Regionalliga Nordost|19.09.2015|09:00

Baumgarts Ziel: Dritte Kraft in Berlin werden

Ehrgeizige Ziele: BAK-Trainer Steffen Baumgart. [Foto: Imago]

Vergangene Saison konnte er mit seinem Team nicht den Abstieg aus der Bezirksliga verhindern, jetzt trainiert er in der Regionalliga. Seit dieser Saison ist der ehemalige Bundesliga-Profi Steffen Baumgart Trainer des Nordost-Regionalligisten Berliner AK. Für den VfL Wolfsburg sowie den FC Energie Cottbus und Hansa Rostock war der heute 43-jährige 224-mal in der Bundesliga am Ball. Mit dem BAK ist der gebürtige Rostocker nach sieben Spieltagen ungeschlagen (vier Siege, drei Unentschieden), rangiert auf Platz zwei und ist erster Verfolger von Spitzenreiter FSV Zwickau.

Am Sonntag (ab 13 Uhr) gastieren die Berliner zum Verfolgerduell beim FC Oberlausitz Neugersdorf. Der Aufsteiger ist als Tabellendritter die Mannschaft der Stunde. Für Ex-Mittelstürmer Baumgart gibt es bei der Partie ein Wiedersehen mit einem langjährigen Mitspieler aus Cottbus. Der ehemalige brasilianische Verteidiger Vragel da Silva ist seit Juli Cheftrainer in Neugersdorf. Im aktuellen FUSSBALL.DE- Interview spricht Fußball-Lehrer Baumgart mit unserem Mitarbeiter Christian Knoth über das Treffen mit da Silva, den gelungenen Saisonauftakt, die kurz - und langfristigen Ziele des Berliner AK sowie die Bedeutung des Fußballs für die Flüchtlingshilfe.

FUSSBALL.DE: Tabellenplatz zwei, 15 Punkte aus sieben Spielen: Sie dürfen zufrieden sein, Herr Baumgart.

Steffen Baumgart: Ganz klar: Mit der Punktausbeute bin ich zufrieden. Allerdings sehe ich auch immer wieder Ansätze für Verbesserungen. Zum Beispiel gibt es beim Umschaltspiel von der Defensive in die Offensive noch Luft nach oben. Außerdem müssen wir bei der Chancenverwertung kaltschnäuziger werden.

"Als Trainer kannst du dich überall weiterentwickeln, egal ob in der Bundesliga oder im Amateurbereich"

Zuletzt gewann Ihre Mannschaft dreimal zu Null. Insgesamt steht erst ein Gegentor zu Buche. Ist die starke Defensive der Schlüssel zum Erfolg?

Baumgart: Ja, das trifft aber nicht nur bei uns zu. Die Defensive muss immer funktionieren, vor allem bei Standards, um nach 90 Minuten als Sieger vom Platz zu gehen. Damit meine ich aber nicht nur die Verteidiger. Die Abwehrarbeit fängt schon vorne im Angriff an.

Die Partie gegen RB Leipzig stand jüngst unter dem Motto „Heimspiel für Flüchtlinge“. 500 der insgesamt 1800 Zuschauer im Stadion waren Flüchtlinge, die Erlöse der Begegnung gingen an zwei Hilfsorganisationen. Wie wichtig schätzen Sie die Unterstützung für Flüchtlinge im Sport ein?

Baumgart: Die Bedeutung wird uns täglich vor Augen geführt. Eine große Signalwirkung hat es nun einmal erst, wenn über die Öffentlichkeit die Problematik erläutert wird sowie Unterstützung und mögliche Lösungswege angeboten werden. Fußball bietet sich dafür perfekt an, weil er unser Land prägt und begeistert. Es gibt in unserer Gesellschaft wohl nichts Multikulturelleres als Fußball. Ganz egal, wo du herkommst: In einer Mannschaft herrscht immer Harmonie und Zusammenhalt. Daran sollten wir uns alle ein Beispiel nehmen.

Sie sind erst seit Juli im Amt, waren zuvor Trainer des aktuellen A-Kreisligisten SSV-Köpenick-Oberspree. Wie kam es dazu, dass Sie die Geschicke eines Achtligisten leiteten?

Baumgart: Ich spiele beim SSV in der Ü 40-Mannschaft und bin dort Mitglied. Als ich im Januar 2014 vereinslos war und gefragt wurde, ob ich das Bezirksliga-Team trainieren möchte, musste ich nicht lange überlegen. Als Trainer kannst du dich ohnehin überall weiterentwickeln, egal ob in der Bundesliga oder im Amateurbereich. Sicherlich ist es etwas anderes, weil die Prioritäten der Spieler ganz anders gesetzt sind. Der Job geht vor, erst dann kommt der Fußball. Die Begeisterung und der Elan meiner Jungs waren aber sensationell. Es war eine hervorragende Zeit, auch wenn wir in die Kreisliga A abgestiegen sind.

Jetzt haben Sie beim BAK einen Vertrag bis zum Saisonende unterschrieben. Wohin führt der Weg Ihrer Mannschaft? Welche Zielsetzung haben Sie?

Baumgart: Kurzfristig möchten wir uns im oberen Tabellendrittel festsetzen und den Anschluss an die Spitze halten. Langfristig ist es unser Ziel, nach Hertha BSC und dem 1. FC Union Berlin die dritte Kraft in der Hauptstadt zu werden. Der gesamte Verein befindet sich auf einem guten Weg. Nicht nur bei der ersten Mannschaft, sondern auch in der Nachwuchsabteilung ist ein stetiger Fortschritt zu erkennen. Erst zuletzt hat der BAK eine U 21-Mannschaft ins Leben gerufen, um den jungen Spielern genügend Spielpraxis zu geben und damit die Möglichkeit zu schaffen, sich weiterzuentwickeln.

Spitzenreiter Zwickau hat zum ersten Mal geschwächelt und nach sechs Siegen in Serie beim FSV Wacker Nordhausen 1:4 verloren. Kann der BAK zu Zwickaus ärgstem Konkurrenten im Kampf um die Meisterschaft werden?

Baumgart: Ich denke, dass es in dieser Saison viele Mannschaften gibt, die das Potenzial besitzen, oben mitzuspielen. Dazu gehören nicht nur Zwickau und wir, sondern auch Nordhausen, der FC Carl Zeiss Jena und der BFC Dynamo. Hinzu kommt der FC Oberlausitz Neugersdorf, der stark in die Saison gestartet ist, den aber zu Beginn keiner auf dem Zettel hatte.

Am Sonntag treten Sie mit Ihrer Mannschaft beim FC Oberlausitz Neugersdorf zum Spitzenspiel an. Ihre Meinung zum Aufsteiger?

Baumgart: Neugersdorf verfügt über eine sehr starke Mannschaft. Es ist vor allem ein sehr erfahrenes Team, bei dem der Großteil der Spieler jenseits der 30 Jahre ist. Sie kommen alle aus einer guten Fußballschule, mein alter Kumpel Vragel da Silva leistet dort hervorragende Arbeit. Ich war beim 4:0-Heimerfolg von Oberlausitz gegen die U 23 von Hertha BSC selbst vor Ort. Der FCO fährt nicht nur positive Ergebnisse ein, sondern spielt auch noch richtig guten Fußball. Daher erwartet uns am Sonntag eine schwierige Aufgabe.

Es kommt dabei zum Wiedersehen mit Ihrem ehemaligen Mitspieler Vragel da Silva, der Trainer in Neugersdorf ist. Eine besondere Partie für Sie?

Baumgart: Auf jeden Fall. Vragel war in Cottbus nicht nur mein Mitspieler, sondern ist auch ein guter Freund von mir geworden. Ich freue mich sehr für seinen Erfolg als Trainer. Wir beide lassen ähnlichen Fußball spielen, ticken ähnlich. Vragel wird sagen, wir sind der Favorit. Ich sage, wir sind es nicht (lacht). Wir sind beide heiß auf die Begegnung. Man darf gespannt sein, welcher Matchplan am Ende aufgeht.

Hatten Sie während der vergangenen Jahre Kontakt?

Baumgart: Wie es unter Fußballern nun einmal so ist: Mal mehr, mal weniger. Es ist nicht so, dass wir uns regelmäßig treffen. Das ist auch zeitlich gar nicht möglich. Allerdings stehen wir bei den Lausitzer Legenden , der Traditionsmannschaft des FC Energie Cottbus, hin und wieder noch gemeinsam auf dem Platz.