Kämpfertyp |09.04.2019|16:30

Alex Scheelen: „Bekomme immer noch Gänsehaut“

Alexander Scheelen dreht nach seinem Siegtor gegen Wuppertal jubelnd ab: "Ich habe selten so etwas Emotionales erlebt."[Foto: imago images / MaBoSport]

Erst den Krebs besiegt, dann das umjubelte Siegtor für Rot-Weiß Oberhausen gegen den Wuppertaler SV gemacht: Die Rückkehr von Alexander Scheelen (31) in das Stadion Niederrhein nach fast einem Jahr Pause hätte emotionaler kaum sein können. RWO ist Ligaprimus Viktoria Köln in der Regionalliga West jetzt ganz dicht auf den Fersen. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Scheelen über sein Comeback.

FUSSBALL.DE: Gleich im ersten Heimspiel nach dem Comeback ist Ihnen gegen den Wuppertaler SV der 2:1-Siegtreffer gelungen, noch dazu in der Nachspielzeit. Hätten Sie sich eine schönere Rückkehr wünschen können, Herr Scheelen?

Alexander Scheelen:  Nein, das hätte ich mir im Vorfeld tatsächlich nicht besser ausdenken können. Es war so schon klasse, dass ich nach meiner Krebserkrankung überhaupt wieder vor den eigenen Fans auflaufen konnte. Dass mir dann auch noch das so wichtige Siegtor gelungen ist, toppt natürlich alles. Dabei wäre ich fast gar nicht zum Einsatz gekommen. Ich stand bereits in der 75. Minute zur Einwechslung bereit. Allerdings kam Wuppertal dann durch einen Elfmeter zum Ausgleich und ich bin als Defensivspieler wieder zum Warmmachen gegangen. Ich habe schon gar nicht mehr damit gerechnet, dass ich noch spiele. Zehn Minuten vor dem Ende war es dann aber doch noch der Fall.

Beschreiben Sie doch bitte das Tor aus Ihrer Sicht!

"Dass mir dann auch noch das so wichtige Siegtor gelungen ist, toppt natürlich alles"

Scheelen:  Es war bereits die Nachspielzeit und wir haben auf den Siegtreffer gedrängt. Ich hatte mich auf der linken Seite weggeschlichen und darauf spekuliert, dass der Ball zu mir durchrutschen könnte. So kam es dann ja auch. Im ersten Moment war ich überrascht, wie viel Platz und Zeit ich hatte. Ich habe dann mit der Innenseite die lange Ecke anvisiert. Und irgendwie ist der Ball dann auch zwischen zwei Verteidigern ins Tor (lacht) .

Was ist Ihnen nach dem Treffer durch den Kopf gegangen?

Scheelen:  Das war Adrenalin pur. Der Siegtreffer war unglaublich wichtig. Das ganze Stadion ist ausgeflippt. Ich habe selten so etwas Emotionales erlebt. Da nehme ich es dann auch in Kauf, dass ich vom Schiedsrichter noch die Gelbe Karte bekommen habe, weil ich über die Bande gesprungen und zu den Fans an den Zaun gerannt bin (lacht) .

Wie viele Nachrichten hatten Sie nach dem Spiel auf Ihrem Handy?

Scheelen:  Als ich 30 Minuten nach dem Spielende in der Kabine war, müssen es schon etwa 50 Nachrichten gewesen sein. Ich kam zunächst aber gar nicht dazu, allen zu antworten. Am nächsten Tag waren es mehr als 100 Nachrichten. Mittlerweile konnte ich aber auf jede reagieren.

Wie oft haben Sie sich Ihren Treffer nochmal angeschaut?

Scheelen:  Sehr oft. So häufig, wie ich ein Video von dem Tor zugeschickt bekommen habe oder in den sozialen Medien verlinkt wurde, kam ich an dem Treffer auch gar nicht vorbei. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich das Tor sehe. Dass Tabellenführer Viktoria Köln dazu parallel auch noch gegen die  zweite Mannschaft des 1. FC Köln  1:2 verloren hat, macht das Ganze noch schöner.

Hat es nun für Sie eine andere Bedeutung, wenn Sie ein Tor erzielen, als es noch vor zwei Jahren der Fall war?

Scheelen:  Ich wollte das erste Heimspiel nach meiner Krankheit als so selbstverständlich wie möglich ansehen. Durch das Tor wurde das schon ein wenig über den Haufen geworfen (lacht) . Als Defensivspieler schieße ich nicht ganz so oft Tore. Daher freue ich mich immer sehr, wenn mir ein Treffer gelingt. Durch die Bedeutung der Partie gegen Wuppertal ist dieser Treffer vielleicht ein bisschen mehr wert als sonst.

Durch den Last-Minute-Sieg gegen den WSV ist für RWO der Rückstand zur Spitze auf drei Punkte geschrumpft. Ist jetzt in der Meisterschaft wieder alles möglich?

Scheelen:  Absolut. Zur Winterpause hatte ich - ehrlich gesagt - bei neun Punkten Rückstand auf Viktoria Köln nicht wirklich damit gerechnet, dass wir noch ein gehöriges Wörtchen im Aufstiegsrennen mitreden werden. Das zeigt, was im Fußball alles möglich sein kann. Der Saisonendspurt wird aber nicht einfacher. Zusätzlich zu den drei Punkten Rückstand haben wir auch noch das um fünf Treffer schlechtere Torverhältnis. Wir wollen jedoch die Euphorie aus dem Wuppertal-Spiel mitnehmen und zur Stelle sein, wenn bei der Viktoria die Nerven flattern.

Oberhausen hat seit neun Spieltagen nicht mehr verloren. Was zeichnet die Mannschaft aktuell aus?

Scheelen:  Wir haben zwar vielleicht nicht die hohe individuelle Qualität wie Viktoria Köln, wir gleichen das aber durch ein tolles Gesamtgefüge in der Mannschaft aus. Wir sind eine eingespielte Truppe, die sich im vergangenen halben Jahr weiterentwickelt hat. In der Defensive stehen wir stabil und sind spielerisch stark. Außerdem können wir uns auf die Unterstützung unserer Fans verlassen. Für das Auswärtsspiel am Samstag beim  1. FC Kaan-Marienborn  haben sich bereits mindestens fünf Fan-Busse angemeldet.

Nach der Partie gegen Wuppertal gab es auch die Nachricht, dass der langjährige RWO-Vorsitzende Hajo Sommers nach einem Schlaganfall wieder das Krankenhaus verlassen konnte. Wie groß war die Erleichterung?

Scheelen:  Da sind uns einige Steine vom Herzen gefallen. Hajo Sommers ist kein Präsident wie jeder andere, sondern mit Leib und Seele fußballverrückt. Wir wollen mit Erfolgen dazu beitragen, dass er sich schnell wieder erholt.