27 Pleiten: Zweibrückens unglaubliche Serie
Die nächste Pleite: Schon wieder zappelt der Ball im Netz der SVN Zweibrücken. [Foto: Fotos imago; Collage FUSSBALL.DE]
Die „Herzogstadt der Rosen und Rösser“ wird Zweibrücken, die mit rund 34.000 Einwohnern kleinste kreisfreie Stadt Deutschlands, genannt. Der Grund dafür sind die groß angelegten Rosengärten in Parks und das ehemalige Gestüt des Landes Rheinland-Pfalz für Pferdezucht.
In voller Blüte steht der SVN Zweibrücken in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar ganz sicher nicht. Im Gegenteil: Vielmehr - um im Bild zu bleiben - sind die Blätter verwelkt, die Pferde lahmen. Nicht weniger als 27 Niederlagen in der Meisterschaft hintereinander musste der SVN saisonübergreifend hinnehmen.
Die bemerkenswerte Schreckens-Bilanz hatte noch in der abgelaufenen Regionalliga Südwest-Saison mit dem 1:3 gegen die SV 07 Elversberg am 8. November 2014 begonnen. Nach weiteren 17 Niederlagen während der kompletten Rückrunde stieg Zweibrücken mit insgesamt 15 Punkten aus 34 Partien als Tabellenschlusslicht ab. Der Rückstand auf einen Nichtabstiegsrang betrug 27 Zähler. Doch auch in der Oberliga setzte sich der Negativtrend fort. Das jüngste 0:4 bei der SpVgg EGC Wirges war Niederlage Nummer neun in dieser Spielzeit. Wegen der schwachen Tordifferenz von 3:31 liegt die von Sorin Radu trainierte Mannschaft noch hinter dem FSV Salmrohr (8:24), der ebenfalls noch keinen Zähler auf dem Konto hat.
Schulden in sechsstelliger Höhe
"Trotz der sehr schlechten Tabellensituation werden wir alles versuchen, um nicht abzusteigen. Die Saison hat schließlich gerade erst begonnen"
Die Gründe für den Katastrophen-Start sind vielschichtig. Der letzte Sieg - damals noch unter der Leitung von Ex-Profi Guido Hoffmann (früher unter anderem Bayer 04 Leverkusen und 1. FC Kaiserslautern) - datiert vom 1. November 2014. Zweibrücken gewann 2:0 bei Astoria Walldorf. Hoffmann hatte schon fünf Spieltage vor dem Saisonende in Liga vier angekündigt, nicht weitermachen zu wollen. Nachfolger wurde Sven Blauth - allerdings für nur wenige Wochen. Denn der 29-Jährige trat kurz vor dem Saisonstart in der Oberliga zurück. Finanzielle Gründe und ein damit gekürzter Etat gaben den Ausschlag. Auch einige Spieler zogen ihre Zusagen zurück. „Wir mussten innerhalb kurzer Zeit komplett umplanen“, beschreibt der erste Vorsitzende Richard Denger im Gespräch mit FUSSBALL.DE die Herausforderungen. „Eine vernünftige Vorbereitung auf eine Saison sieht sicher ganz anders aus.“
Darüber hinaus schweben finanzielle Schwierigkeiten wie ein „Damoklesschwert“ über dem Verein, der von der Hand in den Mund lebt. Eine sechsstellige Schuldensumme steht im Raum. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter hat seine Arbeit aufgenommen. „Kurzfristig geht es für uns darum, die Oberliga-Saison ordentlich zu Ende zu spielen“, sagt der 68-jährige Rentner Denger, der seit über 50 Jahren Vereinsmitglied ist. Sportlich muss der 40-jährige Trainer Sorin Radu, der während seiner aktiven Laufbahn auch für den heutigen Zweitligisten SV Sandhausen aktiv war, aus einer bunt zusammengewürfelten Truppe eine Einheit formen. „Gerade die jungen Spieler benötigen aber noch Zeit, um der Mannschaft richtig helfen zu können“, meint Denger, der Sprüche über die aktuelle Misere an sich abprallen lässt. Auch Galgenhumor will der Funktionär und Rentner nicht aufkommen lassen. „Wir gehen die Aufgaben mit dem nötigen Ernst an.“
Ans Aufgeben denkt daher auch niemand in Zweibrücken. „Wir dürfen jetzt nicht resignieren“, fordert Denger. „Es geht darum, mit Besonnenheit und Ruhe weiterzumachen. Das muss der Trainer auch der Mannschaft vermitteln. Trotz der sehr schlechten Tabellensituation werden wir alles versuchen, um nicht abzusteigen. Die Saison hat schließlich gerade erst begonnen.“
Seine Motivation, den Verein in allen Bereichen am Leben zu halten, zieht Richard Denger unter anderem aus 40 Jahren Mitarbeit im Vorstand. „In dieser Zeit habe ich alle Höhen und Tiefen erlebt“, sagt der erste Mann des SVN. „Es geht mir auch um unsere Jugendabteilung mit rund 150 Kickern sowie um die anderen Mannschaften und die Gymnastikabteilung. Ehrenamtliche und Sponsoren stehen zum Klub, unterstützen uns weiterhin. Dafür lohnt es sich, weiter zu arbeiten und den Verein in ruhiges Fahrwasser zu führen.“
Die nächste Gelegenheit, um zumindest einmal den ersten Saisonsieg einzufahren, hat der SVN am Samstag (ab 14 Uhr) im Heimspiel gegen die SV 07 Elversberg II. Damit könnte Zweibrücken den Negativlauf ausgerechnet gegen die U 23 des Gegners beenden, mit der die fast schon unglaubliche Serie vor rund zehn Monaten begonnen hatte. Denger: „In der Mannschaft steckt Potenzial. Es fehlt vielleicht einfach ein Erfolgserlebnis, um den Schalter umlegen zu können.“