Verrückte Aufholjagd |13.11.2015|21:30

7:6 nach 1:6 - Weitefelds irre 26 Minuten

Michael Bartholomäus (2. Reihe, 1.v.l.) schimpfte nach dem Schlusspfiff erst einmal mit seiner Mannschaft. [Foto: JSG Weitefeld]

Wer in der 64. Minute mit 1:6 zurückliegt, rechnet sich nur selten noch Chancen auf einen Sieg aus. Die JSG Weitefeld schaffte im Rheinland-Pokal dieses Wunder und bejubelte in der 94. Minute den Siegtreffer in einem völlig verrückten Spiel. Warum Michael Bartholomäus nach dem Schlusspfiff dennoch schimpfte? Wir haben mit dem Trainer der erfolgreichen A-Junioren gesprochen.

Mit 1:3 gingen die A-Junioren der JSG Weitefeld beim Spiel gegen die JSG Güllesheim in die Kabine. Trainer Michael Bartholomäus zweifelte trotzdem nicht am Einzug ins Achtelfinale des IKK Rheinlandpokals . "Das gewinnen wir", schwor er sein Team auf die zweite Halbzeit gegen den eine Liga tiefer spielenden Gegner ein.

"Ihr seid verrückt, aber ich bin stolz auf Euch!"

Was er dann auf dem Feld sah, kann Bartholomäus immer noch nicht fassen. Direkt nach dem 1:4 vertändelte seine Mannschaft den Ball. Die anschließende Ecke brachte das 5:1 für die Gastgeber und nur eine Minute später fiel ein Spieler der JSG Weitefeld unbedrängt über den Ball - 1:6. "Ich wusste nicht, dass man in drei Minuten drei Gegentore kassieren kann." Auch sein Co-Trainer Sascha Kühne fragte ungläubig: "Sind wir bei der versteckten Kamera?"

Sieg in letzter Sekunde

In der 64. Minute startete dann die verrückte Aufholjagd. David Floris verkürzte auf 2:6, doch die Spieler jubelten nicht lange, sondern schnappten sich sofort den Ball und brachten ihn zum Anspielpunkt. "Ich wusste, dass wir in der Lage sind, dieses Spiel noch zu drehen", sagt Bartholomäus. Danach ging es Schlag auf Schlag. In der 85. Minute fiel schließlich der Ausgleich für Weitefeld. 6:6. Drei weitere hochkarätige Chancen ließen die A-Junioren im Anschluss liegen.

Dann die Nachspielzeit. Freistoß für Güllesheim. Sollte die verrückte Aufholjagd mit einem Gegentreffer in der letzten Sekunde enden? Mitnichten. Weitefeld kam an den Ball, der Schiedsrichter ließ den Konter noch laufen und Jannik Weber netzte zum umjubelten Siegtreffer ein. Abpfiff. "Meine Jungs waren nicht mehr zu halten", berichtet Bartholomäus.

Erst Wutrede, dann Lob

Statt sich mit seinen Spielern zu freuen, schimpfte der Trainer jedoch ganze drei Minuten lang mit seinen Schützlingen: "Ich habe meiner Wut freien Lauf gelassen!" Zu geschockt sei er noch gewesen vom bitteren Dreierpack innerhalb von drei Minuten. Nach der Wutrede fand Bartholomäus allerdings auch lobende Worte für sein Team: "Ihr seid verrückt, aber ich bin stolz auf Euch!"

Schielt der Trainer angesichts dieser Charakterstärke nun sogar auf den Pokaltriumph? "Nein, der Pokal ist für uns ein Bonus, bei dem Spieler Einsatzzeiten bekommen, die in der Liga wenig spielen." In der Rheinlandliga tut sich der Aufsteiger noch schwer. In vier Spielen unterlag die JSG Weitefeld jeweils mit nur einem Tor Unterschied. "Uns fehlt im Moment das Glück, aber ich bin optimistisch, dass wir den Klassenerhalt schaffen", so Bartholomäus. Wie sich Glück auch erzwingen lässt, stellte sein Team im packenden Pokalfight eindrucksvoll unter Beweis.