Reitmaier: Aus der fünften Liga durchstarten
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Mit einem 3:1-Sieg beim Regionalliga-Absteiger SV Seligenporten ist der Würzburger FV optimal in die neue Saison in der Bayernliga Nord gestartet. Im Süden Deutschlands hat die Serie bereits begonnen, bis zum 1. Dezember werden satte 23 Spieltage durchgezogen, ehe der lange Winter kommt und es erst nach drei Monaten Pause weitergeht. Schon am heutigen Mittwoch steht daher die zweite Runde an, wenn die Blau-Weißen um 18.30 Uhr Bayern Hof empfangen. Ein strammes Programm, doch das ist kein Problem für einen ehrgeizigen Sportler wie Marc Reitmaier. Der Trainer des Würzburger FV ist der Sohn des Würzburger-Kickers-Ehrenspielführers Gerd Reitmaier und Neffe des früheren Bundesliga-Keepers Claus Reitmaier – die neueste Folge unserer Serie „Familienbande“.
Für Marc Reitmaier schließt sich an der Mainaustraße ein Kreis. Hier hat der heute 35-Jährige das Fußball spielen gelernt, hier war er später in den Senioren wieder aktiv und übernahm schließlich im Herbst 2015 das Traineramt.
Geboren in Würzburg, schließt er sich als kleiner Junge zunächst dem nächsten Verein um die Ecke, dem TSV Kleinrinderfeld, an. Er hat Talent und wechselt früh zu den Würzburger Kickers. „Wenn man Bilder von mir als Kind sieht, dann gibt es fast keins ohne Ball“, sagt Marc Reitmaier lachend. In der B-Jugend spielt er zum ersten Mal beim Würzburger FV, ehe er mit 17 Jahren seine Heimat verlässt und ins 402 Kilometer entfernte Wolfsburg zieht.
Onkel Claus, im Laufe seiner Karriere 335-mal für unter anderem den 1. FC Kaiserslautern, den Karlsruher SC und später Borussia Mönchengladbach im Kasten, steht zu der Zeit bei den Wölfen im Tor. „Ich habe zu der Zeit in der Bayernauswahl gespielt und hatte einige Anfragen“, schildert Marc Reitmaier seinen damaligen Konflikt. „Obwohl es natürlich sehr hart für mich war, meine gewohnte Umgebung mit meiner Familie und meinen Freunden hinter mir zu lassen, habe ich mich in Wolfsburg schnell eingelebt und dort mit einem anderen Juniorenspieler in der Nähe des alten VfL-Stadions in einer WG gewohnt.“
"Meine Eltern haben immer Wert darauf gelegt, dass ich etwas vernünftiges lerne"
Das Abenteuer Autostadt bleibt für ihn ein kurzes. Nach der U 19 verlässt er Niedersachsen wieder und kehrt in die Heimat zurück. „Natürlich habe ich in Wolfsburg auf einen Profivertrag gehofft und in der Bundesliga zu spielen, aber als sich das nicht ergeben hat, habe ich nicht weiter auf die Karte Berufsfußball gesetzt“, erklärt Marc Reitmaier. Zu Hause in Würzburg holt er sein Abitur nach und absolviert eine Ausbildung zum Bankkaufmann. „Meine Eltern haben immer Wert darauf gelegt, dass ich etwas vernünftiges lerne und ich bin froh, dass ich ihren Rat beherzigt habe“, gibt er zu.
Fußball spielt Marc Reitmaier weiter auf hohem Niveau, meistens in der Bayernliga. Über die Stationen SC Fürstenfeldbruck, FC Ismaning, Schweinfurt 05, Würzburger Kickers und die FSG Wiesentheid landet er wieder beim Würzburger FV, für den er bereits in der Saison 2004/2005 und 2009/2010 für jeweils eine Saison kickt – dann aber als Trainer. Schon zu seiner Schweinfurter Zeit erwirbt er die C-Lizenz und legt später bei den Kickers Würzburg den B-Schein nach. „Für mich war immer klar, dass ich nach meiner aktiven Karriere Trainer werden möchte. Dass es dann recht schnell kam, lag auch an zwei schweren Verletzungen, einem Kreuzbandriss und einem Wadenbeinbruch“, verrät Marc Reitmaier.
Als er den WFV im Herbst 2015 als 32 Jahre alter Rookie übernimmt, steht die Mannschaft auf einem Abstiegsplatz in der Bayernliga. Unter schwierigen Bedingungen gelingt den Würzburgern der Klassenverbleib, doch dann geht es in der fünften Spielklasse unter dem jungen Coach Stück für Stück nach oben: Die Saison 2016/2017 schließen die Blau-Weißen schon als Zehnter ab, ehe sie in der letzten Serie als Dritter nur knapp die Aufstiegsrelegation zur Regionalliga verpassen.
Für Marc Reitmaier zwar ein schöner Ansporn, seine Mannschaft und sich weiter verbessern zu wollen, doch finanziell und von der Infrastruktur her gehört der Würzburger FV wohl eher nicht zu den Top-Klubs in der Liga. „Ich sehe uns nicht als Aufstiegskandidaten. Da gibt es andere Teams in der Bayernliga, die bessere Möglichkeiten haben als wir“, meint Marc Reitmaier. „Trotz der guten letzten Saison werden wir uns daher nicht hinstellen und mit unserem kleinen Etat große Ziele formulieren. Unser Ziel ist ein einstelliger Tabellenplatz – wenn wir gegen Ende der Runde wieder oben dabei sein sollten, werden wir uns sicher nicht dagegen wehren, wenn mehr drin ist.“ Vorbereitet auf den Sprung nach oben wären sie auf der Sepp-Endres-Sportanlage, die Lizenz für die Regionalliga hatten sie ja auch schon in der letzten Saison gestellt.
Ob Marc Reitmaier dann noch beim WFV am Ruder sein wird, ist eine andere Frage. Er ist ehrgeizig, möchte in den nächsten zwei oder drei Jahren Fußballlehrer werden. Durch seine Nebentätigkeit als Scout für die Nachwuchsabteilung der TSG Hoffenheim hat er schon jetzt einen guten Einblick in den Profifußball und kann einem hoch geschätzten jungen Trainerkollegen wie Julian Nagelsmann ein wenig über die Schulter schauen. Vorerst ist das nur Anschauungsunterricht – Marc Reitmaier hätte aber sicher nichts dagegen, irgendwann einmal selbst als Trainer in der Bundesliga zu arbeiten.