Torjäger Cisse: Vom Flüchtling zum Liebling
Flüchtling Aliu Cisse (links) begeistert Offenburg. [Foto: Alexandra Buss]
Er ist ein Paradebeispiel für gelungene Integration: Aliu Cisse. Der Mann aus Gambia hat beim Landesligisten SC Offenburg eine neue Heimat gefunden. 4600 Kilometer fernab seines Herkunftslandes hat sich der Flüchtling mit seinen Toren in die Herzen der Fans geschossen und sich innerhalb kürzester Zeit zum Liebling entwickelt.
Gerade erst zeigte Cisse wieder, warum er die Sympathien aller im Klub gewonnen hat. Gegen den FSV Altdorf war es ein Spiel ganz nach dem Geschmack des Stürmers. Beim 5:2-Sieg avancierte der 20-Jährige nämlich zum Man of the Match. Mit seinen Toren Nummer neun (20. Minute), zehn (79.) und elf (82.) schoss er seinen Klub dabei nicht nur auf den zweiten Tabellenplatz , sondern übernahm gleichzeitig die Führung in der Landesliga-Torschützenliste – ein Beweis für seine hohe Qualität.
In Offenburg würde es Cisse keiner übelnehmen, sollte der Goalgetter bald bei einem höherklassigen Verein unterkommen. „Böse wäre ihm keiner, wenn er ginge. Denn für uns ist er eigentlich zu gut“, sagte Mannschaftskapitän Sascha Merkle auf baden online . Doch solange Cisse noch da ist, haben die Offenburger ihre helle Freude. Trainer Wolfgang Zemitzsch: „Ich bin froh, dass wir ihn haben. Er ist ein richtig guter Fußballer.“
Drei Monate auf der Flucht
"Böse wäre ihm keiner, wenn er ginge. Denn für uns ist er eigentlich zu gut"
Insbesondere Merkle gibt sich alle Mühe, um Cisse das Ankommen in Deutschland zu erleichtern. Am liebsten würde er den afrikanischen Teamkollegen auch mit einem neuen Zuhause beschenken. Allerdings tun sich da Barrieren auf. „Wir haben für Aliu auch mal nach einer kleinen Wohnung gesucht, aber bisher hat sich leider niemand gemeldet“, sagt der 22-Jährige. So muss der Offenburger Stürmer weiterhin in seinem „einfachen Zimmer“ in der Flüchtlingsunterkunft Bohlsbach wohnen.
Aber für Cisse ist wahrscheinlich das noch so etwas wie Luxus. Der 20 Jahre alte Stürmer hat nämlich schwere Zeiten hinter sich. Insgesamt drei Monate lang dauerte sein Weg aus dem armen Gambia nach Deutschland. Über Senegal, Mali, Niger, Libyen und eine zweitägige Mittelmeerfahrt landete er 2014 letztlich in Deutschland. Große Worte verliert er darüber aber nicht. „Aliu ist ein sehr ruhiger Typ, manchmal ist es schwierig, an ihn ranzukommen“, sagt Zemitzsch.
Arbeit in der Gärtnerei
Abwechslung bietet Cisse neben dem Fußball die Arbeit. Seit ein paar Wochen ist der 20 Jahre alte Flüchtling in der Landschaftsgärtnerei Hopp in Rammersweiler tätig. Er sagt: „Das macht mir Spaß“. Nun hofft er auf einen Ausbildungsplatz. Sein Chef Bernd Hopp ist jedenfalls hochzufrieden mit ihm. Auf baden online berichtet er: „Er ist zuverlässig, pünktlich und macht seinen Job richtig gut. Ich höre auch immer wieder von Kunden: Den kannst du wieder schicken.“
Hochzufrieden sind sie mit Cisse natürlich auch beim SC Offenburg. Dort wurde sein Talent schnell erkannt. So trainierte der Stürmer nach seiner Ankunft im Herbst 2014 nur das allererste Mal bei der dritten Mannschaft mit. Sofort war allen im Klub klar: Der Afrikaner mit dem Fahrrad - das ist einer für unser Paradeteam in der Landesliga. Nur kurz danach machte er dann sofort zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Beim Hallenturnier in Schutterwald krönte sich Cisse zum Torschützenkönig.
Toreschießen gehört somit zu seiner Lieblingsbeschäftigung. Weniger gerne redet er allerdings über seine Zukunft. Die Angst vor der Abschiebung ist immer präsent, wird seine Aufenthaltserlaubnis doch immer nur verlängert – momentan gilt sie bis Februar. „Diese Ungewissheit ist eine Belastung“, sagt Cisse. Nur beim Fußball kann er sie zwischenzeitlich vergessen.