Lotte-Coach träumt: Erst Münster, dann BVB
Lotte-Coach Andy Steinmann (vorne): "Im Vorfeld hatte ich diese Konstellation für Träumerei gehalten."[Foto: imago]
Schon vor dem Endspiel im Westfalenpokal, das im Rahmen des "Finaltags der Amateure" am Samstag (ab 13.50 Uhr, live im WDR Fernsehen) im Stadion des Drittligisten SC Verl ausgetragen wird, sind die Sportfreunde Lotte aus der Regionalliga West ebenso wie Endspielgegner SC Preußen Münster für den DFB-Pokal qualifiziert.
Auf dem Weg dorthin bewiesen die Sportfreunde Nervenstärke, setzten sich gegen den SV Lippstadt 08 (6:5) und den SV Rödinghausen (6:4) zweimal im Elfmeterschießen durch. Im Interview spricht Lottes 36 Jahre alter Cheftrainer Andy Steinmann über den Saisonhöhepunkt.
FUSSBALL.DE: Die Sportfreunde Lotte stehen nach einer turbulenten Saison und zwei Elfmeterschießen in Folge bereits vor dem Finaltag als Teilnehmer am DFB-Pokal fest. Wie sind die Feierlichkeiten nach dem Elfmeterkrimi gegen den SV Rödinghausen ausgefallen, Herr Steinmann?
Andy Steinmann: Im Vorfeld hatte ich diese Konstellation für Träumerei gehalten, weil keiner damit rechnen konnte, dass der Drittligist SC Verl gegen SC Preußen Münster 0:3 verliert und wir uns gleichzeitig gegen den leicht favorisierten SV Rödinghausen durchsetzen. Jetzt aber sind wir plötzlich schon vor dem Westfalenpokal-Finale gegen Preußen Münster für den DFB-Pokal qualifiziert. Wir haben nach dem Abpfiff die Kabinentür für längere Zeit abgeschlossen und ordentlich gefeiert. (lacht)
"Auf den ersten Blick erscheint das utopisch. Aber wer weiß?"
Was hat für die Finalteilnahme letztlich den Ausschlag gegeben?
Steinmann: Wir spielen schon seit einigen Wochen relativ konstant, haben gegen Rödinghausen gut verteidigt und wenig zugelassen. Bei Standardsituationen waren wir erneut eiskalt vor dem Tor. Besonders gefreut hat mich, dass uns Abwehrspieler Sertan Yigenoglu mit seinen ersten Toren überhaupt den Weg ins Finale geebnet hatte. Die Mannschaft sprüht momentan vor Selbstvertrauen.
Am "Finaltag der Amateure" geht es jetzt in Verl gegen den SC Preußen Münster. In der Meisterschaft hat Ihr Team 1:4 verloren und im Rückspiel ein 1:1-Remis erkämpft. Wie schätzen Sie dieses Mal die Chancen ein?
Steinmann: Münster geht als klarer Favorit in die Partie. Der SC Preußen hat eine ganz starke Saison gespielt, verfügt finanziell über ganz andere Mittel als wir und ist auch personell besser besetzt. Dennoch glaube ich, dass wir das Finale gewinnen können, weil unsere Leistungskurve aktuell nach oben zeigt.
Ihr Team hat sich zweimal in Folge im Elfmeterschießen gegen Ligakonkurrenten durchgesetzt. Haben Sie das im Training üben lassen?
Steinmann: Überhaupt nicht. Die Jungs schießen zum Trainingsabschluss nur aus Jux einige Elfmeter. Vielleicht ist es diese Unbekümmertheit, die uns in solchen Situationen weitergeholfen hat. Die Nervenstärke und das Selbstvertrauen der Jungs ist den jüngsten Erfolgen in der Meisterschaft geschuldet.
Ist das Finale gegen den früheren Bundesligisten Preußen Münster für Sie persönlich der Höhepunkt Ihrer noch jungen Trainerkarriere?
Steinmann: Definitiv. Auch wenn sich beide Vereine bereits für den DFB-Pokal qualifiziert haben, möchte jeder am Ende einer Saison möglichst eine Trophäe in Händen halten. Auch für mich wäre es der erste Titel. Dass wir durch eine überragende Rückrunde den drohenden Abstieg aus der Regionalliga West verhindert haben, wird in zwei Jahren keiner mehr wissen. Ganz anders sieht es dagegen bei einem Titelgewinn aus.
Wie wichtig ist für die Sportfreunde Lotte die Teilnahme am DFB-Pokal, in dem der Klub in jüngster Vergangenheit bereits für Furore gesorgt hatte?
Steinmann: Neben dem finanziellen Aspekt sind alle im Umfeld elektrisiert und hoffen, dass wir etwas Ähnliches wieder schaffen können. Auf den ersten Blick erscheint das utopisch. Aber wer weiß? Eines kann ich schon jetzt versprechen: Wir werden vor hoffentlich ausverkauftem Haus unserem Erstrundengegner im DFB-Pokal einen heißen Kampf liefern. Für die Spieler wird das wahrscheinlich das Highlight ihrer Karriere, das sie vermutlich nur einmal erleben werden.
Haben Sie bereits einen Wunschgegner?
Steinmann: Meine zwei Söhne Leo und Luca sind leidenschaftliche Fans von Borussia Dortmund. Von daher würde das Duell mit dem Titelverteidiger schon gut passen, zumal die Sportfreunde in der Saison 2016/2017 sogar erst im Viertelfinale am BVB gescheitert waren. Es war der bisher letzte Auftritt der Sportfreunde im DFB-Pokal. Als Trainer erhofft man sich allerdings ein Los, bei dem die Chancen auf ein Weiterkommen größer wären. (lacht)
Das Westfalenpokalfinale wird im Stadion des Drittligisten SC Verl ausgetragen. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem neutralen Spielort?
Steinmann: Mit meinem ehemaligen Klub SV Rödinghausen hatte ich als Co-Trainer bereits mehrmals in Verl gespielt, kann mich aber nicht an ein besonderes Spiel erinnern. Die Sportfreunde Lotte hatten 2015 beim bislang einzigen Titelgewinn im Westfalenpokal beim SC Verl nach Verlängerung 4:3 im Elfmeterschießen gewonnen. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir das gegen Münster wiederholen könnten. (lacht)
Von 2016 bis 2019 spielten die Sportfreunde Lotte selbst in der 3. Liga. Wie sehr arbeitet der Klub an einer Rückkehr in den Profifußball?
Steinmann: Im Verein arbeiten wir alle sehr hart daran, wieder weiter nach vorne zu kommen. Aber so wie die vergangenen zwei Jahre bei uns gelaufen sind, fehlen uns momentan die finanziellen Mittel, um in der starken Regionalliga West die Spitze anzugreifen. Wir wollen gerne zurück in den Profifußball, erfüllen infrastrukturell auch die Voraussetzungen, müssen uns aber erst konsolidieren und die Sponsoren zurückgewinnen. Wir wollen den Fans in Lotte ehrlichen Fußball bieten, befinden uns aktuell auf einem guten Weg. Ein Sieg im Westfalenpokal wäre auch für die Sponsorenakquise wichtig.