Kultverein |19.11.2018|14:00

Volldampf: die Lok aus Wengerohr-Belingen

Aufwendig wurde das Sportgelände in Ürzig hergerichtet - und natürlich auch das Vereinsbanner angebracht.[Foto: Lok Belingen]

Der Vereinsame „Lokomotive“ deutet eher auf Wurzeln in der damaligen DDR hin, auch den Elefanten im Wappen verbindet man nicht unbedingt mit einem Verein im Westen von Rheinland-Pfalz: Die Sportfreunde Lokomotive Wengerohr-Belingen haben auch abseits ihres Namens einige Besonderheiten zu bieten – und streben schon in der zweiten Saison nach ihrer Gründung den ersten Aufstieg der Clubgeschichte an.

Sie waren jahrelang bei anderen Vereinen in der Kreisstadt Wittlich oder in der Umgebung aktiv, fühlten sich dort aber nicht mehr richtig wohl – und wollten etwas Neues, Unverbrauchtes und Kultiges auf die Beine stellen: Jan Kohlei, Marius Becker, Michael Hoh, Marco Schneider, Shahid und Ijaz Zafar sowie Julian Fluck waren bei der Gründungsversammlung am 2. Januar 2017 die Männer der ersten Stunde. „Vorausgegangen waren einige Tüfteleien und Spinnereien, gerade, was den Vereinsnamen angeht“, berichtet Kohlei, der heutige Trainer der Seniorenmannschaft, die in der Kreisliga C I Mosel beheimatet ist, zur Winterpause von zehn Partien neun gewonnen hat und einmal remis spielte. Kohlei ist darüber hinaus im Vorstand sportlicher Leiter der Senioren- und auch der Juniorenabteilung, die seit dieser Spielzeit ein Bambini- sowie ein F-Juniorenteam umfasst.

Auf der Suche nach einem Vereinsnamen spielte man einige Wittlicher Stadtteile durch und blieb dann bei Belingen, einer Ortslage des knapp 3000 Einwohner zählenden Stadtteils Wengerohr, hängen. Hier haben die Gründungsmitglieder Kohlei und Schneider ihre Wurzeln. „In Wengerohr liegt der Hauptbahnhof von Wittlich – und der Elefant ist das Belinger Wahrzeichen, weil er vor Jahrzehnten hier mal das Motiv bei einem Fastnachtsumzug war. Deshalb ist er auch unser Maskottchen“, berichtet Kohlei.

„Bis wir im Sommer des vergangenen Jahres an den Start gehen konnten, musste noch eine Menge erledigt werden“, erinnert sich Marius Becker. Der 29-Jährige ist Angreifer der Sportfreunde und Vorsitzender in Personalunion. Sein Sturmkollege Michael Hoh ist zugleich sein Stellvertreter im Vorstand. Der 46-Jährige bekennt: „Vielleicht waren wir anfangs sogar etwas blauäugig, weil wir gar nicht im Einzelnen bedacht haben, was alles auf uns zukommt.“

"Wir hatten ja nichts – weder Spielerpässe, Trikots, noch Bälle, noch einen Sportplatz"

Die Formalitäten beim Amtsgericht, um so ins Vereinsregister eingetragen zu werden, mussten ebenso abgearbeitet werden wie die Regularien beim Fußballverband Rheinland. „Wir hatten ja nichts – weder Spielerpässe, Trikots, noch Bälle, noch einen Sportplatz“, erinnert sich Jan Kohlei an aufregende Anfangsmonate. Einen guten finanziellen Grundstock bildeten die Aktivitäten des vom Geselligkeitsverein Belingen ausgerichteten Pfingstfestes, als die von den Sportfreunden Lokomotive betreute Cocktailbar einen ordentlichen Erlös abwarf. „Hier kamen wir gleich auch mit unserem späteren Trikotsponsor in Kontakt“, erzählt Kohlei. Die Einnahmen aus einem anderen Fest vor wenigen Wochen füllten zusätzlich die Vereinskassen – nämlich das (L)-Oktoberfest

Erst kurz vor dem Start in die vergangene Saison war klar, dass man den zwischenzeitlich verwaisten Sportplatz im benachbarten Ürzig nutzen kann. Wochenlang wurde die Anlage wieder hergerichtet, das Vereinsheim entrümpelt und mit einer neuen Küche versehen. Das erste Spiel hatte man noch in geliehenen Trikots austragen müssen. Danach kam die Lok aus Wengerohr-Belingen aber immer mehr ins Rollen, wurde am Ende Tabellenvierter und schrammte nur ziemlich knapp am Aufstieg vorbei. Nunmehr fühlen sich Jan Kohlei und sein Team reif für den Schritt in die B-Klasse. Viel wichtiger ist für die Verantwortlichen aber die gesamte Entwicklung im Verein. „Klar wollen wir mal hoch“, sagt Clubchef Becker, „entscheidend ist aber die Nachhaltigkeit“, fügt er an. Die Jugendmannschaften durchgängig von der A-Jugend bis hinunter zu den Bambini eines Tages besetzt zu haben, ist eines der zentralen Ziele bei der Lok.

„Dass wir auf die Dauer nur mit einer eigenen Jugend eine feste Basis haben können, ist eine der Botschaften, die wir aus einem Vereinsdialog gewonnen haben, an dem vor knapp einem Jahr auch Walter Desch, der Präsident des Fußballverbandes Rheinland, teilnahm“, berichtet Becker.

Inzwischen hat die Lok schon rund 100 Mitglieder. Der Kader der Seniorenmannschaft platzt aus allen Nähten und umfasst gut 20 Spieler, so dass einige sonntags gar nicht nominiert werden können.

Die Mitglieder und allen weiteren Fußballfreunde aus dem Spielkreis Mosel werden auch durch den Youtube-Kanal „LokTV“mit Berichten von der Vorbereitung oder den Spielen auf dem Laufenden gehalten. Hier fungiert Tausendsassa Kohlei als Moderator, seine beruflich im Marketing tätige Freundin Jasmin Wagner gibt den Beiträgen ein sehr professionelles Erscheinungsbild. Im Frühjahr will er mit seinen Teamkollegen wieder voll angreifen – und die Infrastruktur auf dem gepachteten Sportplatz in Ürzig voranbringen. Unter anderem sollen dann auch Trainerbänke errichtet werden. Außerdem ist der Verein noch auf der Suche nach Schiedsrichtern, die für ihn an den Start gehen.

Diese Vorhaben sollten sie bei den Sportfreunden Lok aus Wengerohr-Belingen bewältigen können – schließlich haben sie auch bislang schon so manches gemeistert.