Seine Deutschlandreise geht weiter: Der ehemalige Nationalstürmer Thomas Brdaric ist durch seinen Amtsantritt beim TSV Steinbach der erste Trainer, der bereits in drei der fünf Regionalligen (seit 2012) gearbeitet hat. Mit der TSG Neustrelitz gewann Brdaric 2014 den Nordost-Titel, als Trainer der U 23 des VfL Wolfsburg beendete der ehemalige Bundesligaprofi die vergangene Saison als Vizemeister. Jetzt hat es ihn in die Regionalliga Südwest verschlagen.
Im aktuellen FUSSBALL.DE -Regionalliga-Interview spricht Thomas Brdaric über die Gründe für seinen Wechsel zum TSV Steinbach, seine Ziele sowie die Unterschiede zu Stefan Effenberg.
FUSSBALL.DE: Nach Stationen im Nordosten und im Norden sind Sie jetzt in der Südwest-Staffel für den abstiegsbedrohten Neuling Steinbach tätig. Was hat Sie dazu bewogen, Herr Brdaric?
Thomas Brdaric: Ich möchte dem Verein helfen, auf die nächste Ebene zu gelangen und professionelle Strukturen zu schaffen. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Es ist ein langwieriger Prozess, den ich mitgestalten und mit verantworten möchte.
"In dieser Entwicklungsphase als Trainer ist es nicht entscheidend, wie groß der Verein ist, bei dem man arbeitet"
In der vergangenen Saison kämpften Sie mit der U 23 des VfL Wolfsburg noch um den Meistertitel im Norden und den möglichen Aufstieg in die 3. Liga. Jetzt geht es mit Steinbach um den Klassenverbleib. Ein Rückschritt?
Brdaric: Nein, im Gegenteil! Gerade für einen jungen Trainer ist es doch sehr wichtig, so viele unterschiedliche Erfahrungen wie möglich auf verschiedenen Ebenen zu sammeln. Dass ich jetzt bereits in der dritten Regionalliga-Staffel tätig bin, ist also genau der richtige Weg. In dieser Entwicklungsphase als Trainer ist es nicht entscheidend, wie groß der Verein ist, bei dem man arbeitet. Priorität haben die Möglichkeiten und Perspektiven. Und die sind in Steinbach auf jeden Fall gegeben. Ich habe damit bewusst einen anderen Weg eingeschlagen als aktuell beispielsweise Stefan Effenberg. Statt sich vorher bei kleineren Vereinen an den Trainerposten heranzutasten, hat Effe sehr lange auf den richtigen Zeitpunkt gewartet und leitet jetzt gleich zu Beginn seiner Trainerlaufbahn beim SC Paderborn 07 die Geschicke eines Zweitligisten.
Seit Ihrem Abschied vom VfL Wolfsburg sind mehr als vier Monate vergangen. Wie haben Sie die Zeit ohne Verein überbrückt? Hatten Sie auch Angebote von anderen Klubs?
Brdaric: Zunächst einmal muss ich dazu sagen, dass mein Engagement in Wolfsburg ziemlich plötzlich zu Ende gegangen war. Zu diesem Zeitpunkt waren schon viele Trainerposten bei interessanten Vereinen besetzt. Ich habe die vergangenen Monate dazu genutzt, mich neu zu orientieren, weiter an mir zu arbeiten und mich weiterzuentwickeln. Dafür habe ich unter anderem bei den beiden Zweitligisten VfL Bochum und FC St. Pauli hospitiert, war dort jeweils sehr nah an der Mannschaft. Ich konnte neue Impressionen gewinnen, die ich jetzt auch in meine eigene Arbeit mit einfließen lassen kann. Es gab zwar auch Gespräche mit anderen Klubs, die mich als Trainer verpflichten wollten, aber da hat es einfach nicht gepasst.
Beim TSV Steinbach haben Sie jetzt einen Vertrag bis Juni 2017 unterschrieben. Kurzfristig kann es nur um den Klassenverbleib gehen, oder?
Brdaric: Definitiv, die Tabelle lügt ja nicht. Es ist in den nächsten Wochen aber erst einmal wichtig, dass die Mannschaft und ich uns aneinander gewöhnen. Dabei sind wir fokussiert auf den nächsten Spieltag und den jeweiligen Gegner. Ich habe einen hohen Anspruch, verlange ein sehr professionelles Verhalten und werde die Mannschaft in die Pflicht nehmen.
Wie ist Ihr erster Eindruck von der Mannschaft?
Brdaric: Es liegt auf jeden Fall einiges an Arbeit vor uns. Ich habe ein Team übernommen, das sich gewiss in einem suboptimalen Zustand befindet. Ein Grund dafür ist sicherlich auch, dass unser Kader eine Mischung aus Vollprofis, Studenten und Berufstätigen ist. Da braucht es noch mehr Zeit, bis die Jungs eingespielt sind und die Automatismen greifen können.
Ist die Situation vergleichbar mit den ersten Wochen Ihrer Amtszeit bei der TSG Neustrelitz?
Brdaric: Nein, das ist nicht vergleichbar! Bei der TSG waren die professionellen Rahmenbedingungen schon weiter ausgeprägt. Ich habe damals einen Kader übernommen, der qualitativ und quantitativ sehr gut zusammengestellt war. In Steinbach müssen wir die Rahmenbedingungen erst noch schaffen. Außerdem ist das Land Mecklenburg-Vorpommern überwiegend flach, während es hier in Hessen sehr viele Berge gibt. Ein weiterer Unterschied! (lacht)
Ihr Debüt verlief unglücklich. Gegen die SpVgg Neckarelz gab es eine 1:3-Heimniederlage. Was lief schief?
Brdaric: Mit der ersten Halbzeit war ich durchaus zufrieden. Da haben wir gezeigt, dass wir mithalten können. In Hälfte zwei wurde dann deutlich, dass die Kondition meiner Mannschaft derzeit noch nicht ausreicht, um in dieser Liga zu bestehen. Der Fitnesszustand ist auch ein Problem, das wir in den nächsten Wochen angehen werden.
Das heißt, Ihr Team kann sich auf zusätzliche Konditionseinheiten „freuen“?
Brdaric: Das ist der Plan (lacht). Allerdings ist es wichtig, nicht mit der Brechstange an die Sache heranzugehen. Es bringt nichts, mit dem Team im Training so sehr ans Limit zu gehen, das keine Luft mehr für die Spiele bleibt. Ich werde die Jungs mit viel Fingerspitzengefühl an ihre Grenzen bringen. Grenzen, die sie verarbeiten können.
Am Samstag treten Sie mit Ihrer Mannschaft beim FC-Astoria Walldorf an. Was macht Sie zuversichtlich, dass Sie dort zumindest den ersten Punkt als TSV-Trainer einfahren?
Brdaric: Ich habe jetzt zum ersten Mal eine komplette Woche Zeit, um mit der Mannschaft intensiv zu arbeiten. Wir werden im athletischen Bereich eine Schippe drauflegen und uns auch taktisch etwas einfallen lassen, um in Walldorf etwas Zählbares mitzunehmen.
Autor/-in: Christian Knoth / mspw