Schalker Arena |02.10.2017|21:00

Gänsehaut auf Schalke: Siebtligist siegt 2:0!

Ein großer Tag für den TSV Aufderhöhe und Torschütze Kevin Engels (rechts): Der Bezirksligist spielte in der Schalke-Arena. [Foto: Buschmann (3) / Collage: FUSSBALL.DE]

Als Kevin Engels in der 77. Minute das 2:0 gegen Bayer Dormagen schießt, ist für den Stürmer des TSV Aufderhöhe das Glück vollkommen. Der 26-Jährige ist nämlich großer S04-Fan, und der Solinger Bezirksliga-Aufsteiger hat sich für das Heimspiel gegen den Tabellennachbarn ein besonderes Ambiente ausgesucht – die Arena auf Schalke.

Es ist ein schöner Sonntag, der 1. Oktober, goldener Herbst, und für den TSV Aufderhöhe der Höhepunkt in seinem gesamten Vereinsleben. Das Match gegen Dormagen haben die Solinger beim einem Veltins-Gewinnspiel abgeräumt. Als Geschätsführer Yorik Heiber TSV-Trainer Daniel Redmer und der Mannschaft von der Aktion berichtet, kommt Aufderhöhe vor Begeisterung gar nicht mehr runter. Innerhalb von zehn Tagen organisiert der Verein Busse für die Fans, macht ordentlich Werbung in der Klingenstadt und trommelt sogar beim WDR-Fernsehen für das Spiel des Jahres.

Am Sonntag geht es für die Truppe bereits um 12.15 Uhr von Solingen aus los – und zwar im Schalker Mannschaftsbus. Zum Gewinn gehören nicht nur die 90 Minuten auf dem „heiligen“ Rasen der Arena, sondern eben auch die Fahrt im königsblauen Luxusliner, in dem sonst Stars wie Ralf Fährmann, Leon Goretzka und Co. sitzen. Kurz nach eins und 70 Kilometer weiter wird Kevin Engels, aber auch die BVB-Fraktion um Maximilian Müllers, Tobias Friße und Tim Hartkopf, immer nervöser.

Gleich dürfen sie ins Allerheiligste, die Kabine. „Еin Kindheitstraum ist wahr geworden“, sagt Marco Nyhof, auch er Königsblauer, mit leuchtenden Augen. „Ich konnte es erst gar nicht glauben, als uns Yorik Heiber und unser Trainer Daniel Redmer davon erzählt haben“, gibt Kevin Engels zu. „Und dann bist du plötzlich wirklich hier, ziehst dich in der Kabine deiner Idole um. Als ich durch den Tunnel in die Arena eingelaufen bin, kam ich gar nicht mehr aus dem Grinsen heraus und hatte nur noch Gänsehaut!“

"Als ich durch den Tunnel in die Arena eingelaufen bin, kam ich gar nicht mehr aus dem Grinsen heraus und hatte nur noch Gänsehaut"

Gerade einmal 40 Stunden ist es her, als der 26-Jährige diesen Ort eher enttäuscht verlässt. 1:1 gegen Bayer Leverkusen haben „seine“ Schalker nur gespielt, natürlich steht Kevin Engels in der Nordkurve, wie immer. „Leon muss das 2:0 machen, dann gewinnen wir“, sagt er, Goretzkas Riesenchance in der zweiten Halbzeit am Freitagabend vor Augen. Er will es am Sonntag an selber Stelle natürlich besser machen, so eine Gelegenheit kommt doch nie wieder.

Die Partie gegen Bayer Dormagen steht lange auf Messers Schneide, in der Bezirksliga Niederrhein, Gruppe 1, geht es für beide Teams um den Klassenerhalt. Als der gerade eingewechselte Malte Gregor dann in der 71. Minute das 1:0 für den TSV Aufderhöhe gelingt, ist in der Arena die Hölle los. 1.204 Zuschauer machen fast so viel Läm wie 60.000, die sonst ins Gelsenkirchener WM-Stadion pilgern. Die Jugendspieler des Vereins sind alle dabei, sie sind an diesem Sonntag die Aufderhöhe-Ultras, mit weißen T-Shirts und der Aufschrift „Вlau und Weiß sind die Farben der Nation“. Der TSV Aufderhöhe und Schalke 04 – das passt an diesem Sonntag nicht nur wegen der gleichen Vereinsfarben perfekt.

„Unsere Fans waren überragend“, lobt Coach Daniel Redmer den Anhang – und nicht nur den. „Еurofighter“ Mike Büskens ist an diesem Tag sein „Co“ an der Seitenlinie. „Еr hat mich kurz vor unserem Führungstreffer gefragt, ob wir einen Spieler auf der Ersatzbank hätten, der vor dem Tor nicht nachdenkt“, berichtet Daniel Redmer vom fachlichen Austausch mit dem Ex-Profi. „Ich habe an Malte gedacht, ihn gebracht und dann macht er das Tor – unglaublich!“

Dormagen wirft alles nach vorne, drängt auf den Ausgleich – und dann kommt Kevin Engels. Ein schneller Gegenstoß und der Angreifer schließt überlegt zum 2:0-Endstand ab. „Еinmal hier in der Arena spielen zu dürfen und dann noch das Tor zu schießen: Das ist der Wahnsinn, ich bin einfach nur überglücklich“, sprudelt es aus Kevin Engels. Kult-Stadionsprecher „DJ Dirk“ lässt ihn am Mikro hochleben. Oben auf dem Videowürfel kann sich der Angreifer das Tor noch einmal anschauen. 04 Minuten später wird er ausgewechselt, die Fans feiern ihn, als wenn Aufderhöhe gerade die Meisterschaft gewonnen hätte. Am Rande des Spielfeld gibt der Amateurkicker, heute Held für einen Tag, schon die ersten Interviews.

Um 17.21 Uhr pfeift Schiedsrichter Uwe Schandri das Spiel ab. Der TSV Aufderhöhe gewinnt in der Schalker Arena mit 2:0 gegen Bayer Dormagen. Es sind für die Solinger drei wichtige Punkte gegen den Abstieg, rein rechnerisch sind die Zähler im nächsten Auswärtsspiel am kommenden Sonntag (15.15 Uhr) bei der 1. SpVg. Solingen-Wald genau so bedeutend. Das Erlebnis aber, mit mehr als 1.000 Zuschauern in der Schalker-Arena gesiegt zu haben, wird für die Spieler und alle Beteiligten unvergesslich bleiben. Tage wie diese sind es, die den Fußball ausmachen, insbesondere den Amateursport.

Nach der Partie geht die Party richtig los. In der Kabine wird gesungen, getanzt und gebechert. Es ist nur der Auftakt für eine lange Nacht in Solingen. „Die meisten Jungs haben sich vorsorglich für Montag einen freien Tag gegönnt“, verrät Aufderhöhe-Kapitän Tim Steinigans. Auch er selbst, Lehrer an einer Grundschule in Dormagen, hat einen Brückentag eingeschoben. „So ein Tag muss gefeiert werden“, weiß Trainer Daniel Redmer.

Am Dienstag müssen alle wieder nüchtern sein, dann ist Training. Nach dem königsblauen Sonntag kehrt am Tag der deutschen Einheit beim TSV Aufderhöhe der Alltag ein.