Dass Fußballvereine längst nicht nur Spieler*innen, sondern auch Schiedsrichter*innen ausbilden möchten und müssen, ist bekannt. Dass Zweiteres die Klubs häufig vor große Herausforderungen stellt, jedoch ebenso. Die WSG Zella-Mehlis aus Thüringen zeigt eindrucksvoll, wie sich Unparteiische auf kreative Weise gewinnen lassen.
Denn auch der kleine Klub aus dem Kreis Schmalkalden-Meiningen muss natürlich stets sein Schiedsrichter*innen-Soll erfüllen, hat damit aber zuletzt überhaupt keine Probleme mehr. Der Grund: Der Verein startete vor ein paar Jahren eine Kooperation mit einem Kinderheim im Ort. Initiator der Idee war Thomas Bischof, selbst Schiedsrichter, vor allem aber ehemaliger Zivildienstler in der Einrichtung für Heranwachsende.
"Mir liegt dieses Kinderheim sehr am Herzen und dann habe ich mich früh gefragt, wie man es in das Vereinsleben integrieren könnte. Schnell kam mir die Idee, dort vielleicht mal Werbung für die Schiedsrichterei zu machen", so Bischof. Nach ein bisschen Überredungsarbeit bei den Erzieher*innen der Einrichtung wurde der Plan sofort in die Tat umgesetzt und die ersten Gespräche nahmen ihren Lauf.
Eltern als Teil des Problems
"Ich sage immer: Wenn ihr einen Champions League-Schiedsrichter haben wollt, dann spielt und verhaltet euch auch so"
"Die Schiedsrichterei ist für alle Beteiligten von großem Vorteil. Natürlich für den Verein, aber noch viel mehr für die Kinder und Jugendlichen", erklärt der Organisator, der zugleich auch noch Chef des Qualifizierungs- und Öffentlichkeitsausschusses des Kreis-Fußballausschusses Rhön-Rennsteig ist. "Es ist für die persönliche Entwicklung extrem wichtig, mal rauszukommen und etwas anderes zu erleben. Außerdem lernen die Kinder das Verhalten mit anderen Menschen kennen, lernen was es heißt, selbstbewusst zu sein." Von den kleinen, aber für Heranwachsende nicht unerheblichen, Aufwandsentschädigungen ganz zu schweigen.
Dennoch weiß auch Bischof, dass als Schiedsrichter*in nicht längst immer alles rosarot ist: "Wir hatten schon mal einen Jugendlichen aus dem Kinderheim dabei, der erst zwölf Jahre alt war. Das war dann doch etwas zu jung. Und auch bei Älteren ist es leider so, dass es immer wieder Trainer oder Eltern gibt, die die Jugendlichen dann beleidigen oder diskriminieren, nur weil sie eben noch nicht ganz erwachsen sind." Deshalb muss im Prinzip auch jede*r Schiedsrichter-Anwärter*in eine Art Mentor*in haben, die ihr oder ihm dann in solchen Fällen zur Seite steht und unterstützt.
Mundpropaganda funktioniert
"Das ist vielleicht auch die Grenze unseres Best Practices und der Grund, wieso es etwas schwerer von Anderen abgeguckt werden kann. Bei der WSG ist es sehr eng mit meiner Person verknüpft. Ich werbe in dem Kinderheim und helfe den Schiedsrichtern auf dem Platz. Es ist ganz wichtig, dass es nach jedem Spiel ein kleines Feedback gibt und dann zusammen besprochen wird, was noch hätte verbessert werden können", sagt Bischof. Es sei aber nicht nur die Aufgabe der Mentor*innen, die jungen Schiedsrichter*innen zu schützen: "Da geht es auch um die Trainer. Sie müssen genauso dafür sorgen, dass es Ruhe am Platz gibt. Ich sage immer: Wenn ihr einen Champions League-Schiedsrichter haben wollt, dann spielt und verhaltet euch auch so."
Zumindest in Zella-Mehlis scheint das ganz gut zu klappen. Fünf junge Schiedsrichter*innen konnte Thomas Bischof schon vom Kinderheim für den Verein werben - und das ist nicht alles. "Irgendwann läuft es auch von allein", sagt er. "Das läuft dann über Mundpropaganda und über Freunde oder Geschwister. Wir werden auch in Zukunft immer wieder ganz viele neue Schiedsrichter bei uns haben."