Kubanischer Ex-Nationalspieler in Berlin-Liga
Noch vor wenigen Jahren spielte Alianni Urgellés Montoya im Gold Cup gegen die USA, heute steht er in der Berlin-Liga auf dem Platz. [Foto: Imago]
Als Alianni Urgellés Montoya im Oktober 2014 sein Debüt im Berliner Fußball gab, muss es ein ganz schöner Schock für den Kubaner gewesen sein. Erst wenige Wochen zuvor war er aus seiner Heimat nach Deutschland gezogen und alles war neu: die Sprache, die Kultur, die Stadt und nicht zuletzt der Fußball. In Kuba hatte Urgellés für den FC Guantánamo in der ersten Liga gespielt und war Nationalspieler. Über 40 Spiele bestritt er für sein Land und nahm 2011 und 2013 sogar am Gold Cup, der Nord- und Mittelamerikameisterschaft teil. Dort spielte er gegen Mexiko mit dem Leverkusener Javier Hernández und gegen Jürgen Klinsmanns US-Team.
"Bei 20 Grad fängt bei ihm der Winter an und du siehst ihn nur noch mit Schal und Pudelmütze"
Der Unterschied hätte nicht größer sein können: Statt Profifußball hieß es nun 8. Liga, aus 80.000 Zuschauern beim Gold Cup in Dallas gegen Costa Rica wurden bei den Heimspielen der DJK Schwarz-Weiß Neukölln meist um die 100 Fans. „Da ist die Stimmung schon anders“, erzählt Urgellés, auch wenn das seiner Begeisterung für den Fußball keinen Abbruch tut. Nach dem Durchmarsch von der Bezirks- in die Berlin-Liga und knapp 50 Toren für die Neuköllner hat der 31-Jährige im Sommer den Verein gewechselt. Mit SD Croatia steht der Kubaner momentan auf Platz zwei der Berlin-Liga.
Doch wie landet man im Berliner Amateurfußball, wenn man ein Jahr zuvor noch beim Gold Cup gespielt hat? „Ich habe die Liebe gefunden“, sagt Urgellés. Am Flughafen von Havanna traf er seine jetzige Frau, eine Deutsche, die dort Urlaub machte. Mittlerweile ist Urgellés in Berlin gut integriert. Nach einigen Sprachkursen ist sein Deutsch passabel und demnächst möchte der studierte Sportlehrer an einer Berliner Schule anfangen.
Angebot eines Drittligisten
Seinen Umzug nach Deutschland bereut Urgellés nicht. „Berlin ist eine tolle Stadt“, sagt die Frohnatur mit den auffälligen Dreadlocks. Die vielen verschiedenen Kulturen hätten ihm die Eingewöhnung einfach gemacht. Mit einer Sache kann sich der Kubaner aber auch im dritten Jahr nicht anfreunden. „Das Wetter“, sagt Urgellés und man hört ihn dabei schon fast zittern. Sein ehemaliger Trainer bei der DJK kann von Urgellés' Winteraversion ein Lied singen. „Alianni friert eigentlich immer. Bei 20 Grad fängt bei ihm der Winter an und du siehst ihn nur noch mit Schal und Pudelmütze“, sagt Heiko Lambert.
Der DJK-Trainer war es auch, der den Kubaner vom Mittelfeldspieler zum Stürmer umfunktionierte. Mit seiner Dynamik, Spielintelligenz und Wucht sei er dort einfach viel wichtiger als auf der Sechs. „Jetzt, wo er weg ist, merkt man noch mehr, wie wichtig er für uns war“, so Lambert, „er hat Tore aus dem Nichts gemacht.“
Seiner alten Mannschaft ist Urgellés immer noch sehr verbunden, bei Croatia fühlt er sich trotz einiger Anlaufschwierigkeiten aber wohl. „Wir haben ein sehr gutes Team“, sagt der Kubaner, der fußballerisch noch einige Ziele hat. Als er 2014 nach Deutschland kam, hatte er nach eigener Aussage auch ein Angebot von einem Drittligisten, entschied sich jedoch für seine Familie und Berlin.
Sehnsucht nach großen Stadien
Hin und wieder hört man jedoch heraus, dass ihm der große Fußball fehlt. Die Zuschauerzahlen in Kubas 1. Liga sind zwar eher bescheiden, die Teilnahmen am Gold Cup waren jedoch echte Highlights. „Vor so vielen Zuschauern zu spielen war schon etwas Besonderes“, erzählt Urgellés.
Auch wenn seine Frau und die neunmonatige Tochter an erster Stelle kommen, spielt der Fußball auch mit 31 Jahren noch eine große Rolle. „Es war immer mein Traum, außerhalb Kubas Profi zu sein“, sagt Urgellés lachend, „und ich träume noch.“