Holtby: "Bundesliga? Träumen darf man immer!"
Mit Rödinghausen eine feste Kraft in der Regionalliga: Joshua Holtby. [Foto: imago]
Inmitten einst ruhmreicher Traditionsvereine mit Bundesliga-Vergangenheit wie Rot-Weiss Essen, Rot-Weiß Oberhausen, Alemannia Aachen oder die SG Wattenscheid 09 hat sich in der Regionalliga West ein Verein etabliert, den vor ein paar Jahren noch niemand kannte: Der SV Rödinghausen, erst 1970 aus einer Fusion gegründet und 2010 noch Kreisligist, hat einen rasanten Aufstieg hinter sich. Die Erfolgsgeschichte des kleinen Klubs aus dem tiefsten Ostwestfalen erinnert an LR Ahlen, den Vorgängerverein des heutigen Regionalligisten Rot-Weiss Ahlen, der vor zwei Jahrzehnten sogar bis in die 2. Bundesliga vorpreschte.
So weit wird es Rödinghausen wohl nicht schaffen, dennoch ist der SVR inzwischen zu einer attraktiven Adresse für richtig gute Kicker geworden – auch solche mit einem prominenten Nachnamen wie Joshua Holtby . Warum der 20-Jährige seinen sechs Jahre älteren Bruder, den HSV-Profi und Ex-Nationalspieler Lewis Holtby, als Mentor sieht und das kleine Rödinghausen nicht unbedingt nur als Durchgangsstation, verrät er im Interview mit FUSSBALL.DE .
FUSSBALL.DE: Joshua Holtby, was hat Sie ausgerechnet nach Rödinghausen verschlagen?
Joshua Holtby: Nachdem ich in der Mönchengladbacher U 23 für mich keine Perspektive gesehen habe und den Wunsch geäußert habe wechseln zu dürfen, hat mir ein ehemaliger Mitspieler ein wenig bei dem Kontakt nach Rödinghausen und zum dortigen Co-Trainer Andy Steinmann geholfen. Der Verein hatte mich schon auf dem Zettel und dann haben mir die ersten Gespräche mit den Verantwortlichen in Rödinghausen gleich ein gutes Gefühl gegeben. Ich fühlte mich dort von Anfang an willkommen und man hat mir eine super Perspektive aufgezeigt.
"Mit Lewis und seinen Jungs bei uns auf der Gerderather Asche zu spielen, war eine gute Schule für mich und hat mich härter gemacht"
Rödinghausen ist aber ganz schön weit weg von Ihrer Heimat Erkelenz beziehungsweise Ihrem langjährigen Klub Borussia Mönchengladbach.
Holtby: Ja, das stimmt. Anfangs war es auch ziemlich hart für mich, weg von zu Hause zu sein. Das erste Mal seit 20 Jahren! Doch inzwischen habe ich mich hier sehr gut eingelebt. Ich wohne in Bünde und nur ein paar Häuser weiter wohnen meine beiden Mannschaftskollegen Azur Velagic und Koray Kacinoglu. Mit ihnen verbringe ich die meiste Zeit, wir haben viel Spaß zusammen – aber natürlich vermisse ich meine Heimat und meine Familie.
Wie läuft's für Sie persönlich beim SVR?
Holtby: Sehr gut, ich habe bisher neun Einsätze zu verzeichnen, wenn auch nicht alle von Beginn an. Wir haben einen starken Kader zusammen und große Konkurrenz auf jeder einzelnen Position. Da ist es für einen jungen Spieler wie mich nicht selbstverständlich zu spielen. Im Gegenteil, für mich ist es mit meinen erst 20 Jahren ein großes Privileg, in der Regionalliga auflaufen zu dürfen, das gibt mir viel Kraft. Wichtiger ist ohnehin, dass wir als gesamte Mannschaft gut funktionieren und das tun wir. Nach einem schwachen Start sind wir gut in die Spur gekommen und mit dem aktuellen Platz sieben sehr zufrieden.
Ist der Verein für Sie trotzdem nur eine Durchgangsstation oder wollen Sie mit Rödinghausen weiter nach oben?
Holtby: Mein Vertrag läuft erst mal bis zum Saisonende und dann muss man weiter sehen. Ich fühle mich hier sehr wohl und bin dem Verein sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit bekommen habe hier zu spielen. Es war bis jetzt absolut der richtige Schritt für meine Entwicklung. Ich möchte mich jetzt auch erst mal nur darauf konzentrieren, mich weiter entwickeln und im Training und Spiel gute Leistungen bringen. Alles andere wird sich dann schon ergeben.
In Mönchengladbach haben Sie noch von der Bundesliga geträumt ...
Holtby: Träumen darf man immer! Natürlich ist mein großes Ziel nach wie vor, so hoch wie möglich zu spielen. Allerdings sieht man ja in der Bundesliga, dass die Talente immer jünger werden und schon mit 17 oder 18 ganz oben spielen – wie Felix Passlack zum Beispiel. In Mönchengladbach habe ich nach zwölf Jahren in der Jugend und einer Saison in der U 23 keine Perspektive mehr gesehen. Das letzte Jahr dort war zwar für mich sehr lehrreich, hat mir aber auch gezeigt, dass ich etwas anders versuchen muss. Der Weggang nach insgesamt 13 Jahren war zwar sehr hart für mich, musste aber sein, um mich weiter entwickeln zu können.
Ihr Bruder Lewis hat mit bereits mit 17 in der zweiten und mit 19 in der ersten Bundesliga debütiert. Ist er Ihr größtes Vorbild?
Holtby: Auf jeden Fall! Sein Werdegang zeigt, wo man mit harter Arbeit und viel Willen hinkommen kann. Ich bin ich sehr stolz auf Lewis und habe ihn immer als meinen Mentor angesehen. Wir spielen ja beide im Mittelfeld und man sieht auch auf dem Platz, dass wir Brüder sind, haben einen ähnlichen Laufstil. Schon früher, als wir Kinder waren, hat er mich immer zum Fußball mitgenommen, obwohl ich sechs Jahre jünger bin als er. Von uns zu Hause in der Spartastraße bis zum Vereinsgelände von Sparta Gerderath waren es ja nur 200 Meter. Mit ihm und seinen Jungs bei uns auf der Gerderather Asche zu spielen, war eine gute Schule für mich und hat mich nur härter gemacht.
Wie eng ist heute der Kontakt zu Ihrem Bruder?
Holtby: Da wir ein paar hundert Kilometer auseinander wohnen, können wir uns leider nicht so oft sehen, aber wir schreiben uns täglich Nachrichten oder zocken online auf der Playstation FIFA. Da gewinne ich meistens (lacht) .