Umgeben von Profivereinen wie dem FC Schalke 04, VfL Bochum und Borussia Dortmund nimmt der 1. FFC Recklinghausen nicht nur im Ruhrgebiet eine besondere Rolle ein. Auch in Nordrhein-Westfalen ist der Klub aus dem zweitgrößten Landkreis in Deutschland einer der wenigen reinen Frauenfußballvereine.
"Nur mit fähigen Leuten und ganz viel Herzblut kann man sich behaupten", sagt Recklinghausens Sportlicher Leiter Andreas Krznar im FUSSBALL.DE -Gespräch mit Blick auf die derzeit fünfte Saison in Folge der ersten Frauenmannschaft in der Regionalliga West.
Derzeit stehen die Chancen auf ein weiteres Jahr in der dritthöchsten Spielklasse gut: Nach dem 6:0 gegen den SV 1913 Walbeck beträgt der Vorsprung auf die Gefahrenzone vier Punkte und für Konkurrent Alemannia Aachen stehen nur noch zwei Begegnungen auf dem Programm - unter anderem das direkte Duell am Sonntag ab 15.30 Uhr in Aachen.
Zwei Spielzeiten in der 2. Frauen-Bundesliga Süd
In den Spielzeiten 2010/2011 und 2012/2013 war der 1. FFC Recklinghausen sogar in der damaligen Süd-Staffel der 2. Frauen-Bundesliga vertreten. Die zweite Spielzeit erlebte Krznar - wie auch die Torwarttrainer Michael Otulak und Lisa Czora sowie Teammanager Uli Lux - bereits als Co-Trainer mit. "Die Zeit war sehr aufwändig", erinnert sich der 51-Jährige, der am 23. Mai für die Wahl zum Vereinsvorsitzenden kandidieren wird. "Unser Budget war überschaubar. Ab der Winterpause konnten wir mit unserem blutjungen Team einige tolle Erfolge einfahren - wie zum Beispiel mit dem späten Ausgleich im Spiel bei der U 20 des FC Bayern München oder mit dem 2:1 beim 1. FC Saarbrücken."
Der Abstieg konnte in der Relegation gegen den SV Blau-Weiß Hohen Neuendorf allerdings nicht verhindert werden. Nur ein Jahr später wurden die Recklinghäuserinnen sogar als Tabellenletzter in die Westfalenliga durchgereicht. "Wir haben das Team dann noch einmal verjüngt", so Krznar, der 2014 nach einem Jahr Pause zum 1. FFC zurückgekehrt war - dieses Mal als Cheftrainer. "Das war schon bei der SG Lütgendortmund meine Vorgehensweise", erklärt der gebürtige Leverkusener, der in Dortmund die späteren Bundesligaspielerinnen Isabel Wolf und Nina Ehegötz trainiert hatte.
Sponsoreneinnahmen werden nachhaltig eingesetzt
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Der Neuaufbau nach dem Doppelabstieg sorgte dafür, "dass einige große Unternehmen auf unsere Arbeit aufmerksam geworden sind und uns dabei tatkräftig unterstützen wollten", beschreibt Andreas Krznar die positive Entwicklung. Den Verantwortlichen des 1. FFC Recklinghausen ist dabei wichtig, die Einnahmen nachhaltig einzusetzen. "Wir hätten das Geld natürlich vor allem in das Frauenteam stecken können, um die Aussicht auf den sportlichen Erfolg zu erhöhen. Wir haben es aber genutzt, um unter anderem unseren Mädchenmannschaften komplett beflockte Outfits zur Verfügung zu stellen. Auch um die kleinsten Spielerinnen wollen wir uns genauso kümmern wie um die erste Mannschaft."
Neben zwei Frauen-Teams stellt der 1. FFC Recklinghausen auch in den Altersklassen U 9, U 11, U 13, U 15 und U 17 jeweils Mannschaften. In der Vergangenheit förderte der Klub dabei unter anderem Fatma Kara - Spielführerin von Fenerbahçe Istanbul - und nicht zuletzt auch Alexandra Popp. Die Kapitänin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft startete in Recklinghausen ihre einmalige Karriere im Frauenfußball, wechselte dann 2008 bereits als U 17-Nationalspielerin zum FCR (jetzt MSV) Duisburg, ehe es vier Jahre später zu ihrem aktuellen Klub VfL Wolfsburg ging. Mit den "Wölfinnen" gewann Popp alles, was es zu gewinnen gibt, erst am Himmelfahrtstag zum zehnten Mal nacheinander den DFB-Pokal.
Gute Nachwuchsarbeit "hat sich herumgesprochen"
"Unsere gute Nachwuchsarbeit hat sich herumgesprochen", meint Andreas Krznar. So waren die Recklinghäuserinnen zwischen 2007 und 2012 Kooperationspartner des FC Schalke 04. Unter anderem in der Saison 2006/2007 nahm die U 17 an der Endrunde um die Deutsche B-Juniorinnen-Meisterschaft teil. "Wir wollen die Mädels dabei nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz begleiten. Seit der Saison 2015/2016 haben wir eigene Verhaltensregeln, denen jede Spielerin zustimmen muss", beschreibt Krznar.
Ohne einen festen Vereinskern, "der zu 90 Prozent aus Personen besteht, die schon jahrelang dabei sind, würden wir heute nicht da stehen, wo wir sind", findet Krznar. "Der Verein lässt die Leute nicht los".
Ein Beispiel: Andreas Krznars Ehefrau Laura Neboli, Ex-Nationalspielerin von Italien sowie frühere Teamkollegin von Alexandra Popp, war zwischen Juli 2020 und November 2022 nicht nur Spielerin, sondern auch Trainerin und Sportdirektorin beim 1. FFC Recklinghausen, nachdem sie zuvor die zweite Mannschaft des Frauen-Bundesligisten SGS Essen zum Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga geführt hatte. Inzwischen trainiert Neboli die U 17-Juniorinnen von Fortuna Düsseldorf, bleibt aber auch dem 1. FFC Recklinghausen eng verbunden.
"Man merkt einfach, wie viel der Frauen- und Mädchenfußball allen Beteiligten bedeutet", betont der Sportliche Leiter. "Wir bringen unseren Spielerinnen so viel Wertschätzung wie eben möglich entgegen."
Autor/-in: Dominik Dittmar/MSPW