Der stürmende Torhüter: Mehr Treffer als Butt
Treffsicherer Torhüter: Markus Neugebauer. [Foto: privat]
Markus Neugebauer liebt den großen Auftritt. Auf der Bühne, als Alleinunterhalter „DJ Herr Voragend“. Vor allem aber auf dem Fußballplatz. Neugebauer war in der abgelaufenen Spielzeit mit zwölf Toren treffsicherster Schütze der Altherren der SG Medizin Großschweidnitz. Als Stürmer durfte der Sachse ganz offiziell auf Torejagd gehen. Denn zuvor war Neugebauer zwar regelmäßig in den Strafräumen der Gegner aufgetaucht – allerdings als Torhüter.
Mal traf Neugebauer aus dem Spiel heraus, mal versenkte er einen Freistoß direkt, meistens aber verwandelte er vom Elfmeterpunkt. „Ich habe wohl mehr Tore als ein Hans-Jörg Butt vom Punkt erzielt“, sagt Neugebauer. Dem früheren Torwart des HSV, von Bayer Leverkusen und dem FC Bayern gelangen immerhin 26 Tore in der Bundesliga. Neugebauer schätzt, dass er als Torhüter in seinen 17 Jahren im Männer-Bereich 120 Treffer erzielt hat. „Vorsichtig geschätzt“, sagt der 35-Jährige.
"Ich war viel im Feld unterwegs"
Den „Keeper mit dem Torriecher“ nannte ihn die Lokalpresse und die „verrückte Nummer eins“. Denn Neugebauer interpretierte das Torwartspiel schon immer sehr freizügig – bevor Manuel Neuer die Ausflüge aus dem Strafraum salonfähig machte. „Ich war viel im Feld unterwegs“, sagt Neugebauer. Aber ein Hasardeur wie einst der Mexikaner Jorge Campos sei er nicht gewesen, darauf legt er Wert. Eher habe er früh den Libero aus dem Tor gegeben. Schließlich wurde er noch in der DDR ausgebildet, und im Trainingszentrum der BSG Lautex Neugersdorf - mittlerweile der Regionalligaklub Oberlausitz Neugersdorf - sei er auch als Schlussmann technisch geschult worden. „Ich habe eine wunderbare Ausbildung genossen“, sagt Neugebauer, der später als Jugendlicher mit der Mannschaft ins Trainingslager in die Türkei reiste. „Ich durfte in fast jedem Verein die Elfmeter schießen“, sagt Neugebauer, der es bis in die Landesliga brachte. „Ich hatte das Vertrauen der Trainer und der Mannschaft. Es gehört schon was dazu, das den Torwart machen zu lassen.“
Ein Treffer auf Video
Nur eines seiner Tore ist auf Video festgehalten. Und das auch nur aus Zufall. „Mit dem FSV 1990 Neusalza Spremberg haben wir gegen FSV Empor Löbau gespielt. Das Spiel wurde für den neuen Trainer gefilmt, damit er die Mannschaft kennenlernt“, erzählt Neugebauer. Im Video ist er also zu sehen, wie er beim Stand von 2:3 kurz vor Schluss mit nach vorne in den gegnerischen Strafraum geht. Neugebauer bekommt den Ball vor die Füße, will einen Abwehrspieler ausspielen und wird von den Beinen geholt – Elfmeter! Den schießt er selbstverständlich selbst.
Weitere Treffer werden nicht mehr hinzukommen. Zur neuen Saison macht Neugebauer Schluss. Sein Klub Medizin Großschweidnitz fusioniert mit dem FSV Empor Löbau zum SC Großschweidnitz Löbau. Im neuen Verein wird Neugebauer Co- und Torwarttrainer. Seine Kreuzbänder waren schließlich mehrfach angerissen. „Irgendwann ist man zu alt“, sagt der stürmende Torwart. Längere Ausfallzeiten kann sich der Familienvater als Außendienstmitarbeiter im Getränkehandel nicht erlauben. Und als DJ schon gar nicht. „Ich kann ja nicht angehumpelt kommen und die Gesellschaft bitten, die Anlage aufzubauen“, sagt Neugebauer. Das wäre wahrlich kein großer Auftritt.