Rekord-Schiedsrichter|10.02.2015|18:00

Marathon-Schiri: 181 Spiele in einer Saison

Mit Leib und Seele Schiedsrichter: Baris Alayin (ganz links) im Kreis seiner Kollegen. [Foto: privat]

Schiedsrichter Sven Brinkmann vom FC Hevesen ist gerade vom Niedersächsischen Fußballverband für „Vielschiedsrichterei“ ausgezeichnet worden. 106 Spiele leitete er in der vergangenen Saison . Eine Zahl, über die Baris Alayin nur müde lächeln kann. Der Schiedsrichter vom 1. CfR Pforzheim hat es in der Saison 2013/2014 auf sage und schreibe 181 Ansetzungen gebracht, wie er uns via Facebook mitteilte.

126 Spiele leitete er als Schiedsrichter, in 55 weiteren Spielen stand er als Assistent an der Seitenlinie. Auch in der lauifenden Saison hat es der 21 Jahre alte Alayin bereits auf 120 Ansetzungen gebracht. Tendenz steigend. Insgesamt war Alayin seit 2009 in mehr als 600 Spielen im Einsatz. Wir haben beim Marathonmann unter Deutschlands Schiedsrichtern nachgefragt.

Herr Alayin, wie kommt man bitteschön in einer Saison auf 181 Ansetzungen als Schiedsrichter?
Baris Alayin: Wenn man mobil ist, zeitlich flexibel und ein bisschen Engagement zeigt, dann kommt man schnell auf so eine Zahl. In der vergangenen Saison hatte ich samstags zwei Einsätze und sonntags zwei. Dazu ein Spiel unter der Woche, das macht fünf. Das summiert sich.

Wieviel Zeit bleibt Ihnen denn noch für Hobbys neben dem Fußball?
Alayin: Es bleibt viel Zeit. Samstags stehe ich drei bis vier Stunden auf dem Sportplatz, dann ist ja nicht der ganze Tag rum. Sonntags dauert es länger, aber der Sonntag ist ja kein gewöhnlicher Tag, das ist ja eigentlich ein Ruhetag, an dem man eh nichts zu tun hat.

"Ich habe mich schon als 13-Jähriger ständig über Schiedsrichter aufgeregt, habe ihre Entscheidungen nie so gesehen wie sie"

Also dann: Welche Hobbys haben Sie noch?
Alayin: Mich mit Freunden treffen oder selbst Fußball spielen. Und wenn mir langweilig ist, schaue ich mir ein Fußballspiel an.

Und nebenbei studieren Sie auch noch.
Alayin: Nach meinem Freiwilligen Sozialen Jahr studiere ich jetzt seit Oktober in Karlsruhe. Aber nicht Schiedsrichterei. Das Studium gibt es ja leider nicht.

Haben Sie selbst auch im Verein Fußball gespielt?
Alayin: Ich habe bis zur D-Jugend gespielt. Dann habe ich aufgehört und mein Teamleiter-Zertifikat gemacht. Ich habe zweieinhalb Jahre als Trainer gearbeitet und 2009 meinen Schiedsrichterschein gemacht.

Warum haben Sie so früh aufgehört?
Alayin: Ich habe mich schona als 13-Jähriger ständig über die Schiedsrichter aufgeregt, habe ihre Entscheidungen nie so gesehen wie sie. Ein Kollege hat mich dann dazu gebracht, Schiedsrichter zu werden. Da hatte ich natürlich keine Zeit mehr, am Wochenende noch selbst zu spielen. Dann muss man sich für eine Sache entscheiden. Sonst kommt man nie auf 181 Spiele.

Und warum haben Sie sich dafür entschieden, lieber Schiedsrichter zu werden?
Alayin: Ich war nicht der beste Spieler. Und das Pfeifen macht mir mehr Spaß. Man ist der Chef auf dem Platz. Es reizt mich, über eine Fehlentscheidung zu grübeln und mir zu überlegen, wie ich es beim nächsten Mal besser machen kann. Und es ist auch lustig, dass die Zuschauer alles besser gesehen haben wollen und ständig reinrufen.

Viele Ihrer Schiedsrichterkollegen finden das nicht lustig, eher bedrohlich. Hatten Sie noch keine Probleme mit Zuschauern?
Alayin: Bis jetzt hatte ich keine großen Probleme. Auf dem Platz wird es schon mal hitziger. Aber hinterher sind alle froh, dass das Spiel rum ist.

Sie sind in ihrem Verein Abteilungsleiter Schiedsrichter. Haben Sie auch Probleme, Nachwuchs zu gewinnen?
Alayin: Wir haben keine Nachwuchsprobleme. Wir haben in zwei Wochen Meldungskurs für neue Schiedsrichter und haben bereits 40 Anmeldungen. Das ist extrem viel, wir sind selbst überrascht. Und wir haben nicht einmal Werbung für den Kurs gemacht.

Sie sind 21 Jahre alt und pfeifen bis zur Bezirksliga. Wie hoch hinaus wollen Sie noch?
Alayin: Ich bin jetzt im Förderkader mit Perspektive Richtung Landesliga. Ob das etwas wird, zeigt sich am Ende der Saison. Ich will so hoch wie möglich pfeifen und dabei Spaß haben. Und es soll natürlich Zeit bleiben für Freunde und Familie.

Sind Sie eigentlich alleiniger Rekordhalter oder kennen Sie noch ähnlich Verrückte wie Sie?
Alayin: Wir sind bei uns im Kreis insgesamt drei Schiedsrichter, die über 150 Spiele pro Saison haben. Die beiden anderen kommen ungefähr auf meine Einsätze.