College-Star|18.12.2016|13:30

Elite-Torwart Moewes: New York statt Essen

Neue Heimat: Robert Moewes in New York. [Foto: privat]

In Deutschland stehen junge Sporttalente oft vor der Wahl: das Hobby zum Beruf machen oder eine Ausbildung beginnen? In den USA lässt sich beides verbinden – wie für Robert Moewes. Für seinen großen Traum vom Profifußball nimmt der ehemalige Torwart von Rot-Weiss Essen einen riesigen Umweg in Kauf. Über Dortmund, Schalke und Essen ging es nach New York, in die Stadt, in der offenbar alles möglich ist.

Moewes startete bei TSC Eintracht Dortmund, durchlief von dort aus Jugendmannschaften bei Borussia Dortmund, Schalke 04 und Rot-Weiss Essen. Im Regionalliga-Kader von RWE schaffte er nicht dauerhaft den Sprung in die Startelf. Die Verantwortlichen von der Hafenstraße lösten Moewes‘ Vertrag mit dessen Einverständnis auf, da der Keeper neben der Fußballkarriere weitere berufliche Ziele anstrebte. Im Oktober 2012 startete er sein Wirtschaftsstudium an der TU Dortmund. Schnell merkte Moewes, dass Leistungssport und Hörsaal in Deutschland nur schwer zu kombinieren sind. Der gebürtige Dortmunder entschied sich für ein auf Sportler zugeschnittenes Studium im Big Apple. „Wenn du es hier schaffst, dann schaffst du es überall“, sang einst Frank Sinatra über die Millionenstadt. Ob die Zeile auch auf Robert Moewes' neues Leben passt? Mit FUSSBALL.DE sprach der Keeper über die Herausforderung USA, Heimweh und große Hoffnungen.

FUSSBALL.DE: Robert Moewes, Ihren Bachelor-Abschluss haben Sie an der State University of New York Binghampton gemacht. Kein halbes Jahr mehr und Sie sind mit dem Master und dem Collegesport fertig. Wie geht es weiter? Können Sie sich Ihren Traum vom Profifußball erfüllen?

Robert Moewes: Bis Mai bin ich noch mit meinem Master an der Duke Universität beschäftigt, eine Elite-Uni. Sie kommt direkt hinter Stanford und Harvard. Bislang haben mich schon ein paar Vereine aus den USA kontaktiert. Im Sommer wurde ich zu verschiedenen Probetrainings eingeladen, zum Beispiel in Kansas, Boston, Toronto und Orlando. Ein deutscher oder europäischer Verein hat bislang noch nicht angeklopft. Wie es endgültig für mich weitergeht, entscheidet sich Anfang nächsten Jahres. Vielleicht ergibt sich bis dahin noch etwas. Es ist meine letzte Chance.

"In den Unis gibt es viele Studenten mit superreichen Eltern. Deren Einstellung ist bisweilen gewöhnungsbedürftig"

Das heißt, Sie möchten gar nicht unbedingt in den USA bleiben?

Moewes: Mein Traum ist es, in Europa zu spielen. Wenn ich in eine europäische Topliga wechseln könnte, würde ich nicht nein sagen. Mit Fußball mein Geld zu verdienen, ist natürlich mein Ziel. Wenn es sich lohnt, würde ich für meinen Traum auch in Kauf nehmen, vorerst weiterhin weg von meiner Familie und meinen Freunden zu sein und in den USA zu bleiben. Aber lieber würde ich das gleiche Geld in Europa, in Deutschland verdienen.

Und wenn sich nichts ergeben würde? Wie geht es dann für Sie weiter?

Moewes: Ich wäre auf jeden Fall sehr enttäuscht. Ich habe schließlich mein ganzes Leben lang Fußball gespielt. Das Gute ist aber, dass ich nicht abhängig vom Fußball bin. Ich mache meinen Master an einer der 20 besten Unis der Welt. Einen Job werde ich auf jeden Fall finden. Darum muss ich mir keine Sorgen machen.

Ihren Abschluss haben Sie im Mai nächsten Jahres, Ihr letztes Heimspiel haben Sie aber bereits bestritten. Was war das für ein Gefühl?

Moewes: Das letzte Heimspiel bleibt in richtig guter Erinnerung, weil wir die Partie gewonnen haben und ich sehr gut gespielt habe. Nach Abpfiff wurde ich geehrt und verabschiedet. Einerseits war ich stolz auf all das, was ich geleistet und mir erarbeitet habe, andererseits auch sehr traurig. Der Collegesport ist jetzt vorbei – zumindest die Heimspiele.

Was war rückblickend Ihr Highlight im Collegesport?

Moewes: Mein größter Erfolg ist, dass ich in das „All East Region Team“ gewählt wurde, also in die beste Elf des gesamten Ostens Amerikas. Seit zwei Jahren bin ich der beste Torwart des amerikanischen Ostens. Außerdem wurde ich noch ins beste Team der College-Liga gewählt. Zusätzlich war ich in den letzten beiden Jahren im besten akademischen Team im ganzen Land. Dafür muss man auf dem Platz ein sehr guter Spieler sein und nebenbei einen sehr guten Notendurchschnitt haben.

Das erfordert Disziplin. Wie hoch ist der Leistungsdruck?

Moewes: Der Druck ist deutlich spürbar. An der Doppelbelastung hat sich nichts geändert. Ich habe morgens um 6 Uhr Training, um 8:30 Uhr beginnt die Uni. Wenn alle Vorlesungen vorbei sind, gehe ich in den Kraftraum. Zusätzlich muss ich Hausarbeiten erledigen und lernen. Wir haben extra einen Raum für die Athleten, in dem man sich einloggen muss. Jeder Student muss dort abhängig vom Notendurchschnitt eine bestimmte Anzahl an Stunden zum Lernen verbringen.

Und jedes Wochenende hatten Sie dann noch ein Spiel?

Moewes: Während der Saison hatte ich sogar zwei Spiele pro Woche. Bei Auswärtsspielen fehle ich öfters mal in der Uni und komme erst um drei Uhr Nachts zurück. Am nächsten Tag muss ich dann wieder pünktlich aufstehen und zusätzlich den verpassten Stoff aufarbeiten. Das macht die Sache, besonders im Master, nicht einfacher. Über die Weihnachtstage kann ich jetzt ein wenig aufatmen.

Das heißt Sie fliegen nach Hause?

Moewes: Ja, die Zeit mit meiner Familie ist für mich das Wichtigste. Ich werde mit meinen Eltern und meinen Freunden richtig viel Zeit miteinander verbringen. Darauf freue ich mich sehr. Auch auf das Essen meiner Mutter und auf meine Heimat Dortmund.

Vom Elternhaus in Dortmund in ein New Yorker Apartment. Woran mussten Sie sich am meisten gewöhnen?

Moewes: In den Unis gibt es viele Studenten mit superreichen Eltern. Deren Einstellung ist bisweilen gewöhnungsbedürftig. Ich kann mir das Studium nur durch mein Stipendium finanzieren. Die Studiengebühren belaufen sich auf rund 30.000 Dollar pro Semester. Auch die Kultur und die Essgewohnheiten sind ganz anders. Da muss man aufpassen, dass man sich als Athlet trotz eines Überangebotes an Burgern und Pommes gut ernährt.

Welche Unterschiede gibt es abseits von reichen Studenten und Fastfood? Wie sieht es mit der Fußballbegeisterung im Land aus?

Moewes: Die USA liegen im Bereich Fußball im Gegensatz zu Europa noch klar zurück. Die Stadien sind selten voll. Hier stehen Football, Basketball und Baseball in der Hierarchie ganz vorne. Ich kann aber eine positive Tendenz zum Fußball erkennen. Vor allem weil viele bekannte Sportmanager versuchen, den Fußball nach vorne zu bringen. Immer mehr Topspieler aus Europa werden in die USA geholt, wie zum Beispiel Kaka oder David Villa. Das steigert natürlich den Wert des Fußballs.

Dennoch kann man die Atmosphäre und das ganze Drumherum wahrscheinlich nicht vergleichen. Haben Sie sich nicht nach den vollen Rängen in Dortmund gesehnt? Hatten sie kein Heimweh?

Moewes: Natürlich habe ich Heimweh und es kommt auch immer wieder vor, dass ich meine Familie und meine Freunde vermisse. Aber ich habe hier schnell Anschluss gefunden. Ich teile mir das Apartment mit Spielern aus meiner Mannschaft. Die Jungs haben mich super aufgenommen. Aber so gut es mir hier auch geht und so viele neue Freunde ich auch gefunden habe, man kann das Leben hier nicht mit dem in Dortmund vergleichen und die Begeisterung für Fußball auch nicht. Mein Zuhause bleibt der Ruhrpott.