„Mega-Talent“ Kucukovic: Neustart in Liga 4
Für den Hamburger SV und Trainer Thomas Doll stürmte Mustafa Kucukovic in der Bundesliga, im Nationaltrikot für die deutsche U 21. [Foto: Fotos Getty Images, Collage FUSSBALL.DE]
Einst wurde er „Mega-Talent“ genannt, jetzt meldet sich Ex-Bundesligaprofi Mustafa Kucukovic aus einer rund eineinhalbjährigen Verletzungspause zurück. Der 29-jährige Offensivspieler heuert in der Regionalliga Nord beim Lüneburger SK Hansa an. „Mucki“ Kucukovic war seit Januar 2015 vereinslos. Zuvor war er für den FC Hansa Rostock am Ball. Weitere Stationen waren unter anderem der FC Energie Cottbus, TSV 1860 München, Hamburger SV und die SpVgg Greuther Fürth. Ausgebildet wurde der in Bosnien geborene Kucukovic beim VfL Bochum und beim FC Schalke 04. Insgesamt kommt er auf 14 Bundesliga-, 55 Zweitliga- und 30 Drittliga-Einsätze.
Im aktuellen FUSSBALL.DE - Regionalliga-Interview der Woche spricht Mustafa Kucukovic über sein Comeback, die Gründe für den Wechsel zum Lüneburger SK und den Verlauf seiner Karriere.
FUSSBALL.DE: Nach über einem Jahr sind Sie zurück auf dem Fußballplatz. Wie groß ist die Freude darüber, Herr Kucukovic?
Mustafa Kucukovic: Riesig! Dass ich wieder spielen kann, ist für mich keine Selbstverständlichkeit. Ich bin dankbar, dass mir der Lüneburger SK diese Möglichkeit gibt. Ich denke, dass ich schnell wieder reinkommen werde. Ich habe permanent Sport betrieben, habe ein gutes Gefühl.
"Ich bin 29 Jahre. Das ist eigentlich kein Alter, um die Schuhe an den Nagel zu hängen"
Warum hatten Sie so lange keinen Verein?
Kucukovic: Nach meinem Vertragsende beim FC Hansa Rostock hatte ich mit hartnäckigen Adduktorenproblemen zu kämpfen. Ich wusste nicht, ob ich in zwei Wochen oder vier Monaten wieder spielen konnte. Es hat sich dann nichts ergeben, was für mich Sinn gemacht hätte. Das Ausland war keine Option, weil ich in der Nähe meines neunjährigen Sohnes Joe bleiben wollte. Er wohnt mit meiner ehemaligen Partnerin Jenny, zu der ich nach wie vor ein gutes Verhältnis habe, in Hamburg. Daher passte das Angebot aus Lüneburg besonders gut. Bis nach Hamburg sind es gerade einmal knapp 50 Kilometer. Jetzt kann ich meinen Sohn, der selbst Fußball beim ETV Hamburg spielt, noch häufiger sehen. Ich bin derzeit in Hamburg auf Wohnungssuche.
Wie sehr haben Sie den Fußball vermisst?
Kucukovic: Als ich noch verletzt war, hat es sich für mich zwar nicht gut angefühlt, es war aber okay. Irgendwann kam aber der Zeitpunkt, an dem ich unbedingt wieder auf den Rasen wollte. Ich bin 29 Jahre. Das ist eigentlich kein Alter, um die Schuhe an den Nagel zu hängen.
Jetzt also der Lüneburger SK in der 4. Liga. Wie kam der Kontakt zu Stande?
Kucukovic: Durch meine Berateragentur gab es schon vor knapp einem Jahr losen Kontakt. Damals wusste ich aber nicht, wann ich wieder fit bin und dem Klub helfen kann. Jetzt ist das anders. Die Gespräche mit den Verantwortlichen um Trainer Elard Ostermann waren hervorragend. Der Klub ist sehr familiär. Das gefällt mir.
Welche Ziele verfolgen Sie mit dem LSK?
Kucukovic: Zunächst einmal geht es für mich darum, Anschluss zu finden und die Abläufe kennenzulernen. Ich möchte meine Erfahrungen einbringen und den vielen jungen Spielern zur Seite stehen. Das ist eine neue Rolle für mich. Ich erinnere mich noch gut an meine Anfangszeit beim Hamburger SV. Damals haben mir gestandene Spieler wie Tobias Zott oder Riccardo Baich Tipps gegeben. Mir hat das immer geholfen.
Worauf müssen Sie sich in der Regionalliga besonders einstellen?
Kucukovic: Ich erwarte kampfbetonte Begegnungen. Die Liga ist allerdings auch voll von jungen und talentierten Spielern, die den Sprung nach oben schaffen wollen und können. Einige von ihnen wollen es mir sicher beweisen. Das ist okay, ich war früher genauso. Darüber mache ich mir keinen großen Kopf.
Nach Ihrem Wechsel vom VfL Bochum zum Hamburger SV galten Sie als Top-Talent im deutschen Fußball. Warum hat es nicht mit der ganz großen Karriere geklappt?
Kucukovic: Schwer zu sagen. Mit den Erfahrungen von heute würde ich sicher mehr Bundesliga-Spiele auf dem Buckel haben (lacht) . Vielleicht war ich damals ein Stück weit zu ehrgeizig. Wenn ich nicht gespielt habe, dachte ich sofort, ich versuche es besser woanders. Trotzdem bin ich nicht unzufrieden mit dem, was ich erreicht habe.
An welche Situation erinnern Sie sich ganz besonders gerne zurück?
Kucukovic: Ganz klar an meinen ersten und einzigen Bundesliga-Treffer für den HSV zum 1:1-Endstand im Derby beim SV Werder Bremen. Ich wurde damals in der 66. Minute eingewechselt, eine Minute später stand ich goldrichtig und schob ein. Das war ein überragendes Gefühl.
Könnte Lüneburg auch ein Sprungbrett sein, um doch noch einmal höher anzugreifen?
Kucukovic: Mit dieser Einstellung gehe ich die Sache nicht an. Mein Fokus liegt darauf, meine Leistung zu bringen und dem LSK so gut wie möglich zu helfen.
Sie steigen beim LSK erst Mitte August ein. Warum?
Kucukovic: Ich bin aktuell noch bei der Stadt Essen als Sozialbetreuer für Flüchtlinge angestellt. Mein Arbeitgeber ist mir bereits weit entgegenkommen. So schnell komme ich aus meinem Vertrag aber dann doch nicht heraus.
Wer hat Ihnen eigentlich Ihren Spitznamen „Mucki“ gegeben?
Kucukovic: Ich weiß es schon gar nicht mehr. Das war zu meiner Grundschulzeit. Seitdem nennen mich alle so.