Ex-Profi Harnik: Torejagd in der Oberliga

Ex-Bundesligaprofi Martin Harnik (35) ist in der Oberliga Hamburg nicht zu stoppen. Der Stürmer der TuS Dassendorf traf zuletzt sechsmal in Folge. Kurios: Der DFB-Pokalsieger von 2009 (mit Werder Bremen) erzielte dabei fünfmal hintereinander jeweils ein Tor mehr (ein, zwei, drei, vier und fünf Tore). Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Harnik über die Torjägerkanone für alle und berufliche Pläne.

FUSSBALL.DE: Mal Hand aufs Herz: Wie enttäuscht sind Sie darüber, dass Sie beim jüngsten 3:1-Auswärtserfolg bei Concordia Hamburg nur zwei statt der eigentlich fälligen sechs Tore erzielt haben und damit Ihre Serie gerissen ist, Herr Harnik?

Martin Harnik: ( lacht ) Dazu kann ich nur sagen, dass eine solche Tor-Reihenfolge nicht geplant war. Es ist aber eine nette Sidestory. Und auch, wenn ich die Serie nicht fortsetzen konnte: Mit zwei Toren kann ich ebenfalls gut leben, wenn wir am Ende als Sieger vom Platz gehen.

Spaß beiseite: 17 Tore waren es in den vergangenen sechs Begegnungen - eine Wahnsinnsbilanz! Insgesamt stehen Sie bereits bei 32 Saisontreffern. Wie viele sollen es noch werden?

"Mit zwei Toren kann ich ebenfalls gut leben, wenn wir am Ende als Sieger vom Platz gehen"

Harnik: Solche persönlichen Ziele habe ich mir noch nie in meiner Karriere gesteckt. Ich genieße vielmehr, dass es gerade so gut läuft, und habe einfach Spaß am Fußball. Über genaue Trefferzahlen zum jetzigen Zeitpunkt und in der Zukunft mache ich mir keine Gedanken.

Dann ist diese Info vielleicht neu für Sie: Sie haben bereits zwölf Tore Vorsprung auf die Konkurrenz im Kampf um die Torjägerkanone für alle in der 5. Liga. Es scheint fast so, als ob das Rennen schon jetzt fast entschieden wäre!

Harnik: Es ist sicher schön, dass ich von so vielen Stürmern in der 5. Liga aktuell der erfolgreichste bin. Und ich würde mich auch darüber freuen, wenn ich am Saisonende ganz oben stehe. Aber die Saison ist noch lang und noch ist auf keinen Fall etwas entschieden. Ich versuche, so weiterzumachen wie bisher und das Ranking auszublenden.

Wie wichtig wäre Ihnen eine solche persönliche Auszeichnung überhaupt noch?

Harnik: Individuelle Titel waren mir noch nie wirklich wichtig. Ich sehe solche Auszeichnungen auch vielmehr als Leistung einer gesamten Mannschaft an. Nur in einem funktionierenden Team kann ein einzelner Spieler Erfolg haben.

Mit Ihrem Team geht es um die Meisterschaft in der Oberliga Hamburg. Auch dank Ihrer Tore rangiert die TuS Dassendorf an der Spitze, allerdings sitzt Ihnen die Konkurrenz im Nacken. Wie schätzen Sie die Titelchancen ein?

Harnik: Aktuell sieht es sehr gut aus, nachdem wir jetzt erstmals die Tabellenführung übernommen haben. Nach zuletzt sechs Siegen in Serie kommt uns die Winterpause nach dem kommenden Wochenende nicht unbedingt gelegen. Wir hätten gerne den Schwung aus den vergangenen Wochen noch in weitere Spiele mitgenommen. So versuchen wir jetzt aber, am Samstag gegen Victoria Hamburg das Kalenderjahr mit einem weiteren Sieg abzuschließen und der erneuten Meisterschaft einen Schritt näher zu kommen.

Aufsteigen möchte der Klub seit Jahren nicht - trotz mehrfacher Meistertitel und damit der sportlichen Qualifikation für die Regionalliga Nord. Daran ändert sich nichts, oder?

Harnik: Nein. Der Verein hat sich aufgrund des enormen finanziellen Aufwandes, der für die Regionalliga zu stemmen wäre, schon vor einigen Jahren bewusst dagegen entschieden. Das wird auch nach dieser Saison so bleiben.

Sie stehen nicht mehr nur auf dem Platz, sondern sind auch immer mal wieder TV-Experte tätig - unter anderem für DAZN, in Österreich für den ORF und aktuell für SPORT1. Wie gefällt Ihnen diese Rolle?

Harnik: Der Job macht mir extrem viel Spaß. Auch deshalb, weil ich dadurch nebenberuflich dem Profifußball treu bleibe. Es ist außerdem schön, die Medienwelt rund um den Fußball von der anderen Seite kennenzulernen. Statt Fragen als Spieler zu beantworten, bin ich nun derjenige, der sie stellt. Hier kommt mir meine Vergangenheit als Profi sicher zugute, da ich mich so in die Spieler hineinversetzen und deren Gefühlslage besser nachvollziehen kann.

Ihre Experten-Einschätzung vor den WM-Viertelfinalspielen: Wer wird Weltmeister - und weshalb?

Harnik: Nach dem Favoritensterben in der Gruppenphase und im Achtelfinale denke ich, dass Brasilien beste Karten auf den Titel hat. Die Selecao spielt ein starkes Turnier und hätte den ersten WM-Titel seit 2002 verdient.

Wie sehen grundsätzlich Ihre beruflichen Pläne aus?

Harnik: Auch wenn ich noch in der 5. Liga kicke, bin ich beruflich tatsächlich so eingespannt wie noch nie. Neben meinen Expertenjobs im Fußball habe ich unter anderem im Februar dieses Jahres eine Indoor-Golfanlage eröffnet. Da es die erste in Norddeutschland ist, war dafür viel Pionierarbeit notwendig. Es ging erst einmal darum, auf die Golfanlage aufmerksam zu machen. Mittlerweile sind wir gut besucht. Da jetzt im Winter Hauptsaison ist, haben wir viel zu tun.

An wen richtet sich Ihre Indoor-Golfanlage?

Harnik: An alle, die Spaß am Golfsport haben und sich außerdem technisch verbessern möchten. Egal ob Anfänger*in, Fortgeschrittene*r oder Profi: Jede*r kann beim Indoor-Golfen an seiner Technik feilen. Wir haben insgesamt acht Simulatoren in der Halle, bei denen man - wie beim echten Golf - weit abschlägt. Es benötigt schon einen ordentlichen Abschlag, um den Ball vernünftig fliegen zu lassen. Der einzige Unterschied ist, dass die Bälle nicht im Grün landen, sondern an einer Leinwand abprallen.

Abschließend noch einmal zurück zum Fußball: Welchen Tipp können Sie anderen Stürmern geben, um so lange erfolgreich zu sein und auch mit 35 Jahren noch so häufig zu treffen?

Harnik: Einen allgemeinen Tipp für alle Stürmer zu geben, ist schwierig. Das liegt daran, dass jeder Spieler aus einer anderen Perspektive heraus auf dem Platz steht. Während ich meine Profikarriere in der Oberliga ausklingen lasse und keinerlei Druck mehr verspüre, ist für andere Angreifer die Oberliga die höchste Spielklasse, in der sie je am Ball sein werden. Wenn ich jetzt also sage: Habt Spaß, bleibt locker und macht euch nicht zu viele Gedanken, dann ist das einfacher gesagt als getan. Als Profi war ich auch nie wirklich locker, obwohl ich das gerne immer gewesen wäre. Es stand schließlich immer meine Karriere auf dem Spiel. Aber dennoch möchte ich sagen, dass jeder Stürmer vor allem eines immer in den Vordergrund stellen sollte: Den Spaß am Fußball. Geht es nicht primär darum, Spaß zu haben, kann man auch nicht sein volles Potenzial ausschöpfen.