicht: Wer auf der einen Seite gute Ecken schlägt, wird auf der anderen Seite ein paar Versuche brauchen, um die richtige Justierung zu finden. Denn auch die Breite unterscheidet sich auf beiden Seiten. Während eine Torauslinie nur 56 Meter misst, ist sie auf der anderen Seite 8 Meter länger.
Für Ernsthausen ist all das kein Problem. Da ihre Spieler immer auf diesem Platz trainieren, haben sie sich auf die besonderen Begebenheiten angepasst, erklärt Marcel Wagner: "Klar kommt da nicht jeder Ball an, aber zum Beispiel der Spieler, der bei uns die Standards schießt, kann die gefühlvollen und die weiten Bälle spielen."
"Klar kommt da nicht jeder Ball an, aber zum Beispiel der Spieler, der bei uns die Standards schießt, kann die gefühlvollen und die weiten Bälle spielen.“
Kein Wunder holt der TSV den Großteil seiner Punkte zuhause. "In den letzten zehn Jahren haben wir im Schnitt ein oder zwei Spiele zuhause verloren, den Rest gewonnen." Nur dieses Jahr hat der TSV seine Heimstärke vermissen lassen, und musste sich die Punkte auswärts holen. Ob das ein Aussetzer war oder sich die Gastvereine nach all den Jahren an den Platz gewöhnt haben, bleibt abzuwarten.
Auch davon abgesehen hat Ernsthausens Geheimwaffe seine Schwächen: So darf der Platz nur auf Kreisebene benutzt werden. Denn eigentlich muss ein Fußballfeld rechteckig sein, also rechte Winkel besitzen – so steht es in den Regularien des DFB. Sorgen macht sich Marcel Wagner deshalb keine, so hohe Ambitionen habe der Verein seines Wissens nicht.
Der Grund für die ungewöhnlichen Spielfeldmaße war damals der Platzmangel. "Aufgrund der Begebenheiten vor Ort kam das asymmetrische Spielfeld schon sehr früh zustande. Damals haben sie die maximale Größe ausgenutzt. Auf der einen Seite begrenzt der Bach den Platz, auf der anderen Seite befindet sich eine Straße, dabei ist der Platz etwas schief geworden", so Marcel Wagner. Taktische Gründe habe es nicht gegeben.
So oder so wurde der Platz zur Saison 1967/68 vom Kreisfußballwart genehmigt, da der Platz die Mindestmaße von 90 mal 45 Metern erfüllt. Auch auf der kleineren Seite.