Dali Baku: Bruder plötzlich im Nationalteam
Makana, Dali und Ridle Baku (v. l. n. r.) mischen den Profifußball auf.[Foto: privat]
Er ist einer der Shooting-Stars der laufenden Bundesliga-Saison. Die Krönung folgte in Form eines informellen Gesprächs mit seinem Auswahltrainer. Stefan Kuntz kündigte an: "Junge, pack deine Sachen, du gehst zur Nationalmannschaft."
Das war vor einem Monat nach dem Bundesliga-Spiel des VfL Wolfsburg gegen 1899 Hoffenheim. Eigentlich sollte Ridle Baku zur deutschen U 21 reisen, doch daraus wurde nichts. Der Neuzugang der "Wölfe" wurde befördert, und zwar von Bundestrainer Joachim Löw für die A-Nationalelf und deren Spiel gegen Tschechien. Dali Kokolo Baku, Bruder sowie inzwischen auch Berater der Zwillinge Ridle und Makana Baku (Holstein Kiel), hat selbst bis vor drei Jahren Fußball gespielt, beim Hessenligisten SV Zeilsheim . Der 27-Jährige erinnert sich an aufregende Tage.
FUSSBALL.DE: Dali Baku, können Sie und Ihr Bruder inzwischen realisieren, was da im November passiert ist?
Dali Baku: Es fällt uns immer noch schwer, weil alles sehr plötzlich gekommen ist. Keiner in der Familie hätte damit gerechnet, dass es so schnell gehen und Ridle sein Debüt für die deutsche A-Nationalmannschaft geben würde. Für ihn ist damit natürlich ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen.
"Ich konnte es zunächst nicht fassen und dachte: Dein kleiner Bruder spielt für Deutschland. Wahnsinn!"
Wie haben Sie erfahren, dass er statt zur U 21 zu Joachim Löws Auswahl fahren würde?
Baku: Stefan Kuntz war in Wolfsburg beim Spiel gegen Hoffenheim zu Gast und hat Ridle danach informiert, dass er für den verletzten Marcel Halstenberg von RB Leipzig nachnominiert wird. Er konnte es erst gar nicht glauben und hat, glaube ich, zweimal nachgefragt, ob das denn wirklich stimmen würde. (lacht) Dann hat er mich angerufen und gefragt, ob ich das schon gewusst hätte, und ich musste ehrlich zugeben: Nein, hatte ich nicht. Ich konnte es zunächst auch nicht fassen und habe nur gedacht: Dein kleiner Bruder spielt für Deutschland. Wahnsinn!
Wie beurteilen Sie seine Entwicklung?
Baku: Die ist überragend! Seit seinem ersten Bundesligaspiel für Mainz 05 hat er sich immer weiter gesteigert. Ridle ist sehr ehrgeizig, ich vergleiche ihn ein wenig mit Joshua Kimmich, der arbeitet auch ständig an sich, um sich noch zu verbessern. Mit seinem Wechsel von Mainz nach Wolfsburg hat Ridle noch einmal einen Sprung gemacht und ist dort super eingeschlagen.
Musste er dafür das heimische Nest verlassen?
Baku: Das hat ihm auf jeden Fall einen Schub gegeben. Er war ja im Gegensatz zu Makana bisher immer in Mainz. Zu Hause hatte er alles, er konnte schnell zu Mama, die hat was Leckeres gekocht und ich als der große Bruder war auch in zehn Minuten da, wenn er was brauchte. Jetzt hat er die Komfortzone verlassen, was für uns alle eine Umstellung war, aber siehe da: Es tut ihm gut, er kommt in Wolfsburg sehr gut alleine klar. Trotzdem bin ich natürlich, so oft es geht, bei ihm.
Sein Länderspiel-Debüt in Leipzig gegen Tschechien konnten Sie aufgrund der Corona-Vorschriften nicht live im Stadion verfolgen. Was hätten Sie dafür gegeben, dabei zu sein?
Baku: Das kann man schlecht sagen. Wir wussten ja vorher, dass keine Zuschauer*innen erlaubt sein werden, das kann man auch nicht ändern. Natürlich ist das superschade, denn wer will nicht vor Ort dabei sein, wenn der eigene Bruder im deutschen Trikot spielt.
Waren Sie mit seinem Auftritt zufrieden?
Baku: Ja, er hat seine Sache gut gemacht. Ich glaube, ich war vor dem Fernseher viel aufgeregter als er auf dem Platz. Er wirkte gar nicht nervös, war mutig und hatte viele Aktionen nach vorne. Schade, beinahe wäre ihm ja sogar ein Tor gelungen. Er hat auch gute Kritiken gekriegt, von daher kann man nur sehr zufrieden sein. Natürlich war das nur ein Testspiel und der Gegner nicht der Maßstab im europäischen Fußball, aber was soll's? Er war dabei und konnte diese wertvolle Erfahrung für seine Laufbahn mitnehmen.
Nach dem Spiel gegen Tschechien ist Ridle dann zur U 21 gereist und hat im Spiel gegen Bosnien zwei Elfmeter herausgeholt. War er noch so aufgedreht von seinen Eindrücken bei der Löw-Truppe?
Baku: Kann sein. Das Spiel gegen Tschechien hat ihm natürlich Rückenwind gegeben. Er ist sehr selbstbewusst aufgetreten und hat gezeigt, dass mit ihm zu rechnen ist. Ich denke, dass er sich diese Chance durch seine guten Leistungen in Wolfsburg verdient hat, aber bis zu den nächsten Länderspielen im März dauert es jetzt noch eine ganze Weile. Bis dahin muss er weiter auf sich aufmerksam machen und vielleicht wird er dann ja wieder berufen. Wäre nicht schlecht so kurz vor der EM. (lacht)
Und wie sieht es mit Ihrer eigenen Fußballerkarriere aus?
Baku: Seit meiner Verletzung vor drei Jahren habe ich nicht mehr gespielt, aber nächstes Jahr im Sommer will ich mir wieder einen neuen Verein suchen. Mal gucken, wie sich das mit meiner Tätigkeit als Berater vereinbaren lässt. Da bin ich ja in der Regel am Wochenende viel unterwegs, aber ein bisschen Bewegung auf dem Platz könnte mir nicht schaden. (lacht)