Aufsteiger |19.10.2017|15:00

HSV im Nacken: Das Wunder von Jeddeloh

Spitzenduell: Nils Laabs (links) im Zweikampf mit Matti Steinmann vom HSV II. [Foto: imago]

Mit Aufsteiger SSV Jeddeloh sorgt Stürmer Nils Laabs in der Regionalliga Nord seit Wochen für Furore. Dank sieben Siegen in Folge katapultierte sich der Liganeuling auf Platz zwei und mischt in der Spitzengruppe mit. Der 33-jährige Routinier Laabs ist mit sieben Toren und fünf Vorlagen der beste Scorer im Team aus der 1300 Einwohner-Gemeinde im niedersächsischen Landkreis Ammerland.

Im aktuellen FUSSBALL.DE -Interview spricht Nils Laabs über die Gründe für die Siegesserie des Aufsteigers, einen möglichen Aufstieg in die 3. Liga, die Rivalität zum benachbarten VfB Oldenburg und das anstehende Topspiel gegen den Titelaspiranten SC Weiche Flensburg.

FUSSBALL.DE: Mit Aufsteiger SSV Jeddeloh gewannen Sie zuletzt siebenmal in Serie. Warum läuft es aktuell so gut, Herr Laabs?

Nils Laabs: Das hat mehrere Gründe. Zunächst einmal ist die mannschaftliche Geschlossenheit hervorragend. Jeder kämpft für jeden und es gibt keine Gruppierungen innerhalb des Teams. Außerdem haben wir die nötige Gelassenheit, um eine solche Serie hinzulegen. Wir können frei aufspielen und verspüren - anders als vielleicht andere Mannschaften - nicht den Druck, oben stehen zu müssen. Und klar: Das gewisse Quäntchen Glück ist auch dabei, wenn man so viele Spiele in Folge gewinnt.

"Fakt ist aber, dass jeder im Verein und im Umfeld des Klubs Bock darauf hat, mit dem SSV Jeddeloh so erfolgreich wie möglich zu arbeiten. Der Aufstieg ist aber erst einmal utopisch. Wir tun gut daran, uns zunächst einmal nicht damit auseinander setzen"

In der Tabelle rückte Jeddeloh bis auf Rang zwei vor und ist erster Verfolger von Spitzenreiter Hamburger SV U 21. Hat die Mannschaft das Potenzial, in der Spitzengruppe mitzumischen?

Laabs: Wir haben auf jeden Fall genug Qualität in der Mannschaft, um uns im oberen Tabellendrittel festzubeißen. Dennoch ist es nicht unser erstes Ziel, uns in der Spitzengruppe zu etablieren. Der Klassenverbleib hat weiter Priorität. Und wir sind auf einem guten Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

Für Sie stehen sieben Saisontore und fünf Vorlagen zu Buche. In der zurückliegenden Spielzeit erzielten Sie für den Oberligisten Bremer SV bei 33 Einsätzen 34 Tore. Trotz Ihres fortgeschrittenen Alters: Befinden Sie sich in der Form Ihres Lebens?

Laabs: Nein, das würde ich nicht sagen. Das Zusammenspiel mit meinen Mitspielern funktioniert einfach klasse. Ich glaube, dass Kevin Samide und Dennis Engel so gut wie alle meine Treffer vorbereitet haben. Sie kennen meine Laufwege und wissen, wie sie mich anspielen müssen. Ohne die Beiden wäre eine so gute Torausbeute nicht möglich. Dass ich früher selten so eine gute Torquote wie in der vergangenen und in dieser Saison hatte, liegt daran, dass ich nicht immer Stürmer war. Ich habe lange im defensiven und offensiven Mittelfeld gespielt. Jetzt sind die Wege zum gegnerischen Tor deutlich kürzer. Da ist es logisch, dass ich zu mehr Tormöglichkeiten komme.

Beim Bremer SV und zuvor beim FC Oberneuland spielten Sie mit Ihrem jüngeren Bruder Ole zusammen. Wieso haben Sie sich dazu entschieden, noch einmal eine neue Herausforderung anzunehmen?

Laabs: Ole und ich hatten das große Ziel, zusammen in die Regionalliga aufzusteigen. Und es war auch mein eigener Antrieb, noch einmal höherklassig zu spielen. Schon während der abgelaufenen Spielzeit hatte ich hin und wieder Kontakt zu Spielern aus Jeddeloh. Viele kannte ich bereits aus meiner Zeit beim VfB Oldenburg. Sie sagten mir, dass so ein Typ wie ich noch im Team benötigt würde. Als es dann beim Bremer SV nicht mit dem Aufstieg geklappt hat und Jeddeloh den Sprung in die Regionalliga Nord schaffte, wurde aus einer Schnapsidee Realität. Ich bin froh, beim SSV noch einmal viertklassig spielen zu dürfen.

Wie kommt es dazu, dass viele Spieler vom VfB nach Jeddeloh wechseln?

Laabs: Das liegt vor allem an der räumlichen Nähe. Von Oldenburg nach Jeddeloh fährt man maximal 20 Minuten. Für Spieler, die sich beim VfB nicht durchsetzen können, aber in der Region leben und arbeiten, ist ein Wechsel zum SSV unkompliziert. So können sie im Umfeld bleiben und werden nicht dazu gezwungen, sich für ein Engagement bei einem neuen Verein räumlich zu verändern.

Aktuell rangiert Jeddeloh 15 Punkte vor dem „großen“ Nachbarn VfB Oldenburg. Damit hätte bei Ihnen auch niemand gerechnet, oder?

Laabs: Definitiv nicht. Vor der Saison wären wir bereits glücklich darüber gewesen, wenn wir zum jetzigen Zeitpunkt ungefähr genauso viele Zähler wie der VfB gehabt hätten. Um ehrlich zu sein, war das auch eines unserer internen Ziele. Wir wollten mit Oldenburg mithalten und vor allem im Derby überzeugen. Und das hat ja beides bisher hervorragend funktioniert.

Das kann man wohl sagen. Im Lokalduell gegen Oldenburg gab es Ende September einen 2:0-Heimerfolg. Wie groß ist die Rivalität zwischen den beiden Vereinen?

Laabs: Die Partie ist sicher nicht mit Derbys wie Schalke gegen Dortmund oder Köln gegen Gladbach zu vergleichen. (lacht) Es ist aber mit Sicherheit für beide Klubs ein besonderes Spiel, auf das man hinfiebert.

Für den Fall, dass Jeddeloh bis Saisonende oben mitspielen sollte: Wäre ein Aufstieg finanziell überhaupt realisierbar?

Laabs: Das ist für mich als Spieler schwer einzuschätzen. Fakt ist aber, dass jeder im Verein und im Umfeld des Klubs Bock darauf hat, mit dem SSV Jeddeloh so erfolgreich wie möglich zu arbeiten. Der Aufstieg ist aber erst einmal utopisch. Wir tun gut daran, uns zunächst einmal nicht damit auseinander setzen.

Gehen wir dennoch einmal von einem Aufstieg aus: Wäre dann ein Umzug in das Stadion des VfB Oldenburg als Heimspielstätte denkbar?

Laabs: Wie die Vereinsplanungen dann wären, weiß ich nicht. Aber klar: Es würde sich irgendwo anbieten, zunächst einmal in das große Stadion des benachbarten VfB Oldenburg auszuweichen. Allerdings würde ich mir wünschen, dass man sich dann für die interne Lösung entscheidet und sich so schnell wie möglich um den Ausbau der eigenen Spielstätte kümmert.

Am Samstag steht das Spitzenspiel gegen den SC Weiche Flensburg 08 an. Im Gegensatz zu Jeddeloh hat Flensburg das klare Ziel, in die 3. Liga aufzusteigen. Was ist nötig, um die Siegesserie fortzusetzen?

Laabs: Wichtig ist, dass wir uns nicht auf unserer Siegesserie ausruhen. Gegen Flensburg müssen wir wieder alles abrufen. Der SC Weiche hat eine erfahrene Mannschaft, die im Sommer nicht allzu viele Abgänge hinnehmen musste und eingespielt ist. Wir waren zuhause bisher aber meistens sehr stark und haben erst eine Partie verloren. Wenn wir an die Leistungen aus unseren zurückliegenden Heimspielen anknüpfen, bin ich guter Dinge, dass wir zumindest nicht verlieren werden.

Wer ist Ihrer Meinung nach der größte Titelfavorit?

Laabs: Ich finde, dass die U 21 des Hamburger SV zurecht Spitzenreiter ist und die besten Chancen hat, Meister zu werden. Von unseren bisherigen Gegnern war der HSV-Nachwuchs der stärkste. Gleich dahinter kommt aber die U 23 des VfL Wolfsburg . Wie gut Flensburg ist, kann ich nach unserem Spiel gegen den SC Weiche am Samstag besser beurteilen.