Vereinswechsel: Das musst du wissen!
Sommerzeit ist Transferzeit: Das ist im Amateurfußball nicht anders als in der Bundesliga. Hier gibt's die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vereinswechsel.
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Juri Judt, hier noch im Trikot von Rot-Weiß Erfurt, macht Schluss. [Foto: Getty Images]
Unfreiwillig hat Juri Judt Geschichte geschrieben. Er war Teil der Mannschaft des SV Seligenporten, die mit dem 0:12 gegen den FC Augsburg II in der Bayern-Staffel die höchste Niederlage der Regionalliga-Historie kassierte. Noch am Abend des Debakels fasste Judt den Entschluss, seine Fußballerkarriere zu beenden. Allerdings in erster Linie aus beruflichen Gründen. Der 30-Jährige mit kasachischen Wurzeln beginnt am 1. September eine Ausbildung im Bayerischen Landesamt für Statistiken in Fürth. Das bedeutet für den ehemaligen Rechtsverteidiger: Büro statt Stadion, Datenverarbeitung statt Grätsche.
Im aktuellen FUSSBALL.DE -Interview spricht der ehemalige Bundesligaprofi und frühere Junioren-Nationalspieler Juri Judt über das 0:12, dramatische Erlebnisse mit dem 1. FC Nürnberg und über „Knoten in den Beinen“ nach Duellen gegen Franck Ribery.
FUSSBALL.DE: Plötzliches Karriereende mit 30: Was sind die Gründe, Herr Judt?
Juri Judt: Meine Zeit als Fußballer war wunderbar. Aber der Lebensabschnitt ist vorbei, das habe ich schon vor einigen Monaten gespürt. Es war Zeit, etwas Neues zu machen. Deshalb habe ich mich beim Bayerischen Landesamt für Statistiken in Fürth beworben. Dort musste ich einen Leistungstest absolvieren und bin dann genommen worden. Im September beginnt meine Ausbildung. Jetzt wartet Büroarbeit auf mich.
"So etwas darf nicht passieren, das war kollektives Versagen. Wir haben uns lächerlich gemacht"
Ursprünglich wollten sie Ihre Karriere nach dem Abschied vom Drittligisten Rot-Weiß Erfurt bereits im Sommer beenden. Dann haben Sie sich doch dem SV Seligenporten angeschlossen. Warum der Sinneswandel?
Judt: Als ich mich dazu entschieden hatte, noch ein Jahr in Seligenporten zu spielen, war der SVS in der Bayernliga Nord am Ball. Ich habe gedacht, dass ich das mit der Familie und mit meiner Ausbildung vereinbaren kann. Aber durch den Aufstieg in die Regionalliga Bayern hatten sich die Bedingungen plötzlich geändert. Wir haben mehr trainiert, das Ganze wurde mir mit Blick auf den Ausbildungsbeginn zu stressig. Deshalb habe ich beschlossen, das Abenteuer zu beenden.
Ihr letztes Spiel war ausgerechnet die historische 0:12-Niederlage des SV Seligenporten beim FC Augsburg II. Hat die heftige Niederlage ihre Entscheidung beschleunigt?
Judt: Um ehrlich zu sein: Das Debakel hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Dass ich meine Karriere zeitnah beenden würde, war vorher schon klar. Das hatte ich dem Verein auch mitgeteilt. Aber nach der Pleite habe ich am selben Abend noch die Verantwortlichen informiert, dass ich die Schuhe sofort an den Nagel hänge.
Wie ist die Rekordpleite aus Ihrer Sicht zu Stande gekommen?
Judt: Das frage ich mich heute noch. So etwas darf nicht passieren, das war kollektives Versagen. Wir haben uns lächerlich gemacht. Ich habe mich geschämt.
Wird sich Ihr Blick auf die Niederlage in einigen Jahren ändern?
Judt: Das hoffe ich doch. Immerhin bin ich in die Fußballgeschichte eingegangen. In 15 Jahren ist es vielleicht lustig.
Sie sind in Qaraghandy in Kasachstan geboren. Wie haben Sie sich in Deutschland zurechtgefunden?
Judt: Ich bin bereits im Alter von sechs Jahren mit meiner Familie nach Deutschland gezogen. Ich kann mich aber weder an die Zeit in Kasachstan, noch an die erste Zeit in Fürth erinnern. Bei Kindern ist es total unkompliziert. Man ist schnell in Kontakt, knüpft Freundschaften. Da wird die Sprache ganz nebenbei gelernt.
Mit neun Jahren haben Sie beim FC Bayern-Kickers Nürnberg mit dem Fußball begonnen. Hat es Ihnen bei der Eingewöhnung geholfen? Kann der Fußball einen Beitrag zur Integration leisten?
Judt: Bei mir persönlich war das nicht notwendig, weil ich mich bereits vorher eingelebt und Freunde gefunden hatte. Aber Fußball kann zweifellos verbinden. Die Sprache des Spiels versteht jeder. Daher bin ich mir sicher, dass der Fußball ein wichtiger Bestandteil für die Integration sein kann.
Sie haben elf Jahre im Profifußball gespielt, unter anderem für die SpVgg Greuther Fürth, den 1. FC Nürnberg und RB Leipzig. Sind sie rundum zufrieden oder hadern sie mit der einen oder anderen Karriereentscheidung? Immerhin haben Sie neun Einsätze in deutschen Junioren-Nationalmannschaften absolviert.
Judt: Ich bin komplett zufrieden. Manchmal überlegt man, ob etwas hätte besser laufen können. Aber ich bin weitgehend von Verletzungen verschont geblieben, habe 44 Spiele in der Bundesliga bestritten. Diese Erfahrung war einfach grandios.
Welche war Ihre schönste Station?
Judt: Die Zeit bei der SpVgg Greuther Fürth und beim 1. FC Nürnberg, die beiden Vereine in meiner fränkischen Heimat, habe ich genossen. Beide Vereine sind äußerst professionell geführt. Dort habe ich sportlich gesehen meine besten Jahre verbracht. Bei Rot-Weiß Erfurt werde ich das Vereinsumfeld besonders vermissen. Der Verein ist unglaublich bodenständig, jeder ist engagiert. Rot-Weiß hat einen ganz besonderen Stellenwert in der Stadt.
Was war das schönste Erlebnis?
Judt: Mit dem 1. FC Nürnberg hatte ich zwei besonders dramatische Erlebnisse. 2009 hatten wir uns für die Relegationsspiele zur Bundesliga qualifiziert, trafen auf Energie Cottbus . Vor solchen Entscheidungsspielen steigt die Nervosität enorm. Die gesamte Saison hängt vom Ausgang dieser Partien ab. Zum Glück haben wir dann beide Spiele gewonnen und sind aufgestiegen. Da war die Hölle los.
Und das andere?
Judt: Nach einer schwachen Hinrunde in der Bundesliga haben wir am Ende noch den 16. Tabellenplatz erreicht. In der Relegation ging es dann gegen den FC Augsburg. Der Druck war noch größer als ein Jahr zuvor. Wenn man aufsteigen kann, ist es positiver Druck. Wenn man den Abstieg verhindern muss, ist es negativer Druck. Wir haben uns wieder mit zwei Siegen durchgesetzt. Das Gefühl, wenn die Last von den Schultern fällt, ist unbeschreiblich.
Welcher Mit- oder Gegenspieler hat Sie am meisten beeindruckt?
Judt: Franck Ribery ist der Wahnsinn. Sein Tempo in Verbindung mit der Dribbelstärke ist fast unmöglich zu verteidigen. Er hat mir auch mein letztes Bundesligaspiel „versaut“. Ich hatte solche Knoten in den Beinen, dass mich mein damaliger Trainer Dieter Hecking zur Halbzeit auf der Bank gelassen hat. (lacht)
Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Judt: Schwierig zu sagen. Ich hoffe, dass die Arbeit beim Statistischen Landesamt auch das ist, was ich in Zukunft machen möchte. Ich bin einfach froh, nah bei meiner Familie zu sein, nicht jeden Tag etliche Kilometer fahren zu müssen.
Ist denn eine spätere Tätigkeit im Fußball denkbar? Falls ja, auch im Profibereich?
Judt: Ich denke, im Profibereich eher nicht. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass ich irgendwann wieder ins Fußballgeschehen eingreifen möchte. Vielleicht als Trainer. Denn die Leidenschaft zum Fußball wird niemals vergehen. Daran ändert auch ein 0:12 nichts.
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