Trainer-Star |15.07.2021|08:45

Haching-Coach Wagner: "Da bin ich ein Freak"

Sandro Wagner: "Bei der SpVgg Unterhaching hat von Sekunde eins an alles gepasst."[Foto: imago]

Innerhalb weniger Wochen vom U 19-Aufstiegstrainer zum Cheftrainer bei der SpVgg Unterhaching in der Regionalliga Bayern: Für Sandro Wagner, achtmaliger Nationalspieler und langjähriger Bundesligaprofi (180 Einsätze für den FC Bayern München, SV Werder Bremen, 1. FC Kaiserslautern, Hertha BSC, SV Darmstadt 98 und TSG Hoffenheim), begann die Trainerkarriere furios.

Am heutigen Donnerstag (ab 18.30 Uhr) bestreitet Wagner mit dem Absteiger aus der 3. Liga das offizielle Regionalliga-Eröffnungsspiel beim TSV Aubstadt . Wir haben bei der Vorstellungs-Pressekonferenz des 33 Jahre alten Münchners mitgeschrieben.

Sandro Wagner über…

…seinen Wunsch, als Trainer zu arbeiten: Ich habe es seit vielen Jahren im Kopf, dass ich Trainer werden möchte. Von vielen sehr guten Trainern aus meiner aktiven Zeit habe ich wie ein Schwamm viel aufgesaugt. Vor einigen Monaten habe ich mir viele Sachen angeschaut, wo ich meinen ersten Schritt als Trainer machen möchte. Bei der SpVgg Unterhaching hat von Sekunde eins an alles gepasst. Ich wohne hier seit einigen Jahren und bin in der Region verwurzelt. Das Projekt hat mir auch gut gefallen. Wir wollen immer wieder Spieler aus der eigenen Jugend hochziehen.

…den schnellen Wechsel von der U 19 zu den Profis: Bei den A-Junioren habe ich direkt gesehen, wofür die Jungs stehen. Die Mannschaft hatte ein großes Feuer und einen ausgeprägten Willen entwickelt. Das hat mich direkt gepackt. Der Plan war eigentlich auf zwei Jahre bei der U 19 ausgelegt. Irgendwann kam dann Präsident Manfred Schwabl auf mich zu, ob ich mir vorstellen kann, die erste Mannschaft zu übernehmen. Ich habe mir zwei Tage Bedenkzeit genommen, mit meiner Familie und zwei, drei Leuten aus meinem Umfeld gesprochen. Ich bin Feuer und Flamme für den Job, habe aber auch großen Respekt vor der Traineraufgabe. Die Regionalliga Bayern gehe ich mit großer Demut an. Es warten - positiv gesagt - eklige Gegner auf uns.

…das absolvierte Trainingslager in Südtirol: Die Jungs haben mich sehr gut aufgenommen. Ich habe allerdings auch gemerkt, dass die eine oder andere Sache noch im Argen lag. Viele Spieler haben die negativen Erlebnisse rund um den Abstieg aus der 3. Liga mit in diese Vorbereitung mitgenommen. Wir haben versucht, diese Belastung durch Gruppen- und Einzelgespräche abzuschütteln. Wir haben eine neue Taktik und neuen Wind in die Mannschaft gebracht. Wir befinden uns noch mitten in der Entwicklung.

…seine bisherigen U 19-Spieler, die aufgerückt sind: Zu Beginn war bei den Jungs schon eine gewisse Ehrfurcht und Respekt vor meiner Karriere als Spieler zu spüren. Nach ein paar Tagen war es aber schon ein gutes Miteinander. Zur neuen Saison haben wir die halbe U 19 zur ersten Mannschaft mitgenommen. Im Team sind also viele junge Spieler, die noch Zeit benötigen. Wir benötigen auch eine Achse aus unseren erfahrenen Spielern wie Dominik Stahl, Stephan Hain und Markus Schwabl, an deren Seite die Jungen parallel Fortschritte machen können. Eine junge Mannschaft kann sich mit so erfahrenen Spielern, die schon einiges in ihrer Karriere erlebt haben, besser entwickeln.

…die formulierten Ziele: Unser Projekt ist auf 24 Monate ausgelegt. Die Zielsetzung, auf Teufel komm raus wieder in die 3. Liga aufsteigen zu müssen, wäre ich nicht mitgegangen. Wir wollen aber so schnell wie möglich wieder hoch. Persönlich will ich ein guter bis sehr guter Fußball-Lehrer werden. Darauf arbeite ich jeden Tag hin. Aber ich bin da noch ganz am Anfang.

…seine Tätigkeit als TV-Experte: Das Wechselspiel zwischen der Tätigkeit als TV-Experte für das ZDF und der Saisonvorbereitung war schon nicht ganz einfach. Da ich mir die Aufgaben aber ja aussuche, fühlt es sich nicht wie Arbeit an. Es erfüllt mich mit Stolz, dass ich für diese Positionen ausgewählt wurde. Die Tätigkeit im Medienbereich hilft mir auch als Trainer, um den Blickwinkel der Journalisten besser zu verstehen. Meine Arbeit beim ZDF ruht jetzt erst einmal, für DAZN bin ich weiterhin tätig. Ich werde aber deswegen kein Spiel verpassen. Das ist alles abgesprochen.

…die Eindrücke von der Europameisterschaft: Ich sehe bei jedem Spiel etwas, aus dem ich lernen kann. Bei Italien hat mich die Leidenschaft beeindruckt. Die Mannschaft ist zu einer Einheit gewachsen. Diese Energie kann man nicht lehren oder lernen. Das muss sich innerhalb der Gruppe entwickeln. So hat nicht die individuell beste Nationalmannschaft das Turnier gewonnen, sondern das beste Team. Die Europameisterschaft hat noch einmal gezeigt, wie wichtig die Basics sowie eine verschworene Truppe sind. Auch bei den Positionen gab es Experten. Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini sind sehr gute Innenverteidiger und werden nicht noch auf anderen Positionen eingesetzt. Gerade Nachwuchsspieler sollten vor allem auf einer Position besonders gut ausgebildet werden. 

…seine Spielidee: Unser Leitfaden ist, im Ballbesitz immer wieder offensive Optionen zu bieten. Wir wollen fußballerische Lösungen finden. Gegen den Ball wollen wir für den Gegner eklig und unangenehm sein. Dabei sind wir nicht auf bestimmte taktische Formationen festgelegt. Die Zuschauer sollen wieder ihren Spaß haben. 

…den Drang, immer gewinnen zu wollen: Ich glaube nicht, dass das bei mir allein mit meiner Vergangenheit beim FC Bayern München zu tun hat. Ich will jedes Spiel und jede Trainingseinheit gewinnen. Egal was ich mache: Ich möchte es erfolgreich bestreiten. Auch wenn ich zu Hause den Rasen mähe, möchte ich es richtig gut machen. Da bin ich ein Freak. Das ist tief in mir drin. 

…die Ligakonkurrenten: Mit dem 1. FC Schweinfurt 05 , der SpVgg Oberfranken Bayreuth , Viktoria Aschaffenburg und der U 23 des FC Bayern München haben sich einige Vereine im Vorfeld der Saison sehr ins Zeug gelegt - auch bei den Strukturen. Die genannten Vereine haben vermittelt, dass sie aufsteigen wollen. Wir wollen ebenfalls oben dabei sein. Aber andere Teams haben den größeren Druck, aufsteigen zu müssen. In dieser Rolle fühlen wir uns ganz wohl.

…über den Saisonauftakt beim TSV Aubstadt: Wir sind bereit für das Spiel heute. Ich habe richtig Bock darauf. Alle Videos, die im Internet verfügbar waren, habe ich mir angeschaut. Ich kenne jetzt jeden Spieler des Gegners, teilweise sogar deren Geschwister. Wir fahren mit großer Demut nach Aubstadt, aber auch mit dem großen Willen, gut in die Saison zu starten.