Hilfe in Gambia |08.11.2021|14:30

Bartosz Maslon: "Wollten was zurückgeben"

Bartosz Maslon: "Die Kids sind super glücklich."[Foto: privat]

Wenn Weltfußballer Robert Lewandowski mal wieder einen Gegner auseinandernimmt, wie zuletzt beim Dreierpack in der Champions League gegen Benfica Lissabon, dann schauen dem Bayern-Star Millionen Fußballfans zu. Einer von ihnen hat mit dem inzwischen 33-Jährigen in einem Team gekickt, als dieser noch nicht der beste Mittelstürmer dieses Planeten war: Bartosz Maslon.

Der im polnischen Przemyśl geborene 35-Jährige kommt als Kind im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern und seinen beiden älteren Brüdern Mateusz (44) und Michael (42) nach Deutschland. Die Familie zieht nach Essen, der kleine Bartosz spielt in der Jugend unter anderem für die früheren Bundesligisten Rot-Weiss Essen, Wattenscheid 09 sowie Rot-Weiß Oberhausen.

Mit 18 geht er zurück in sein Geburtsland, spielt mit Nationalspielern in der ersten polnischen Liga. "Lewy" trifft er, als er zwei Jahre später beim Zweitligisten Znicz Pruszków anheuert, da ist der heutige Superstar mit 18 ein bemerkenswertes Talent - mehr noch nicht. Aufgrund von Verletzungen muss Bartosz Maslon mit 28 seine aktive Karriere beenden und wird Trainer. Dann kommt seinem Bruder Michael und ihm die Idee, eine Fußballschule in Afrika aufzubauen.

FUSSBALL.DE: Bartosz Maslon, woher kommt Ihre Verbindung zu Gambia?

"Die Kinderaugen strahlen zu sehen, wenn sie mit den gespendeten Fußballschuhen und -trikots kicken können, das macht einen einfach nur glücklich"

Bartosz Maslon:  Wir wollten einfach etwas von dem Glück und der Unterstützung, die wir hier in Deutschland erfahren haben, zurückgeben. Als unsere Eltern mit uns Kindern nach Essen gezogen sind, mussten sie sich erst einmal durchkämpfen. Beide haben in Polen als Lehrer gearbeitet, aber ihre Examen wurden hier nicht anerkannt, sodass sie erst einmal von Sozialleistungen leben und uns durchbringen mussten. Doch wir haben unseren Weg gemacht, viele Chancen erhalten und diese so gut wie möglich genutzt. Mein Bruder Michael führt als Selbstständiger ein Übersetzungsbüro und ich bin Lehrer an einer Grundschule in Bottrop. Wir haben es gut getroffen, und der Fußball hat sein Übriges dazu geleistet, dass wir da stehen, wo wir sind. Nun fanden wir, dass wir an der Reihe sind, dort zu helfen, wo es den Menschen nicht so gut geht wie uns.

Erzählen Sie bitte!

Maslon:  Als ich Trainer beim VfB Kirchhellen war, haben mein Bruder Michael - er ist der Kopf hinter den Projekten, ich derjenige mit dem Netzwerk im Fußball - und ich eine Fußballschule in Bottrop eröffnet. Da gab es einige Kinder, die konnten den Beitrag nicht bezahlen und wir haben gedacht, da muss man helfen. Wir hatten Sponsoren oder haben bei Turnieren Geld gesammelt, die wir für ein Hilfsprojekt spenden wollen. Ein Bekannter, der bei der örtlichen Volksbank angestellt ist, hat uns dann auf das Kinderdorf Bottrop in Gambia aufmerksam gemacht. Also kam uns die Idee, dort einen Standort unserer Fußballschule aufzubauen.

Wie ging es dann weiter?

Maslon:  Wir haben ein bisschen getrommelt, zum Beispiel über Soziale Medien, und dazu aufgerufen, uns Fußballklamotten oder anderes Sportmaterial zu spenden. Da kam ganz schnell so viel zusammen, dass wir es kaum glauben konnten: Nicht nur Fußballschuhe, -trikots, Trainingsanzüge und Bälle, sondern auch viele andere Dinge. Irgendwann rief uns das Sportamt Dinslaken an, dass es in einer Sporthalle dort einen Rohrbruch gegeben hätte und ob wir Turngeräte, Matten, Tore und so weiter gebrauchen könnten. Wir haben natürlich sofort zugesagt und vor zwei Monaten ist der erste große Seecontainer nach Gambia gegangen.

Welche Reaktionen haben Sie erhalten, als die Sachen dort ankamen?

Maslon:  Das kann man kaum in Worten beschreiben. Die Kids sind so glücklich. Die Kinderaugen strahlen zu sehen, wenn sie mit bei uns aussortierten oder auch neuen Fußballschuhen dort im Schalke-, Dortmund- oder RWE-Trikot kicken können - das macht einen glücklich. Ich habe so viele Fotos und Videos erhalten, das ist einfach nur schön!

Wann werden Ihr Bruder Michael und Sie selber nach Gambia reisen?

Maslon:  Wir wären gerne schon hingeflogen, als der Container dort ankam, aber wegen Corona war das nicht möglich. Nun planen wir, im nächsten Jahr nach Brikama zu reisen, entweder in den Oster- oder Sommerferien. Wir sind in enger Absprache mit Wolfgang Gerrits, dem Vorsitzenden des Kinderdorfs Bottrop, der das Ganze koordiniert. Unser Ziel ist ja, die Kids nicht nur mit Sportklamotten und anderem Sportzubehör auszustatten, sondern wir wollen vor Ort dabei helfen, die Infrastruktur zu verbessern. Wir haben bereits zwei Sportlehrer*innen fest angestellt, darunter eine gambische Nationalspielerin, die sich dank unserer Unterstützer ein wenig Geld hinzuverdienen kann. Als nächsten Schritt möchten wir ein Stück Land kaufen, wo wir einen Sportplatz bauen und einen Brunnen für sauberes Trinkwasser anlegen können.

Haben Sie schon Ihren früheren Teamkollegen Robert Lewandowski kontaktiert, ob er Ihr Projekt nicht unterstützen möchte?

Maslon:  Nein, noch nicht, aber gute Idee! (lacht) Ich weiß ja, dass auch er sozial sehr engagiert ist. Als ich bei Znicz Pruszków mit ihm zusammengespielt habe, war ja noch nicht abzusehen, welche Entwicklung er einmal nehmen würde. Allerdings war er damals schon eine ziemliche Granate, schnell, technisch gut und stark im Abschluss. Er ist mit 18 Torschützenkönig in der zweiten polnischen Liga geworden und danach bei Lech Posen auch in der Ekstraklasa.

Sie selbst sind in Ihren frühen Zwanzigern mehrfach zwischen der deutschen Regional- und Oberliga sowie polnischen Profispielklassen hin- und hergewechselt. Warum?

Maslon:  Ich wollte Profi werden, meinen Traum vom Fußball leben. Als das in Deutschland nicht geklappt hat, weil die Konkurrenz hier einfach noch größer ist, wollte ich es im Heimatland meiner Eltern versuchen. Ich habe in der polnischen U 16-Nationalmannschaft gespielt und mit Korona Kielce in der Ekstraklasa, zusammen in einem Team mit Nationalspielern wie Pawel Golanski. Andrzej Szarmach, der bei den Weltmeisterschaften 1974 und 1982 mit Polen jeweils Dritter geworden ist, hat mich zu der Zeit als Berater gepusht.

Den Durchbruch wie "Lewy" haben Sie nicht gepackt.

Maslon:  Tja, so ist es. Da muss viel zusammenkommen. Trotz einiger Enttäuschungen in dieser Zeit bin ich im Nachhinein froh darüber, was ich bisher erreicht habe. Ich habe als kleines Kind beim VfB Essen-Nord angefangen, hatte danach beim PSV Essen in Dietmar Klinger einen Ex-Profi als Trainer und habe bei vielen coolen Vereinen wie RWE und Wattenscheid 09 gezockt. Im Seniorenbereich habe ich von der Kreisliga C bis zur Regionalliga fast alles kennengelernt und bin teilweise von einer Saison auf die andere fünf Spielklassen hochgeklettert.

Mit 28 sind Sie Trainer geworden. Warum so früh?

Maslon:  Wegen Verletzungen! Leider hat mein Körper mir früh signalisiert, dass es so nicht weitergeht. Dann hat mir Wattenscheid die Chance gegeben, ein Jugendteam zu übernehmen, das war die U 12. Danach habe ich auch bei Schalke 04 die U 12 trainiert und die neu geschaffene U 8 mit aufgebaut, ehe ich mit dem VfB Kirchhellen meine erste Station als Coach im Seniorenfußball hatte. Zwischenzeitlich war ich noch einmal in Polen, und zwar als Interimstrainer beim Erstligisten Stal Mielec, doch das war nur eine kurze Episode.

Nun haben Sie beim FSV Duisburg angeheuert, bei dem es in der Vergangenheit zahlreiche Trainerwechsel gab. Warum tun Sie sich diesen "Schleuderstuhl" an, nachdem Sie zuvor bei Wattenscheid 09 einen guten Job als Co-Trainer der ersten Mannschaft in der Oberliga und als Chefcoach der U 19 hatten?

Maslon:  (lacht) Das stimmt, Wattenscheid ist und bleibt mein Herzensverein, aber ich wollte mich gerne als Chefcoach im Herrenfußball beweisen, von daher habe ich gerne beim FSV Duisburg zugesagt. Nun kommt es darauf an zu zeigen, dass man als Trainer auch dort - und möglichst in der Oberliga Niederrhein - länger arbeiten kann als das zuletzt der Fall war.