Delmenhorst: Stütz kennt Kroos und Co.
Florian Stütz: "Ein Spiel im DFB-Pokal ist Bonus." [Foto: Imago]
Mit der Teilnahme am DFB-Pokal geht für die meisten Amateurfußballer ein großer Traum in Erfüllung: Einmal auf der ganz großen Bühne stehen und gegen die Stars aus der Bundesliga spielen. Für Florian Stütz vom SV Atlas Delmenhorst, der nach dem Abstieg aus der Regionalliga Nord ab sofort in der Oberliga Niedersachsen an den Start geht, wird dieser Traum am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) mit dem Heimspiel in der ersten Runde gegen den FC St. Pauli aus der 2. Bundesliga bereits zum dritten Mal wahr.
Ein noch größeres Erlebnis als seine beiden vorherigen Partien im bundesweiten Pokalwettbewerb wäre dabei wohl kaum möglich gewesen. Mit dem BSV Schwarz-Weiß Rehden, bei dem der inzwischen 33 Jahre alte defensive Mittelfeldspieler zwischen 2012 und 2014 unter Vertrag stand, durfte er im August 2013 nämlich gegen den Rekordmeister und -pokalsieger FC Bayern München antreten. Sechs Jahre später spielte er mit seinem jetzigen Klub SV Atlas das Derby gegen den SV Werder Bremen. Eine weitere Teilnahme am DFB-Pokal blieb ihm außerdem noch verwehrt, als sich sein damaliger Klub SSV Jeddeloh für die erste Runde gegen den 1. FC Heidenheim qualifizierte. Im Jahr 2018 stand Stütz allerdings wegen einer Sperre nicht zur Verfügung.
"Das alles sind Erfahrungen, die mir keiner nehmen kann", schwärmt der in Wilhelmshaven geborene Defensivspieler im Gespräch mit FUSSBALL.de . "Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir in Osnabrück gegen den FC Bayern gespielt haben. Es war einfach nur der Wahnsinn, plötzlich Toni Kroos, Thomas Müller und Arjen Robben als Gegenspieler zu haben. Im Derby gegen unseren Nachbarn SV Werder ist dann ein weiterer Traum in Erfüllung gegangen, als wir vor einer Rekordkulisse antreten durften."
Nach Rekordmeister und Derby jetzt ein Kultklub
Auch wenn das aktuelle Los FC St. Pauli aus sportlicher und wirtschaftlicher Sicht nicht mit dem Branchenführer aus München und dem Lokalrivalen aus Bremen mithalten kann, hat der kommende Gegner dennoch ein Lächeln auf das Gesicht des Familienvaters eines dreijährigen Sohnes gezaubert. "Der FC St. Pauli ist ein absoluter Kultklub, der eine besondere Fanbase mitbringt. Leider können nicht mehr als 5000 Zuschauer*innen bei diesem Spiel dabei sein", sagt Stütz, der bereits seit 2019 beim SV Atlas unter Vertrag steht. Grund dafür sind Sicherheitsauflagen, die eine höhere Besucher*innenzahl in der Heimspielstätte der Delmenhorster nicht zulassen.
Bei bereits drei Teilnahmen am DFB-Pokal bleibt auch die eine oder andere Erinnerung hängen. Vor allem ein Duell wird der Betriebsbetreuer im Bereich Lackierung eines Automobilherstellers in Bremen so schnell nicht mehr vergessen. "Es gibt einige Menschen, die gerne mal über die Leistungen von Thomas Müller scherzen. Er schafft es aber immer wieder, hervorragende Leistungen zu bringen, ohne dabei großartig zu glänzen. In welcher Leichtigkeit er über den Platz läuft, welch gute Laufwege er geht und dabei extrem effektiv ist, finde ich einfach nur beeindruckend", schwärmt Stütz vom Weltmeister von 2014.
Kein Wunder, dass sich der Rechtsfuß, der seine Stärken vor allem im Passspiel und im Blick für seine Mitspieler sieht, aus den bisherigen Pokalpartien Erinnerungsstücke mitgenommen hat. In seiner Sammlung befinden sich bislang Leibchen von David Alaba, der aktuell seine Schuhe für den spanischen Spitzenklub Real Madrid schnürt, und Milot Rashica, der nach seiner Station beim SV Werder Bremen mittlerweile bei Norwich City in der englischen Premier League zum Einsatz kommt.
Wessen Trikot er sich nun in der Partie gegen den FC St. Pauli angeln will, darüber hat sich Stütz noch nicht so wirklich Gedanken gemacht. "Das hängt auch ein wenig davon ab, gegen wen ich in den Eins-gegen-Eins-Duellen am häufigsten antreten muss. Mit wem ich am Ende das Leibchen tausche, entscheide ich dann spontan", schmunzelt er.
DFB-Pokal nur kleiner Trost nach dem Abstieg
So kurz vor dem vielleicht größten Spiel des Jahres gehen die Mundwinkel bei Florian Stütz und einigen seiner Teamkollegen so langsam wieder nach oben. Darüber, dass der SV Atlas Delmenhorst nach drei Spielzeiten in der Regionalliga Nord wieder zurück in die Oberliga Niedersachsen musste, tröstet aber die Teilnahme am DFB-Pokal nicht wirklich hinweg.
"Ein Spiel im DFB-Pokal ist Bonus. Unser Tagesgeschäft ist aber die Liga", sagt Stütz, der zu den Stützen des Teams gehört. "Dort haben wir es in der abgelaufenen Saison leider nicht hinbekommen, konstant gute Leistungen auf den Platz zu bringen", formuliert er. "Es ist immer ein komisches Gefühl, so viel Aufwand zu betreiben, sich am Ende aber nicht belohnen zu können. Der Abstieg hat bei uns allen enorm an den Kräften gezehrt. Zurecht haben wir teilweise auch den Frust der Fans abbekommen. Es war ein wirklich blödes Gefühl."
SV Atlas kein Favorit auf direkten Wiederaufstieg
Obwohl der SV Atlas in dieser Saison als Absteiger aus der Regionalliga in der Oberliga Niedersachsen an den Start geht, sieht Florian Stütz, der mittlerweile der dienstälteste Akteur in Delmenhorst ist, seine Mannschaft in dieser Saison nicht als Kandidat für den direkten Wiederaufstieg. Das hat seiner Meinung nach zwei Gründe: Zum einen gebe es mit den Mitabsteigern BSV Kickers Emden, VfV Borussia 06 Hildesheim und BSV Schwarz-Weiß Rehden sowie dem FSV Schöningen, der unter anderem den früheren Drittliga-Torschützenkönig Christian Beck verpflichtet hat, zahlreiche ambitionierte Klubs, die um die Meisterschaft und den Aufstieg mitspielen können. Zum anderen habe der SV Atlas in diesem Sommer einen größeren Umbruch im Kader einleiten müssen.
Lediglich neun Spieler aus dem letztjährigen Kader stehen nach dem Abstieg noch zur Verfügung. Das Auftaktspiel gegen den Mitabsteiger aus Hildesheim gewann Atlas Delmenhorst dennoch 2:0 und tankte damit noch zusätzliches Selbstvertrauen für den Höhepunkt im DFB-Pokal gegen den FC St. Pauli.