Trikotspende |03.12.2017|17:00

Alte Trikots, große Freude: Völksen in Afrika

Die Soccer Girls der Barnes Primary School mit Viktoria Köhler (oben rechts) und ihre neuen Trikots [Foto: BPS]

Eine Mädchenmannschaft von Fünft- bis Siebtklässlerinnen aus dem südafrikanischen East London trägt jetzt Trikots des SC Völksen aus Niedersachsen. Der Verein aus der Ortschaft von Springe, zwischen Hameln und Hannover gelegen, spendete nämlich einen gut erhaltenen schneeweißen Trikotsatz der ehemaligen B-Juniorinnen für die Schülerinnen aus Südafrikas Provinz Ostkap. Es ist nicht das erste soziale Projekt der Frauen des SC Völksen, wohl aber eine tolle und bemerkenswerte Aktion der Kreisliga-Spielerinnen, die für das ungewöhnliche Bild beim Training der jungen Schülerinnen gesorgt hat.

Der Trikotsatz des SC Völksen ging Anfang Oktober als Paket auf die lange Reise nach Südafrika und kam nach gut drei Wochen endlich unversehrt bei den südafrikanischen Schülerinnen des Girls Soccer Teams der Barnes Primary School an. In East London, einer Stadt mit mehr als 250.000 Einwohnern, zwischen den Mündungen des Nahoon Rivers und des Buffalo Rivers in den Indischen Ozean gelegen, wurde die Sendung von den jungen Kickerinnen im Stadtteil Barea schon sehnsüchtig erwartet. Entsprechend groß war jetzt der Jubel. Trainerin Viktoria Köhler jedenfalls schickte sofort ein Bild von der Poststation. Inzwischen folgten die ersten Bilder der Mannschaft in der neuen Sportkleidung an die Frauen des SC Völksen.

Die Geschichte dazu: „Unsere Spielerin Viktoria Köhler ist derzeit für ein entwicklungspolitisches Auslandsjahr in Südafrika“, berichtet Meik Rennekamp, Manager der Völksener Fußballerinnen und in den Jahren zuvor auch bereits deren Co-Trainer. Damals spielte das Team noch höher, im Bezirk Hannover in der Landesliga und davor sogar auf Verbandsebene in der Niedersachsenliga Ost.

WhatsApp aus Südafrika

"Ich wurde in diesem Dress Kreispokalsiegerin. Deshalb bedeutet es mir etwas, dass die Trikots nicht irgendwo auf dem Dachboden vor sich hin gammeln"

Die 18-jährige Viktoria Köhler hat im letzten Sommer ihr Abitur am Otto-Hahn-Gymnasium in Springe gemacht. Berufswunsch der Mittelfeldspielerin ist es, Lehrerin zu werden. Es ist ihr gelungen, ihr Auslandsjahr in Südafrika mit diesem Wunsch zu verknüpfen. Köhler sammelt seit September in East London erste Erfahrungen an der Barnes Primary School, betreut dort nachmittags auch ein Mädchenteam von Fünft- bis Siebtklässlerinnen.

An ihren Erlebnissen und Eindrücken lässt sie ihre Völksener Mitspielerinnen, die zur Winterpause in der Kreisliga Hannover in Staffel 1 einen ordentlichen dritten Tabellenplatz belegen, via WhatsApp und Emails teilhaben. Für die Menschen dort sei es unerschwinglich, Trikots und anderweitige Ausrüstung zu kaufen, fasst Rennekamp die so gewonnenen Informationen zusammen. „Die Mädchen trainieren in ihrer Schuluniform, mit der sie anschließend wieder im Klassenzimmer sitzen. Wir haben uns überlegt, den Kindern einen sehr guten gebrauchten Trikotsatz unserer ehemaligen B-Juniorinnen zu schicken.“

Die SCV-Fußballerinnen vom Deister reagierten prompt. Nicht nur das: Dazu spendierten sie noch aus eigener Kasse eine große Sporttasche, zwei neue Fußbälle, einige Trainingsutensilien sowie eine Jacke für die Trainerin. Die Versandkosten von rund 120 Euro zahlten die Kickerinnen aus der Mannschaftskasse. „Ich finde es vorbildlich, wie meine Spielerinnen sich engagieren. Das ist absolut nachahmenswert“, lobt Coach Maik Heise, zuvor mehrere Jahre lang Fitnesstrainer bei den Frauen. Die 19-jährige Kapitänin Annika Leopold ist begeistert: „Das ist eine richtig coole Aktion. Unser ganzes Team war sofort Feuer und Flamme, den alten Trikotsatz wegzugeben. Da haben wir sehr gerne noch was oben drauf gelegt für die Mädels in Südafrika.“

Trikots für Straßenkinder

Es sei nicht das erste Mal, eine Aktion dieser Art durchzuführen, berichtet Rennekamp, der über einen beruflich engagierten Freund zu dieser Art von Hilfe animiert wurde. Man habe inzwischen schon häufiger gut erhaltene Trikotsätze oder Trainingsanzüge zu Menschen in Länder geschickt, die es gut gebrauchen können. Zuletzt gingen 2016 Trikots nach Brasilien zu Fußball spielenden Straßenkindern.

„Derzeit steht bei uns ein Karton, in dem wir abgelegte Fußballschuhe sammeln. Die werden auch irgendwann irgendwo hin gehen und wieder eine Verwendung finden. Mir ist der Erziehungsprozess wichtig, die eigenen Ressourcen, ökonomisch wie ökologisch, stärker wertzuschätzen“, sagt der umtriebige Manager. „Auf diese Weise bekommen die größtenteils mal von Sponsoren finanzierten Sachen noch eine weitere sinnvolle Verwendung und machen anderswo Herzen froh. Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Es ist für uns eine Leichtigkeit, auf diese Art Menschen zu helfen, die sich Vieles nicht leisten können. Mir ist wichtig, nachhaltig ein solches Verantwortungsbewusstsein  festzusetzen.“

In Völksens Team jedenfalls strahlen sie über die frischen Fotos aus Südafrika, „weil wir jetzt sehen, wie sich die Kinder über unsere Trikots freuen“, sagt Annika Leopold. „Das ist ein schönes Gefühl, den Mädchen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Erst recht, weil viele aus unserem Team in diesen Trikots früher selbst noch gespielt haben, Erfolgserlebnisse feiern konnten und deshalb eine direkte Beziehung verspüren. Ich wurde zum Beispiel in diesem Dress Kreispokalsiegerin. Deshalb bedeutet es mir etwas, dass die Trikots nicht irgendwo auf dem Dachboden vor sich hin gammeln.“

Kapitänin Leopold ist mit fünf Toren auch derzeit erfolgreichste Schützin beim SCV. Zuletzt erzielte sie den punktbringenden Treffer zum 2:2 gegen Tabellennachbarn Hannover 74  höchstpersönlich zwei Minuten vor Schluss. Annika Leopold übrigens ist auch schon mal als Schiedsrichterin bei den F-Junioren unterwegs, wo Völksen mit dem SC Bison Calenberg als Jugendspielgemeinschaft kooperiert. Beide Klubs gehören zur Gemeinde Springe. Passt irgendwie, denn Leopold ist in studentischer Ausbildung bei der Polizei.  Im Nachbarschaftsderby beider Frauenteams übrigens konnte sich der SCV mit 2:0 über Bison durchsetzen.