Oberliga-Coach |16.09.2017|12:00

Ex-Profi Brdaric: Mit Kahn ist alles geklärt

Thomas Brdaric im Clinch mit Oliver Kahn im September 2002 (links) und als neuer Trainer von TeBe Berlin im September 2017. [Foto: Imago (2) / Collage: FUSSBALL.DE]

Thomas Brdaric ist zurück in Deutschland. Der 42-Jährige Ex-Profi ist seit wenigen Tagen Trainer beim ehemaligen Bundesligisten Tennis Borussia Berlin in der fünftklassigen NOFV-Oberliga Nord. In Brdarics Vita stehen acht Einsätze für die deutsche A-Nationalmannschaft und 204 Bundesligaspiele für Hannover 96, den VfL Wolfsburg, Bayer 04 Leverkusen, Fortuna Düsseldorf und den VfB Stuttgart. Als Trainer und Sportdirektor war Brdaric unter anderem schon in drei verschiedenen Regionalliga-Staffeln in Deutschland sowie in Mazedonien, Weißrussland und Usbekistan tätig.

Im aktuellen FUSSBALL.DE -Interview spricht Thomas Brdaric mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über seine neue Aufgabe in Berlin, seine Erfahrungen im Ausland und den legendären Griff von Oliver Kahn in den Nacken des Stürmers.

FUSSBALL.DE: Nach einem Jahr sind Sie wieder in Deutschland als Trainer tätig. Ein gutes Gefühl, Herr Brdaric?

Brdaric: Total. Ich freue mich sehr auf die Herausforderung bei TeBe Berlin.

"Insgesamt habe ich mich durch meine Zeit im Ausland als Mensch weiterentwickelt"

FUSSBALL.DE: Zuletzt waren Sie in Mazedonien Trainer beim Vizemeister Shkendija Tetovo. Noch vor dem Pokalfinale gegen Pelister Bitola lösten Sie jedoch Ihren Vertrag auf. Warum?

Brdaric: Wegen der politischen Lage. Das Verhältnis zwischen Mazedonien und Albanien hatte sich weiter verschlechtert und auch Auswirkungen auf mich als Trainer. Ich hatte Spieler aus beiden Ländern in der Mannschaft.

FUSSBALL.DE: Wie sah Ihr Alltag im Vergleich zu Ihrer Zeit in Deutschland aus?

Brdaric: In der täglichen Arbeit war man schon sehr eingeschränkt. Mit dem Auto musste man - je nach Verkehr - 15 bis 30 Minuten zum Training fahren. Am Trainingsplatz selbst gab es keine Umkleidekabinen. Und auch für das Krafttraining mussten wir uns selbst geeignete Orte suchen.

FUSSBALL.DE: Mazedonien war nach Weißrussland und Usbekistan Ihre dritte Station im Ausland. Welche Unterschiede gibt es im Vergleich zum deutschen Fußball?

Brdaric: Qualität ist definitiv vorhanden. Auch in diesem Jahr ist Shkendija Tetovo beispielsweise erst in der vierten Runde der Qualifikation zur Europa League ausgeschieden. Es gibt - wie bei jeder Mannschaft - innerhalb des Teams unterschiedliche Leistungsstufen. Ob das Niveau in Mazedonien eher mit der 3. Liga in Deutschland oder mit den Regionalligen vergleichbar ist, lässt sich nur schwer einschätzen.

FUSSBALL.DE: Was hat Sie an diesen Aufgaben gereizt?

Brdaric: Bei meinen Auslandsstationen handelte es sich immer um Vereine, die um den nationalen Meistertitel und um die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb mitspielen konnten. Diese Erfahrungen wollte ich sammeln.

FUSSBALL.DE: Wie ist Ihre Familie mit Ihrer Trainertätigkeit im Ausland umgegangen?

Brdaric: Die Familie ist in Deutschland geblieben. Meine Kinder gingen weiterhin zur selben Schule und meine Frau hat sich um unser Ausflugslokal in Wesel-Bislich gekümmert.

FUSSBALL.DE: Was waren die größten Herausforderungen im Ausland?

Brdaric: Neue Kulturen, Religionen und Mentalitäten. Aber auch die Kommunikation. Ich habe mein Kroatisch verbessert und Russisch gelernt. Insgesamt habe ich mich durch meine Zeit im Ausland als Mensch weiterentwickelt.

FUSSBALL.DE: Hatte Sie schon während Ihrer Spielerkarriere das Ausland gereizt?

Brdaric: In der Saison 2005/2006 gab es für mich mehrere Möglichkeiten, nach England zu wechseln. Leider hat das damals ein Knorpelschaden verhindert.

FUSSBALL.DE: Sie haben als Profi 204 Begegnungen in der Bundesliga bestritten. Ein Spiel, das vielen Fans zuerst einfällt, war im Trikot von Bayer 04 Leverkusen in der Saison 2002/2003 gegen Bayern München. Erinnern Sie sich?

Brdaric: Ja, ich war mit Torhüter Oliver Kahn aneinandergeraten und er hat mir in den Nacken gepackt.

FUSSBALL.DE Haben Sie seitdem Oliver Kahn noch mal getroffen?

Brdaric: Ja, zwischen uns ist alles geklärt. Die Situation war so aus dem Spiel heraus entstanden.

FUSSBALL.DE: Im Anschluss an diesen Vorfall hatten Sie eine Musik-CD aufgenommen, bei der Sie über die Torhüter Kahn, Frank Rost und Jens Lehmann gesungen haben. Was war da der Hintergrund?

Brdaric: Das war für mich eine kleine Ablenkung und eine Möglichkeit, um mich mit ein paar Duellen, die ich mit ihnen hatte, auseinanderzusetzen. Als Stürmer ist man während der Spiele schnell mit den Torhütern konfrontiert. Das war ein kleiner Spaß.

FUSSBALL.DE: Seit einer Woche sind Sie nun Trainer beim Oberligisten TeBe Berlin. Wie bewerten Sie das 0:0 bei Ihrem Debüt gegen den FSV Optik Rathenow?

Brdaric: Wir wollten etwas Zählbares mitnehmen und das ist uns gelungen. Darauf können wir aufbauen.

FUSSBALL.DE: Wie sehr war da schon Ihre Spielidee zu sehen?

Brdaric: Beim Spielaufbau sind wir schon auf einem guten Weg. Beim Umschaltspiel und der Zielstrebigkeit müssen wir uns noch verbessern. Wir wollen dominant und spielstark auftreten.

FUSSBALL.DE: Was haben Sie sich mit TeBe vorgenommen?

Brdaric: Wir wollen unsere Kräfte bündeln und den maximalen Erfolg einfahren. Wenn wir alle in eine Richtung arbeiten, bin ich sehr optimistisch, dass wir das auch schaffen werden.

FUSSBALL.DE: Wie gehen Sie damit um, dass mit dem BFC Dynamo, dem FC Viktoria, dem Berliner AK, Hertha BSC II und der VSG Altglienicke gleich fünf Berliner Teams in der Regionalliga Nordost spielen und TeBe damit den Rang abgelaufen haben?

Brdaric: Das ist nicht einfach für uns. Aber was ist im Fußball schon einfach? Wir als Verein werden uns strecken, um diese tolle Herausforderung irgendwann stemmen zu können.

FUSSBALL.DE: In den deutschen Regionalligen waren Sie bei der TSG Neustrelitz, dem VfL Wolfsburg II und dem TSV Steinbach durchaus erfolgreich. Gab es zwischenzeitlich auch Angebote aus höheren Ligen?

Brdaric: Ja, es gab Gespräche mit Vereinen aus der 3. Liga und aus der 2. Bundesliga. Aber es hatte nicht für alle Beteiligten gepasst.

FUSSBALL.DE: Mit der TSG Neustrelitz wurden Sie sogar sensationell Meister der Nordost-Staffel. Aktuell liegt die TSG auf dem vorletzten Platz, wäre eigentlich schon in der Vorsaison als Schlusslicht sportlich abgestiegen. Wie nehmen Sie die Entwicklung bei Ihrem ehemaligen Verein wahr?

Brdaric: Jeder Trainer und Sportdirektor hat die Chance, einen Kader zusammenzustellen und ihn weiterzuentwickeln. Die Symbiosen zwischen den Verantwortlichen, Funktionären und den Spielern muss stimmen, um Erfolg einfahren zu können. Ich bin heute viel zu weit weg, um dies beurteilen zu können.