Jeddelohs Riebau: "Bis 7 Uhr durchgefeiert"
Jeddeloh-Trainer Riebau: "Wir freuen uns auf zwei fantastische Tage - am Finaltag und im DFB-Pokal."[Foto: imago/Andre van Elten]
Der SSV Jeddeloh aus der Regionalliga Nord hat es geschafft. Der Dorfklub aus der kleinen Gemeinde Edewecht (1353 Einwohner) in der Nähe von Oldenburg hat sich erstmals in seiner Vereinsgeschichte für den DFB-Pokal qualifiziert. Mit dem 7:6 nach Elfmeterschießen beim Oberligisten Arminia Hannover zog der Aufsteiger, der in seiner ersten Regionalliga-Saison aktuell auf Platz fünf rangiert, ins Endspiel um den Niedersachsenpokal im Rahmen des Finaltags der Amateure am Pfingstmontag, 21. Mai, ein. Da im Niedersachsenpokal beide Finalisten am DFB-Pokal teilnehmen (neben Jeddeloh auch Ligakonkurrent SV Drochtersen/Assel), ist die Qualifikation schon jetzt fix. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Jeddelohs erst 27 Jahre alter Trainer Key Riebau über den historischen Erfolg, die Party danach sowie die Entwicklung in und um dem Verein.
FUSSBALL.DE: Der SSV Jeddeloh ist erstmals in der Vereinsgeschichte im DFB-Pokal dabei. Wie kurz war die Nacht auf Ostermontag, Herr Riebau?
Key Riebau: Sehr kurz. (lacht) Nach unserer Rückkehr nach Jeddeloh haben wir in unserer Vereinsgaststätte lange mit den Fans gefeiert. Danach sind wir mit vielen Spielern noch weitergezogen und haben verschiedene Partys angesteuert. Manche Jungs haben bestimmt bis sechs oder sieben Uhr durchgefeiert. Nach diesem großartigen Triumph hatten sie sich das aber auch verdient.
Die Entscheidung im Halbfinale beim Oberligisten Arminia Hannover fiel erst im Elfmeterschießen. Fühlen Sie sich immer noch wie 27 oder sind Sie während des Spiels gealtert?
"Es entsteht gerade eine kleine Fankultur in unserem Verein."
Riebau: Ein paar graue Haare habe ich - glaube ich - schon bekommen. (lacht) Aber das gilt nicht nur für mich. In einem so emotionalen Spiel mit derartig vielen Höhen und Tiefen sind viele Personen am Spielfeldrand gefühlt um ein paar Jahre gealtert.
Am „Finaltag der Amateure“ bekommen Sie nun deutschlandweite Aufmerksamkeit. Das Endspiel gegen Ligakonkurrent SV Drochtersen/Assel wird am Pfingstmontag, 21. Mai, in einer ARD-Konferenz mit allen anderen Landespokalendspielen übertragen. Für den „Dorfklub“ Jeddeloh wird das sicher ein ganz großer Tag.
Riebau: Absolut. Wir freuen uns sogar schon auf zwei fantastische Tage. Das Endspiel am Finaltag der Amateure wird bereits grandios. Das DFB-Pokalspiel zu Beginn der neuen Saison ist dann das große Highlight, auf das wir schon jetzt hinfiebern.
Haben Sie einen Wunschgegner?
Riebau: Nein. Wir sind aber alle sehr gespannt, auf wen wir treffen werden. Schon die Auslosung wird für uns ein riesiges Event. Ich kann mir vorstellen, dass wir mit den Fans eine große Veranstaltung in unserer Vereinsgaststätte planen.
Erst 2017 stieg der Verein erstmals in die Regionalliga auf, Ihre Mannschaft ist Tabellenfünfter und jetzt im DFB-Pokal dabei. Viel besser hätte es in den vergangenen Monaten nicht laufen können, oder?
Riebau: Das stimmt. Was wir seit 2016 gemeinsam als Team geschafft haben, ist der Wahnsinn. Ich kann den Spielern, den Betreuern und allen anderen Mitarbeitern nur ein großes Lob aussprechen. Beeindruckend finde ich beispielsweise, wie kontinuierlich professionell in dieser Saison gearbeitet wird, obwohl durch das Absagenchaos regelmäßig sämtliche Planungen über den Haufen geworfen werden mussten.
Große Erfolge waren unter anderem auch die beiden Siege gegen den benachbarten Ex-Zweitligisten VfB Oldenburg (2:0 und 3:1). Müssen Sie sich beim Blick auf solche Ergebnisse manchmal noch kneifen?
Riebau: Wenn der "kleine" SSV Jeddeloh gegen den "großen" VfB Oldenburg gewinnt, dann ist das immer noch nicht selbstverständlich und wir freuen uns ungemein. Dennoch müssen wir uns nicht kleiner machen, als wir sind. Wir wussten schon vor der Saison, dass wir einen guten Kader haben, und dass wir das Potenzial besitzen, in der Regionalliga mitzuhalten.
Wie ist der steile Aufstieg des Vereins zu erklären?
Riebau: Es ist ja nicht so, dass der Aufstieg in die Regionalliga urplötzlich kam, nur weil wir ein Verein aus einer kleinen Gemeinde sind. Der SSV Jeddeloh hatte in der Oberliga schon zuvor zwei Jahre oben mitgespielt und wurde dadurch auch für Sponsoren attraktiver. Mit einem Zuwachs an Sponsoren bekamen wir finanziell ganz andere Möglichkeiten und konnten uns einen besseren Kader zusammenstellen. In der Oberligasaison 2016/2017 sind wir dann recht souverän Meister geworden. Im zurückliegenden Sommer haben wir es dann geschafft, das Team erneut gezielt zu verstärken. Wir sind schnell zu einer Einheit geworden und haben einen hervorragenden Teamspirit.
Wird mittelfristig daran gearbeitet, sich auch für einen möglichen Aufstieg in die 3. Liga zu rüsten?
Riebau: Die Strukturen des Klubs werden weiter professionalisiert und es werden neue Stellen geschaffen. Beispielsweise kümmert sich unser Spieler Aaron Thalmann ab sofort um die Sponsorenakquise, weil er damit auch hauptberuflich zu tun hat. Dennoch verfolgen wir nicht das Ziel, schon bald in der 3. Liga zu spielen. Wir müssen auch realistisch bleiben. Es gibt in der Regionalliga Nord noch genug Vereine, die sportlich, finanziell und infrastrukturell ganz anders aufgestellt sind als wir. Es geht für uns erst einmal darum, uns in der 4. Liga zu etablieren.
Ist es dem SSV Jeddeloh durch die jüngsten Erfolge auch gelungen, mehr Fans für den Verein zu begeistern?
Riebau: Definitiv. Es kommen mehr Zuschauer und wir erhalten von den Fans Anerkennung für unsere gute Arbeit und unseren attraktiven Fußball. Mittlerweile kommen auch Leute aus Oldenburg nach Jeddeloh, um sich unsere Spiele anzuschauen. Es entsteht gerade eine kleine Fankultur in unserem Verein. Das macht uns alle stolz.
Sie sind erst 27 Jahre alt, aber schon seit vielen Jahren im Trainerbereich tätig. Wie kam es dazu, dass Sie schon so früh als Trainer aktiv wurden?
Riebau: Ich war schon im Alter von 15 Jahren D-Jugendtrainer. Es hat mir viel Spaß bereitet, den Kids das Fußballspielen beizubringen und sie aktiv bei ihrer Entwicklung zu begleiten. Später bekam ich die Chance, bei der U 15 des VfL Oldenburg Co-Trainer von Stephan Ehlers (jetzt Cheftrainer VfB Oldenburg/Anm. d. Red.) zu werden. Mit Stephan hatte ich dann viele erfolgreiche Jahre. Als Trainergespann der U 19 des Jugendfördervereins (JFV) Nordwest verpassten wir zweimal nur knapp den Aufstieg in die Staffel Nord/Nordost der A-Junioren-Bundesliga.
Nach mehreren Spielzeiten als Assistent bei verschiedenen Vereinen wurden Sie 2016 Co-Trainer von Jeddeloh-Coach Thomas Schuhknecht. Nach dem Regionalliga-Aufstieg tauschten Sie die Rollen, jetzt ist er Ihr Assistent. Warum?
Riebau: Es gab bei uns schon in der vergangenen Saison keine klare Hierarchie im Trainerteam. Thomas und ich haben eng zusammengearbeitet und wir hatten intern die gleichen Befugnisse. Er war offiziell Cheftrainer, weil mir die nötige Lizenz dafür fehlte. Da ich in dieser Saison eine Sondergenehmigung vom Norddeutschen Fußballverband erhalten habe und im Mai meine A-Lizenz erwerben werde, konnten wir nun die Rollen tauschen. Das ändert aber nichts daran, dass Thomas weiterhin sehr gute Arbeit leistet und mir viel Arbeit abnimmt. Es war zwischen uns nie ein klassisches Trainer-/Co-Trainer-Verhältnis.
Ihre erste Saison als Cheftrainer läuft äußerst erfolgreich, den ursprünglich zum Saisonende auslaufenden Vertrag beim SSV haben Sie erst kürzlich bis 2019 verlängert. Was passiert danach?
Riebau: Wenn ich ehrlich bin, möchte ich noch gar nicht so weit in die Zukunft schauen. Ich bin gerade sehr glücklich darüber, dass ich auch im nächsten Jahr Trainer in Jeddeloh sein darf und ich mich als so junger Trainer in der Regionalliga beweisen kann. Klar ist aber, dass ich den Traum verfolge, eine Karriere als professioneller Fußballtrainer hinzulegen.
Hauptberuflich sind Sie Lehrer. Diesen Job würden Sie für Ihren Traum also aufgeben?
Riebau: Auch die Arbeit als Lehrer gefällt mir. Genau wie bei meinem Job als Fußballtrainer habe ich die Möglichkeit bekommen, schon sehr früh erste Berufserfahrungen zu sammeln. Wegen des Lehrermangels unterrichte ich parallel zu meinem Masterstudium in Sport und Lebensstil an einer Hauptschule die Fächer Sport und Deutsch. Aber ja: Sollte ich langfristig die Chance erhalten, mein Geld als Fußballtrainer zu verdienen, würde ich meinen Traum leben und vorerst nicht mehr Lehrer sein.