Weiter geht's mit unserem wöchentlichen Schiedsrichter-Blog auf FUSSBALL.DE. Lukas Bubeck vom SV Westheim in Württemberg, Caroline Schiller vom FSV Motor Marienberg in Sachsen und Thomas Diederich vom SV Viktoria Waldlaubersheim (Südwestdeutscher Fußballverband) berichten für uns regelmäßig, was sie Woche für Woche als Schieds- oder Linienrichter auf und neben dem Platz erleben und was sie umtreibt. Heute Teil 7 des Blogs: Thomas Diederich über Handspiele, die mal besser und mal schlechter zu erkennen und zu bewerten sind.
"Eintracht Frankfurt hatte am 4. Bundesliga-Spieltag beim 2:2 auf Schalke eine 2:0-Führung verspielt und mit einer strittigen Schiedsrichter-Entscheidung gehadert. Da es auch in anderen Bundesligastadien zuletzt zu einigen Diskussionen gekommen ist, muss man aktuell feststellen: Handspiel im Fußball bleibt ein wirklich nicht einfach zu behandelndes Thema.
Die Regelbeschreibung zur Entscheidung auf direkten Freistoß lautet wie folgt:
Dem gegnerischen Team wird ein direkter Freistoß zugesprochen, wenn ein
Spieler den Ball absichtlich mit der Hand spielt (gilt nicht für den Torwart im eigenen
Strafraum).
Die Ergänzungen der UEFA
"Der Schiedsrichter hat es nicht immer leicht und muss versuchen, sich durch sein Stellungsspiel den optimalen Einblick zu verschaffen"
Na gut, also formell sehr einfach und dennoch jede Woche am Fernseher oder am Stammtisch wie auch auf dem Spielfeld heiß diskutiert: Spielt ein Spieler den Ball mit der Hand, ist auf direkten Freistoß zu entscheiden. Was auf dem Papier klar geschrieben ist, ist in der Praxis doch stets situationsbedingt unterschiedlich interpretierbar, meine ich.
Dabei helfen die Ergänzungen der UEFA:
Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball mit seiner Hand oder seinem
Arm absichtlich berührt. Der Schiedsrichter achtet bei der Beurteilung der
Situation auf- die Bewegung der Hand zum Ball (nicht des Balls zur Hand),
- die Entfernung zwischen Gegner und Ball (unerwartetes Zuspiel),
- die Position der Hand (das Berühren des Balls an sich ist noch kein Vergehen),
- das Berühren des Balls durch einen Gegenstand in der Hand des Spielers (Kleidung, Schienbeinschoner usw.), was ein Vergehen darstellt,
- das Treffen des Balls durch einen geworfenen Gegenstand (Schuh, Schienbein Schoner usw.), was ein Vergehen darstellt.
Die Schwierigkeit entsteht in der Natur der Sache. Wir alle springen in die Luft und heben dabei die Arme als Schwungmasse mit nach oben. Ebenso fallen wir auf den Boden (oder sliden bzw. rutschen) und haben dabei stets die Arme als Gleichgewichtshilfe oder Abstützsicherung an unserem Oberkörper.
Wie lässt sich nun in Bruchteilen einer Sekunde das Berühren des Balles zur jeweils unterschiedlichen Situation interpretieren? Der Schiedsrichter hat es hier nicht immer leicht und muss versuchen, sich durch sein Stellungsspiel den optimalen Einblick ins Geschehen zu verschaffen, um so seine Entscheidung schnell und unmissverständlich treffen zu können.
Verschiedene Handspiel-Arten
Lassen wir uns doch mal auf die Situation Handspiel ein und diskutieren die unterschiedlichsten Handspiel-Typen und Handspiel-"Floskeln", die sich auf dem Spielfeld ergeben:
- Der Arm war/ist angelegt: Im Grunde genommen heißt das, dass der Arm von der Schulter eng am Körper herunter hängt und ein zinnsoldatenähnliches Bild abgibt. Der Arm ist eng am Torso. Wird der Spieler nun am Arm getroffen, stellt dies nicht zwangsläufig ein als absichtlich zu wertendes Handspiel dar. Hierbei wir meist auf Weiterspielen entschieden. Sicherlich kann man auch so mit der Hand absichtlich den Ball in eine Richtung lenken, wobei ich denke, dass dies dann schon sehr abenteuerlich werden würde.
- Es wurde mit Absicht Hand gespielt: Die Hand geht aktiv zum Ball und lenkt diesen bewusst in eine Richtung, stoppt ihn oder bremst ihn ab. Hier wird auf direkter Freistoß entschieden. Mit voller Absicht gespielte Bälle, unterstützt durch die Hand, sind oft klar und bieten keine Diskussionsgrundlage.
- Der Spieler wurde an der Hand bzw. am Arm angeschossen: Das ist super schwierig. Hier haben die jüngsten Bundesliga-Ereignisse und die Entscheidungen der Profi-Schiedsrichter gezeigt, wie schwer das zu entscheiden ist und wie unterschiedlich diese Situationen gewertet werden können.
Ich bin der Meinung, dass ein Spieler, der aus einem Meter angeschossen wird, in der Regel keine Chance hat, hier etwas in der Form "Absicht" zu drehen (angenommen die Hand ist am Körper). Wenn die Hand allerdings weit über dem Kopf ist oder seitlich ausgestreckt wurde (wie ein "Hampelmann"), um seine Fläche zu vergrößern, würde ich zu Absicht und den entsprechenden Folgen tendieren.
Jeder Schiedsrichter hat hierbei sein eigenes Toleranzmaß. Profi wie Amateur werden sich jedoch allesamt an die Regeln halten und die Situation in dem Bruchteil der Sekunde des Angeschossenwerdens, absichtlichen Handspiels oder des Spielens bei angelegtem Arm individuell entscheiden und dann auch dazu stehen.
Andere mögen Bruchteile dieser Sekunde anders wahrnehmen, das können und dürfen sie auch. Dann aber sage ich: Meckert nicht und macht es selbst erstmal besser!
Auf FUSSBALL.DE bieten wir ein umfangreiches Paket zum Thema Schiedsrichter (inklusive Ausbildung, Ansprechpartner, Regelfragen etc.) an. Alle Infos dazu gibt es hier.
Autor/-in: Thomas Diederich/FUSSBALL.DE