Tränen, Trauer, Tore: Ganz große Emotionen
Tor im Rollstuhl: Jens Bockgrawe, Anhänger des TSV Wallenhorst IV trifft. [Foto: Tony Harsdorf]
Bald ist es soweit. Die Sektkorken knallen und bunte Feuerwerkskörper begrüßen das neue Jahr. Manch einer überlegt sich noch kurzfristig Vorsätze für 2017, manch anderer wird emotional und lässt das Jahr noch einmal in Gedanken Revue passieren. FUSSBALL.DE kann da nachhelfen: Unsere Top 10 der emotionalsten Geschichten des Jahres.
Unendlichkeit
Es war der tragische Tod eines Amateurfußballers im Jahr 2016 . Eine Minute vor Ende des Kreisligaspiels in Duisburg zwischen TuSpo Huckingen und dem TSV Heimaterde Mülheim stieg die Huckinger Nummer acht, Gennadi K., zum Kopfball. Er fiel und schlug mit dem Kopf auf den Ascheplatz. Einer seiner Mannschaftskollegen stürzte auf ihn. Die Halsschlagader riss. Der 25-Jährige wurde zur Behandlung in die Unfallklinik gebracht. Dort erlag er wenige Tage später seiner schweren Verletzung. Als Symbol der Solidarität legten zahlreiche Vereine Trikots, Blumen und Bilder am Unfallort nieder. Bei einem Benefizspiel, zu Gunsten von Gennadis Familie, lief die Mannschaft zum ersten Mal nach dem Verlust ihres Freundes wieder auf. Das Motto: Wenn eine Acht umfällt, bedeutet sie Unendlichkeit!
Zunge verschluckt
Eine dramatische Schlussszene gab es auch in der Regionalliga-Partie zwischen dem KSV Hessen Kassel und Kickers Offenbach . Daniel Endres, Torhüter der Offenbacher, verschluckte nach einem straffen Schuss von KSV-Stürmer Sebastian Schmeer seine Zunge. Er blieb bewusstlos am Boden liegen. Schiedsrichter Tobias Fritsch reagierte blitzschnell und kümmerte sich um den regungslosen Endres. Er legte den Keeper in die stabile Seitenlage und fixierte die Zunge. Endres kam schnell wieder zu Bewusstsein.
Herzstillstand
Die erste Hilfe kam auch für Ardian Sejdiu gerade noch rechtzeitig. Der Spieler vom Hamburger Landesligisten TSV Sasel brach bei einem Hallenturnier auf dem Spielfeld zusammen. Herzversagen. Trainer Daniel Zankl war als Ersthelfer für seinen Spieler zur Stelle. Mit Defibrillator, Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung wurde alles Nötige getan, bis die Notärzte eintrafen. Sejdiu wurde mit einem Herzstillstand ins Krankenhaus eingeliefert. Einige Tage danach befand er sich auf dem Weg der Besserung.
Auswärts zum Heimspiel
Auf dem Weg der Besserung sind mittlerweile auch die Menschen in Braunsbach. Der Ort, von dem im Juni kaum etwas übrig blieb. Eine Überflutung riss Häuser, Autos und Bäume mit sich. Zurück blieben Schlamm, Chaos und Fassungslosigkeit. An Fußballspielen war nicht zu denken. Der TSV Braunsbach verlor seinen Platz, viele Menschen ihr zu Hause. Die Braunsbacher rückten an diesen schweren Tagen zusammen. Und auch der Fußball bewies Zusammenhalt: Aus Rivalen wurden Freunde, die zu Spenden aufriefen.
Schwere Krankheit: Stars helfen
Fußball als Retter. Davon kann auch Kevin Aleth was erzählen . Der 23-Jährige lebt mit der Von-Hippel-Lindau-Erkrankung (kurz: VHL), einer seltenen Tumorerkrankung, die unterschiedliche Organe des Körpers befallen kann. Dennoch arbeitet er auf dem Fußballplatz – als Trainer und Talentscout in der Jugend des SV Sandhausen . „Eine gute Ablenkung und ein toller Ausgleich“, sagt Aleth. Mit Hilfe des Sports will er dazu beitragen, die Erforschung, und Therapiemöglichkeiten seiner Krankheit voranzutreiben. Regelmäßig veranstaltet er Benefizturniere und bewegt Fußballstars wie Bastian Schweinsteiger zu einer Trikotspende.
Ähnlich die Geschichte von Jochen Steinhilber : Der 43-Jährige kämpft gegen eine tückische Krankheit und erfährt dabei große Hilfe aus dem Fußball. Der Körper des ehemaligen Amateurfußballers kann keine Umweltgifte abbauen. Die Folgen: Schwindel, Taubheitsgefühle, extreme Schmerzen in Muskeln und Gelenken. Regelmäßig muss er sich deswegen einer Blutwäsche unterziehen. 100.000 Euro zahlte Steinhilber aus eigener Tasche. Dann machte er seine Geschichte öffentlich. Es folgte eine riesige Welle der Solidarität. Es wurden unter anderem signierte Trikots der Nationalmannschaft und vom 1. FC Köln versteigert. Mit den Einnahmen möchte er in Zukunft nicht nur seine Behandlungen finanzieren, sondern auch ein Infoportal aufbauen, um Aufklärungsarbeit und Hilfestellung zu leisten.
Ein Flüchtling in der Champions League
Eine große Hilfestellung in ein neues Leben war für Aferdita Podvorica ihr damaliger Chefcoach vom 1. FFC Turbine Potsdam . Die ehemalige Spielerin ist einst aus dem Kosovo geflüchtet – vor Bürgerkrieg, vor Scharfschützen vor ihrem Haus, vor dem Anblick erschossener Nachbarn. In Potsdam wurde sie Bundesligaspielerin, kickte sogar in der Champions League. Von ihrem damaligen Trainer erhielt sie nicht nur auf sportlichem Gebiet Unterstützung. Er half auch im Berufsleben. „In Deutschland bekommt jeder eine Chance, etwas aus seinem Leben zu machen. Man muss sie nur nutzen. Der Fußball hat mich gerettet“, erzählte sie im Gespräch mit FUSSBALL.DE .
Tor im Rollstuhl
Für eine emotionale Schlagzeile sorgte außerdem Jens Bockgrawe, Anhänger des TSV Wallenhorst IV . Am letzten Spieltag der 3. Kreisklasse Nord B gelang ihm gegen Blau-Weiß Hollage V ein Treffer – im Rollstuhl. Seine Mannschaftskollegen dirigierten ihn direkt nach Anpfiff mit seinem Elektro-Rollstuhl in Richtung Tor. Nachdem sich das Team durch die Hollager Abwehr kombinierte, gab Bockgrawe der Kugel den letzten Stoß. Es war sein erstes offizielles Tor im Spielbetrieb . Anschließend wurde in der Fankurve gefeiert. Ein Tor, das unvergessen bleibt.
Unvergessen
Unvergessen bleibt auch Maurice „Mucki“ Banach. Der ehemalige Bundesligaprofi starb vor 25 Jahren an den Folgen eines Autounfalles. Damals war er 24 Jahre alt. Zurück blieben seine Frau und seine beiden Söhne. In unserer Serie Familienbande erzählen Zico und Danny, wie ihr Leben nach dem Verlust ihres Vaters weiterging. Einen von ihnen zog es später auf den Fußballplatz – Profi zu werden war aber nie ein Thema.
Familiendrama zerstörte Profitraum
Anders bei Admir Terzic . Der heute 24-Jährige träumte nicht nur vom Profifußball, sondern erlebte ihn beinahe hautnah. Terzic stand bei Borussia Dortmund kurz vor dem Durchbruch und spielte in der U 17-Nationalmannschaft an der Seite von Weltmeister Mario Götze. Doch dann ein dramatischer Schicksalsschlag. Sein Vater zündete das Haus an, in dem die Familie lebte, anschließend nahm er sich das Leben. Terzic hörte vorerst mit dem Fußballspielen auf und wurde in einer Klinik psychologisch behandelt. Nach seiner Pause war der Rückstand zu groß. Er verließ den BVB. Terzic nahm ohne zu zögern ein Angebot aus der Landesliga von den Sportfreunden Düren an und entschied sich für eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann. Der Traum vom Profi war zerstört, die Sichtweise auf das Leben verändert. Eine Situation die zeigt, wie unwichtig der Fußball sein kann.