Kultkeeper |28.09.2016|14:10

Coach Piplica: "Nie wirklich Chance erhalten"

Einst Torwart in der Bundesliga, heute Interimstrainer in der Regionalliga Nordost: Tomislav Piplica (rechts unten mit Ede Geyer, seinem früheren Trainer in Cottbus). [Foto: Imago (3) / Collage: FUSSBALL.DE]

Beim Nordost-Regionalligisten FSV Wacker Nordhausen tummeln sich zwei Kultfußballer. Neben dem vom Bundesligisten SV Darmstadt 98 verpflichteten Angreifer Marco „Toni“ Sailer, der die Thüringer möglichst in die 3. Liga schießen soll, ist in Interimstrainer Tomislav Piplica ein weiterer ehemaliger Bundesligaprofi in Nordhausen tätig. Noch heute legendär ist das kuriose Kopfball-Eigentor des Ex-Torwarts vom jetzigen Ligakonkurrenten FC Energie Cottbus in der Saison 2001/2002 gegen Borussia Mönchengladbach. Am Freitag (ab 19 Uhr) will der etatmäßige Torwarttrainer Piplica, der den beurlaubten Joe Albersinger abgelöst hatte, den FSV Wacker mit einem Auswärtssieg in Auerbach in die Erfolgsspur zurückführen.

Im aktuellen FUSSBALL.DE - Regionalliga-Interview der Woche spricht der heute 47-jährige Tomislav Piplica mit Mitarbeiter Christian Knoth über sein Trainerdebüt für Nordhausen, frühere Trainerjobs in der Landesliga, seinen langjährigen Trainer Eduard „Ede“ Geyer und er erklärt, wie es damals zum immer noch unvergessenen Eigentor gegen Borussia Mönchengladbach kam.

"Ede Geyer ist privat viel lockerer, ein eher ruhiger Geselle. Vor allem, wenn seine Frau dabei ist"

FUSSBALL.DE: Seit der Trennung von Cheftrainer Josef Albersinger leiten Sie interimsweise die Geschicke des FSV Wacker Nordhausen. Zu Ihrem Einstand gab es ein 1:1 gegen den ZFC Meuselwitz. Wie zufrieden waren Sie?

Tomislav Piplica: Mit dem Engagement und der Spielweise meiner Mannschaft war ich sogar hochzufrieden. Wir sind nach dem 0:1-Rückstand, der durch einen Sonntagsschuss gefallen war, hervorragend zurückgekommen. Am Ende hatten wir auch genug Chancen, um die Partie noch für uns zu entscheiden. Die zweite Halbzeit war ein Spiel auf ein Tor. Mit etwas mehr Glück wären wir als Sieger vom Platz gegangen. Aber es war auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Das sahen auch die Fans so, die nach der Partie zehn Minuten Beifall geklatscht haben.

FUSSBALL.DE: Bereits am Freitag geht es für den FSV Wacker beim VfB Auerbach weiter. Dort werden Sie nach aktuellem Stand erneut als Interimstrainer auf der Bank Platz nehmen. Was stimmt Sie optimistisch, dass nach vier Spielen ohne Sieg wieder ein Erfolgserlebnis eingefahren wird?

Piplica: Wenn wir an die Leistung gegen Meuselwitz anknüpfen und vorne unsere Tormöglichkeiten besser nutzen, bin ich guter Dinge, dass es mit einem Dreier klappt. Wir wissen, dass wir besser sind, als es der Tabellenstand aussagt. Das müssen wir jetzt aber auch zeigen und unsere gute Leistung in Punkte ummünzen.

FUSSBALL.DE: Könnten Sie sich auch vorstellen, den Trainerposten in Nordhausen langfristig einzunehmen?

Piplica: Grundsätzlich wäre das definitiv eine Option für mich. Ich habe bereits vor vielen Jahren meine Ausbildung zum Fußball-Lehrer abgeschlossen, bisher aber noch nirgendwo wirklich die Chance erhalten, mich zu beweisen. Wenn der FSV Wacker mich langfristig als Cheftrainer installieren möchte, werde ich mich ganz bestimmt nicht dagegen wehren. Allerdings liegt die Entscheidung nicht in meiner Hand. Das ist allein Sache des Vorstands.

FUSSBALL.DE: Es wäre nicht Ihr erster Job als Cheftrainer. Bereits beim aktuellen Bezirksligisten SCH Torgau und beim Landesligisten FC Eilenburg standen Sie an der Seitenlinie. Wie kam es zu diesen unterklassigen Engagements?

Piplica: Ich war zu diesem Zeitpunkt Torwarttrainer der Nationalmannschaft von Bosnien-Herzegowina. Diesen Job wollte ich nicht aufgeben, habe aber gleichzeitig einen Einstieg als Cheftrainer gesucht. Da bei höherklassigen Vereinen die Voraussetzung für eine Zusammenarbeit war, dass ich meine Tätigkeit beim Nationalteam dafür aufgebe, kam für mich nur ein Engagement in einer unteren Liga in Frage. Ich war zu dieser Zeit nun einmal viel im Ausland unterwegs.

FUSSBALL.DE: Das heißt, dass Sie künftig eher eine Laufbahn als Cheftrainer anstatt weitere Engagements als Torwarttrainer anstreben?

Piplica: Korrekt. Ich habe nicht umsonst den Fußball-Lehrer gemacht. Mir macht die Arbeit als Cheftrainer viel Spaß. Ich freue mich auf kommende Herausforderungen.

FUSSBALL.DE: In Eilenburg haben Sie parallel auch noch selbst gespielt, erst 2015 Ihre aktive Karriere beendet. Wie würden Sie die Jahre im unteren Amateurbereich beschreiben?

Piplica: Sicherlich ist es etwas ganz Anderes, als wenn du vor tausenden von Zuschauern in der Bundesliga zwischen den Pfosten stehst. Allerdings war die Landesliga in Sachsen durchaus stark. Ich würde auf keinen Fall sagen, dass ich unterfordert war. In dieser Liga spielen viele Talente, die durchaus auch höherklassig mithalten könnten.

FUSSBALL.DE: In der Bundesliga kamen Sie zu 131 Einsätzen für den FC Energie Cottbus. Woran erinnern Sie sich besonders gerne zurück?

Piplica: Ich eher ein Mensch, der lieber in die Zukunft schaut, als sich mit Ereignissen aus der Vergangenheit zu beschäftigen. Aber klar: Dass wir uns damals mit einem so geringen Etat mehrere Jahre in der 1. Bundesliga halten konnten, war sensationell und macht mich schon stolz.

FUSSBALL.DE: Ihr Trainer war viele Jahre die Energie-Kultfigur Eduard „Ede“ Geyer. Wie ist heute Ihr Verhältnis zu ihm?

Piplica: Sehr gut, wir sehen uns fast jedes Jahr immer mal wieder. Zum Beispiel ist er bei den Lausitzer Legenden, der Traditionsmannschaft des FC Energie Cottbus, mein Trainer. ‚Ede‘ ist ein hervorragender Typ, der auf und neben dem Fußballplatz immer alles für seinen Verein gegeben hat. Was mir aber mit den Jahren aufgefallen ist: Er tickt privat ganz anders.

FUSSBALL.DE: Inwiefern?

Piplica: ‚Ede‘ ist privat viel lockerer, ein eher ruhiger Geselle. Vor allem, wenn seine Frau dabei ist. (lacht)

FUSSBALL.DE: Im April 2001 sorgte der FC Energie beim 0:0 gegen den VfL Wolfsburg für ein Novum in der Bundesliga. Erstmals standen elf ausländische Spieler in der Startformation. Wie war damals die Teamchemie? Gab es Verständigungsprobleme aufgrund der vielen unterschiedlichen Nationalitäten innerhalb der Mannschaft?

Piplica: Nein, überhaupt nicht. Wir waren ein eingeschworener Haufen, jeder kam hervorragend mit den anderen Spielern zurecht. Die Sprache sollte im Fußball ohnehin keine Barriere sein. Einfache Kommandos sind schnell zu lernen. Ich finde es auch zu viel des Guten, wenn man Zugänge in oft nur kurzer Zeit dazu drillt, eine neue Sprache zu lernen. Wichtig ist, wie gut jemand Fußball spielt und ob er charakterlich in die Mannschaft passt. Nicht, welche Sprache er spricht.

FUSSBALL.DE: Warum hatten Sie eigentlich so wenige deutsche Mitspieler?

Piplica: Ich glaube, dass Cottbus für viele deutsche Fußballprofis zu unattraktiv war. Das lag vermutlich auch daran, dass die Stadt von allen anderen Bundesligavereinen sehr weit entfernt war und keiner Lust hatte, weitab vom Schuss zu sein. Fakt ist auch, dass man in Cottbus deutlich weniger verdient hat als bei allen anderen Erstligisten. Für uns Ausländer war Cottbus aber eine große Chance, die wir zu schätzen wussten.

FUSSBALL.DE: Viele Fußballfans verbinden Ihren Namen vor allem mit Ihrem kuriosen Kopfball-Eigentor beim 3:3 gegen Borussia Mönchengladbach im April 2002. Wie haben Sie die Szene in Erinnerung?

Piplica: Ach, wissen Sie: Nach diesem Eigentor werde ich in jedem Interview gefragt. Wird das nicht irgendwann langweilig? (lacht) Nein, Spaß beiseite: Ich weiß, dass ich mir mit dieser Aktion meinen Platz in jedem Bundesligarückblick gesichert habe. Wenn ich mich aber an diese Saison erinnere, dann vor allem daran, dass wir nur eine Woche später mit einem 0:0 beim VfB Stuttgart den Klassenverbleib gesichert haben. In dieser Partie war ich übrigens der beste Mann auf dem Platz. Und das sage nicht nur ich! (lacht)

FUSSBALL.DE: Die Frage können wir uns dennoch nicht verkneifen: Was ging in Ihrem Kopf vor?

Piplica: (lacht) Die Situation ist einfacher zu erklären, als Sie denken. Der abgefälschte Schuss von Marcel Witeczek war eine Bogenlampe. Ich war fest davon überzeugt, dass der Ball auf die Latte prallt oder auf dem Tornetz landet. Im Endeffekt habe ich mich halt verschätzt.

FUSSBALL.DE: Wie sehr nervt es Sie denn, wenn Sie immer noch so viele Leute auf das Tor ansprechen?

Piplica: Ich würde nicht sagen, dass es mich nervt. Mich stört es aber, dass vielen Leuten kein anderes Thema einfällt, über das sie mit mir sprechen können. Das ist absolut unkreativ. Vielleicht wollen mich damit einige auch provozieren. Aber provozieren lasse ich mich deshalb sicher nicht.

So trainierte Tomislav Piplica Nordhausens Torhüter: