DFB-Pokal im Interview: Alles Vorgeplänkel
Hat in mehr als 70 Jahren viel erlebt: der DFB-Pokal. [Foto: Fotos Getty Images; Collage FUSSBALL.DE]
Er hat eine bewegte Vergangenheit. In mehr als 70 Jahren hat der DFB-Pokal viel gesehen. Sensationen, Traumtore, strauchelnde Favoriten, Freudentränen, Jubelstürme. Die Geschichten sind bekannt. Aber seine Geschichte hat noch niemand gehört. Im Exklusiv-Interview mit FUSSBALL.DE berichtet der DFB-Pokal, warum er sich nur auf Berlin freut, was ihn am WM-Pokal stört und er spricht erstmals über sein Verhältnis zu den Pokal-Ladys.
FUSSBALL.DE: Es geht wieder los. Wie sehr freuen Sie sich auf die neue Pokalsaison?
DFB-Pokal: Es ist wie in jedem Jahr – die Pause war viel zu lang. Das sage ich schon lange, aber auf mich hört ja keiner. Für mich gibt es jährlich nur ein Highlight: das Endspiel im Olympiastadion. Die erste Runde im DFB-Pokal ist also ein erster Schritt in die richtige Richtung. Er kommt nur viel zu spät.
Sie können es kaum erwarten, bis es wieder nach Berlin geht?
Klar, alles andere ist Vorgeplänkel. Das ist mein Tag, mein Abend, meine große Bühne. Ich finde es sehr freundlich, dass zu meinen Ehren auch noch dieses Spiel mit den vielen Männern und einem Ball inszeniert wird. Ich verstehe noch immer nicht, worum es dabei genau geht. Aber es ist mitunter ganz ulkig anzuschauen. Wobei es natürlich vom Wesentlichen ablenkt.
Was ist denn das Wesentliche?
Was ist das denn für eine Frage? Ich natürlich. Wenn ich das richtig verstehe, darf mich mit nach Hause nehmen, wer seine Arme am schnellsten nach oben reißt, wenn der Mann mit der Pfeife gepfiffen hat. So ähnlich wie bei der Reise nach Jerusalem, nur ohne Stühle. Ich finde das spaßig, nur dauert es mir zu lange. Dieses ganze Brimborium vorher mit dem Hin- und Hergerenne und der runden Kugel, das ist eine Zeit lang nett, aber irgendwann reicht es auch.
"Auf den WM-Pokal schaue ich von oben herab"
Interessante Interpretation. Wie gefällt Ihnen der Abend zu Ihren Ehren insgesamt?
Wenn man vom Spiel absieht, ist das Ganze aber sehr schön inszeniert. Besonders gut gefällt mir die Tradition mit den Pokal-Ladys, die die Ehre haben, mich ins Stadion zu tragen. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hatte die Idee dazu, guter Mann. Eva Padberg, Franziska van Almsick, Magdalena Neuner, Dr. Christine Theiss und Maria Höfl-Riesch kenne ich nun aus nächster Nähe, ich kann nicht sagen, dass das ein Nachteil ist. Das hätte man schon viel früher machen sollen. Sie sollten mal erleben, wie neidisch die anderen Pokale auf unseren jährlichen Trophäen-Versammlungen sind. Die Pokal-Ladys sind dort das große Tratsch-Thema. Und ich mittendrin. Das gefällt mir gut.
In der vergangenen Saison Jahr hatten Sie das Vergnügen mit Britta Heidemann. In Ihrer Aufzählung haben Sie Frau Heidemann vergessen. Hat das einen bestimmten Grund.
Ja.
Nämlich?
Meine Vergesslichkeit. Ich bin halt auch nicht mehr der Jüngste. Sorry, Britta, das hat nichts mit Dir zu tun. Ganz im Gegenteil: Ich mag Dich sehr. Wir hatten eine tolle Zeit.
Woher rührt die Sympathie?
Jetzt passen Sie mal auf, ich habe mich vorbereitet: Sie macht nicht nur auf der Planche eine gute Figur. Ich finde Sie sehr adrett, nicht nur mit dem Florett.
Schön gereimt, aber Heidemann ist Degen-Fechterin.
Was haben Sie mir hier denn für einen Schlaumeier geschickt. Ich sag immer: Egal ob Degen oder Säbel - Hauptsache ein schönes Mädel.
Das Kompliment wird Frau Heidemann sicher freuen. Mal was anderes: Haben Sich nicht auch Angst vor dem Pokalabend? Bei den Feiern danach gab es manchen Unfall, und nicht immer dürfte Ihnen zugesagt haben, in wessen Bett Sie am nächsten Morgen aufgewacht sind.
Jetzt lassen Sie doch mal diese alten Geschichten. Nur weil Rudi Assauer einmal unachtsam war, das kann schon mal passieren. Außerdem: Wenn man sich mit Kollegen aus dem Ausland unterhält, hört man die abenteuerlichsten Geschichten. In Spanien ist die Copa del Rey mal vom Bus auf die Straße gefallen, das muss richtig wehgetan haben. Bei so einer Fahrt im offenen Bus haben wir Pokale immer ein wenig Angst. Da sind die Fußballer immer ganz aus dem Häuschen. Ich verstehe nicht ganz warum, aber ich bin schließlich auch kein Fußballer.
Wären Sie gerne einer?
Du lieber Himmel, nein.
Warum nicht?
Ich bin eher der statische Typ, gegen mich sind die größten Stehgeiger noch Laufwunder.
Sind Sie eigentlich Fußball-Fan?
Ich bin nicht fanatisch, aber der Sport findet mein Wohlwollen. Alle laufen aufgeregt hin und her, ständig fliegt etwas durch die Luft, manchmal purzeln die Spieler übereinander. Ein schönes Chaos. Wie gesagt: Nach meinem Geschmack etwas zu lange, dennoch: ein prima Spiel!
Wo wir schon mit Ihnen sprechen - wie ist Ihr Verhältnis zur Meisterschale?
Ganz niedlich, die Kleine. Optisch macht sie durchaus etwas her.
Aber?
Sie nervt ein wenig. Dieses Gerede vom ehrlichsten Titel geht mir auf die Turmalinen. Wo doch jeder weiß, dass dieses Geschwafel nur einen Grund hat.
Der wäre?
Neid.
Worauf sollte die Meisterschale neidisch sein?
Ich bin der schönste und tollste Pokal überhaupt. Ich bin der Cristiano Ronaldo der Trophäen, ohne das Gel. Ich bin wie Lionel Messi, nur größer. Es ist doch klar, dass die anderen Trophäen mir gegenüber missgünstig sind, an mich kommt nichts heran.
Und was ist mit der World Cup Trophy?
Wem?
Der Trophäe für den Gewinn des WM-Titels, der WM-Pokal.
Habe ich schon von gehört. Diese Eintagsfliege von einem Pokal. Den kann ich nicht ernst nehmen.
Warum nicht?
Ich bitte sie. Der lässt sich nur alle Jubeljahre in Deutschland blicken. Wie groß ist der WM-Pokal. Zehn Zentimeter, 15?
36,8 Zentimeter.
Sage ich ja. Viel kleiner als ich mit meinen 52. Auf den WM-Pokal schaue ich von oben herab. Manchmal habe ich das Gefühl, dass der WM-Pokal Minderwertigkeitskomplexe hat. So wie der sich aufführt.
Der DFB hat den WM-Pokal auf Ehrenrunde geschickt.
Das meine ich. Aber ich gönne ihm das. Und irgendwie ist das ja auch traurig. Er muss durchs Land fahren, damit sich die Leute für ihn interessieren. Ich bin in Berlin – und alle kommen zu mir.